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Berichte
MAP Hungary: Arzneipflanzenforschung International
Unter der hervorragenden wissenschaftlichen Leitung des Dekans der Fakultät für Horticultural Sciences der Szent István Universität, Prof. Dr. J. Bernáth, wurden in vier wissenschaftlichen Sektionen und 220 Postern die vielschichtigen Probleme rund um die Arzneipflanze und deren Zubereitungen international und insbesondere interdisziplinär (!) drei Tage lang ausführlich diskutiert.
Vom Anbau bis zur Vermarktung
Die Plenar- und Diskussionsvorträge sowie die Posterbeiträge beschäftigten sich mit
- den Möglichkeiten des verstärkten kontrollierten Arzneipflanzenanbaues;
- der Verbesserung des qualitativen und quantitativen Spektrums der wirksamkeitsmitbestimmenden Pflanzeninhaltsstoffe durch Züchtung oder natürliche Auslese im Sinne: "Die Standardisierung eines Phytopharmakons beginnt auf dem Felde";
- der Verbesserung der Drogen- und insbesondere Extraktqualitäten;
- der Analytik von Naturstoffen;
- den unterschiedlichen Anforderungen der Arzneibücher;
- der Anwendung pflanzlicher Arzneizubereitungen einschließlich deren gesetzlicher Regelung in den verschiedenen Ländern;
- der Bedeutung der Phytotherapie innerhalb der Schulmedizin sowie pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Studien;
- aktuellen Fehlentwicklungen auf dem Markt der pflanzlichen Zubereitungen;
- Zukunftsvisionen hinsichtlich des Marktes pflanzlicher Zubereitungen.
Fehlentwicklungen im Phytopharmakamarkt
Prof. Dr. L. Craker von der University of Massachusetts demonstrierte in seinem Plenarvortrag mit dem Titel: "Production and Demand - a View to the Future of Medicinal and Aromatic Plants" sehr eindrucksvoll, welche Fehlentwicklungen in den USA im Bereich der "Dietary Supplements" möglich sind. Beispielsweise befinden sich in den USA Gummibärchen im Verkehr, die Kava-Kava-Extrakt enthalten und für ängstliche Kinder gedacht sind. Oder ein Anti-Aging-Programm, angereichert mit Extrakten aus Ginsengwurzeln, Ginkgoblättern und Johanniskraut, als Nahrungsergänzungsmittel zum Frühstück, Mittag- und Abendessen.
In den USA hat auch das Interesse an Gewürzen enorm zugenommen, seit diese mit medizinischen Anwendungsmöglichkeiten angeboten werden. Damit der riesige Bedarf an Arzneipflanzen zur Verarbeitung in "Dietary Supplements" in den USA gedeckt werden kann, ist die Ausweitung des Arzneipflanzenanbaus notwendig, wobei allerdings andere Qualitätskriterien zugrunde gelegt werden, als sie für Phytopharmaka gefordert werden. Die Fehlentwicklung in der Vermarktung hat leider auch Fehlentwicklungen in der Qualitätsbeurteilung der Arzneipflanzen zur Folge, da für Lebensmittel die "Good Agricultural Practice" nicht in gleicher Weise gefordert wird wie für Arzneipflanzen.
Interdisziplinäres Spektrum
Aus der Bundesrepublik Deutschland waren die Professoren G. Franz, Regensburg, M. Hamburger, Jena, und H. Schilcher, München, sowie Frau Dr. B. Steinhoff, Bonn, als Plenar-Vortragende eingeladen worden. Professor Franz sprach zu dem Thema "Modern concepts of herbal extracts in the European Pharmacopoeia", wobei sein Beitrag durch Referate der Professoren Lipták, Budapest, und Lutomski, Posen, aus ungarischer bzw. polnischer Sicht ergänzt wurde.
Professor Hamburger referierte innerhalb der Sektion "Analytik" zum Thema "Analysis of phytochemicals by hyphenated techniques". Er stellte dabei einen sehr empfindlichen gekoppelten Analysengang vor, der auch die quantitative Bestimmung sehr geringer Mengen an Naturstoffen ermöglicht.
Professor Schilcher sprach innerhalb der Sektion "Anwendung von Phytopharmaka" zum Thema "Traditional use and current status of phytotherapy in pediatrics" und erweckte dabei großes Interesse für sein Buch "Phytotherapie in der Kinderheilkunde", da dieses mittlerweile in fünf Sprachen im Handel ist.
Frau Dr. Steinhoff vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) war zum Thema "Harmonisation of assessment criteria for herbal medicinal products; activities of ESCOP and WHO" eingeladen worden und erläuterte ausführlich die ESCOP- und WHO-Monographien, nachdem Professor Schilcher den Zuhörern zuvor die Monographien der KommissionE nahegebracht hatte.
Allein schon diese Vorträge machen das interdisziplinäre wissenschaftliche Spektrum dieses Weltkongresses deutlich. Der Berichterstatter konnte zum wiederholten Male feststellen, dass international gesehen die Transparenz und das Wissen hinsichtlich der Forschungsergebnisse im Bereich der rationalen Phytotherapie sehr zu wünschen übrig lassen.
Die Ursachen liegen in der Tatsache begründet, dass zum einen zahlreiche Publikationen zum Thema "ärztlich angewendete Phytotherapie" nur in deutscher Sprache erschienen sind und zum anderen die Literatur-Recherchen nur noch mittels elektronischer Kommunikationstechniken durchgeführt werden, wobei in der Regel die älteren, meist grundlegenden Arbeiten oder Veröffentlichungen in spezifischen medizinischen Journalen nicht aufgefunden werden, da sie in den entsprechenden Datenbanken nicht erfasst sind.
Als Resümee bleibt festzustellen, dass viel mehr derartige internationale und vor allem interdisziplinäre Tagungen wie die MAP Hungary durchgeführt werden müssten, um die Phytotherapie weltweit auf einen vergleichbaren Standard zu bringen. Administrative Arbeitsgruppen wie beispielsweise die Herbal Medicinal Products Working Party bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA in London sind keine Alternativen zu einem wissenschaftlichen Kongress, wie er in Budapest stattgefunden hat.
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