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Lutz Bäucker: Wie am Neuen Markt
Soweit hätte es eigentlich nicht kommen dürfen. Platz neun, fünf Punkte hinter den Grundschullehrern! Zwei hinter den Schriftstellern! Der Wahnsinn, diese aktuelle Notierung der deutschen Apotheker am Markt der deutschen Meinungen zum Thema "Prestige von Berufsgruppen". Vor zwölf Monaten noch hievte uns Volkes Stimme auf Platz sieben, nun haben uns Lehrer, Schriftsteller und Atomphysiker glatt überholt.
Ausgerechnet Atomphysiker - wo das mit dieser Atomenergie doch eh am Aussterben ist! Naja , vielleicht eine Art letzter Trost oder so, könnte man ja noch verstehen. Aber warum wir vor Jahresfrist noch den Unternehmern (sind wir nicht alle ein bisschen Unternehmer?!) nur im Ein-Pünktchen-Abstand folgten, heute dagegen mit fünf Punkten geradezu hinterherhecheln - das kapiere wer will! Was haben die, was wir nicht haben?! Weitblick? Flexibilität gar? Mut! Keine Zeit, wir müssen weiter, immer weiter auf unserer Suche nach Gründen für den eklatanten Liebesentzug (sehen echte Unternehmer nur besser aus - in ihren Kaschmiranzügen, mit den solariengebräunten Gesichtern?).
Also, dass wir uns nun statt an den Ärzten (sind wir nicht alle auch ein bisschen ärztlich?!) zu orientieren (mit 50 Punkten Vorsprung eh illusorisch!) jetzt froh sein können, die Diplomaten glatt überflügelt zu haben (ja, wir sind alle ein bisschen diplomatisch, mal weniger, mal mehr, "bitteschön, dankeschön, beehren Sie uns wieder! Meine Oma nimmt das auch immer und es hat ihr noch nie geschadet, ehrlich nicht!"), ja, das tröstet uns und vor allem unsere Imageberater, Medienbeauftragten und Presseoffiziere wenig bis eigentlich überhaupt nicht! Platz neun in der Beliebtheitsskala - das ist zum Leben zuwenig und zum Sterben zuviel (wie im richtigen Apo-Leben eben), das ist nahezu desaströs! (Jetzt bitte keine Augenwischereien, liebe Kollegen!). Gut, vor den Ingenieuren zu liegen ist okay, aber wenig hilfreich. Wir müssen was tun. Aktiv werden. Dynamisch auftreten. Lächeln. Immer. Nicht jammern.
Interessen vertreten, entschieden, aber ohne den total uncoolen Nerv-Faktor. Ins Solarium gehen. Oder Türkei buchen (is echt billig Leute!) wegen Sonnenbräune. Kaschmiranzüge - naja, ich weiß nich, könnten kontraproduktiv wirken (Politiker nur auf Rang 16! Cave!). Vielleicht Schriftstellern ("Die Bayerwald-Apotheke"?! Hmmhh). Temelin unterstützen? Nee! Nie! Volkshochschulkurse geben (Sind wir nicht alle ein bisschen belehrend?). Mehr Zugaben geben? Eher eine Verzweiflungsmaßnahme. Feilschen ad libitum, nun lege artis (20 ASS 5 Mark. Nee - 1 Mark. Sind Sie wahnsinnig, Frau Müller?! Wie soll ich meine Kinder ernähren? 4 Mark. Nein, 1,25...). Auf jeden Fall: die aktuelle Notierung am Neuen Markt der alten Eitelkeiten können und dürfen wir so nicht hinnehmen. Ich plädiere für einen Eilantrag zum Apo-Tag in München: "Apotheker aller Bundesländer, vereinigt euch! Nur gemeinsam sind wir stark!" Hoffentlich isses nicht schon zu spät dafür ...
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