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- DAZ 31/2001
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Arzneimittel und Therapie
Empfängnisverhütung: Pflaster statt Pille?
Weltweit verwenden über 100 Millionen Frauen hormonelle Kontrazeptiva. In klinischen Studien versagen orale Kontrazeptiva im ersten Anwendungsjahr nur bei 0,1% der Frauen, die sie richtig und ununterbrochen einnehmen. Einer US-amerikanischen Statistik zufolge liegen die tatsächlichen Versagerquoten oraler Kontrazeptiva bei typischer Anwendung jedoch höher; sie reichen im ersten Anwendungsjahr von 7,3% bis 8,5%.
Mangelnde Compliance ist häufig
Der Hauptgrund für die höheren Versagerquoten bei typischer Anwendung scheint die mangelnde Compliance zu sein. Daher besteht dringender Bedarf an hormonellen Kontrazeptiva mit einfacherem Dosierungsschema. Eine Möglichkeit hierfür ist die transdermale Kontrazeption.
Kürzlich wurde erstmals eine klinische Studie zur transdermalen Kontrazeption veröffentlicht. Das Hormonpflaster Ortho Evra/Evra wurde mit dem oralen Kontrazeptivum Triphasil, einem Dreiphasen-Präparat, auf kontrazeptive Wirksamkeit, Zykluskontrolle, Compliance und Verträglichkeit verglichen.
Studie mit 1417 Frauen
Die randomisierte, offene Studie fand an 45 Zentren in den USA und Kanada statt. 1417 gesunde, sexuell aktive Frauen zwischen 18 und 45 Jahren nahmen teil. Alle hatten zu Beginn einen negativen Schwangerschaftstest. Während der Studie durften die Frauen keine weiteren empfängnisverhütenden Methoden einsetzen.
Die Frauen führten täglich Buch über ihren Zyklusverlauf. Dabei notierten sie Durchbruchblutungen, Schmierblutungen sowie ausbleibende Regelblutungen (Amenorrhö). Auch die Einnahme der Pille bzw. das Wechseln des Pflasters wurde dokumentiert. Wenn Pflaster sich vorzeitig ablösten, wurde dies vermerkt.
Dem ersten Drittel der Teilnehmerinnen gab man das jeweilige Kontrazeptivum 13 Zyklen lang, den übrigen - um die Studie kurz zu halten - nur sechs Zyklen lang. Insgesamt verwendeten 812 Frauen das Pflaster und 605 Frauen die Pille. In der Pflastergruppe hielten 70% und in der Pillengruppe 76% die Behandlung bis zum vorgesehenen Ende durch.
Niedriger Pearl-Index
Sowohl der Pearl-Index insgesamt (Zahl der Schwangerschaften pro 100 Anwendungsjahre) als auch der Pearl-Index bei korrekter Anwendung (also durch methodisches Versagen bedingt) waren in der Pflastergruppe niedriger als in der Pillengruppe: Sie betrugen 1,24 und 0,99 in der Pflastergruppe und 2,18 und 1,25 in der Pillengruppe. Die Unterschiede waren allerdings nicht signifikant. Innerhalb von sechs Zyklen betrug bei Frauen mit dem Pflaster die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit insgesamt 0,6%, bei Frauen mit der Pille 1,2%. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von sechs Monaten trotz korrekter Anwendung schwanger zu werden, lag mit dem Pflaster bei 0,4% und mit der Pille bei 0,6%.
Gute Compliance
Die Compliance war bei Pflasterträgerinnen besser als bei Pilleneinnehmerinnen. Im Mittel hatte jede Pflasterträgerin das Pflaster in 88,2% der Zyklen und jede Pilleneinnehmerin die Pille in 77,7% der Zyklen richtig angewendet. 4,6% der Pflaster mussten vorzeitig ersetzt werden, weil sie sich ganz (1,8%) oder teilweise (2,8%) abgelöst hatten.
In der Pflastergruppe traten Durchbruchblutungen und/oder Schmierblutungen nur in den ersten beiden Zyklen signifikant häufiger auf. Durchbruchblutungen allein waren in allen Zyklen zwischen den Behandlungsgruppen vergleichbar. Amenorrhöen betrafen 0,1% der Pflasterträgerinnen und 0,2% der Pillenanwenderinnen.
Gut verträglich
Es gab keine unerwarteten Nebenwirkungen. Die Behandlungen wurden insgesamt ähnlich gut vertragen. Die Pflaster führten allerdings bei jeder fünften Anwenderin zu lokalen Hautreaktionen. Sie lösten außerdem häufiger als die Pille Beschwerden im Brustbereich (18,7% gegenüber 5,8%) oder eine Dysmenorrhö (13,3% gegenüber 9,6%) aus.
Die Studie zeigt, dass die Compliance bei wöchentlicher Pflasteranwendung besser ist als bei täglicher Pilleneinnahme. Zumindest tendenziell, wenn auch nicht signifikant versagte der Empfängnisschutz beim Pflaster seltener als bei der Pille. Ein methodenbedingtes Versagen war etwa gleich häufig, ein Versagen durch Anwendungsfehler war beim Pflaster tendenziell seltener. Weitere Studien müssen zeigen, ob die bessere Compliance beim Pflaster die Versagerquote bei typischer Anwendung im Vergleich zur Pille tatsächlich verringert.
Kastentext: Transdermale Kontrazeption mit Ortho Evra/Evra
Das Pflaster gibt täglich 150 µg Norelgestromin und 20 µg Ethinylestradiol an die systemische Zirkulation ab. Drei Wochen lang wird einmal wöchentlich ein Pflaster aufgeklebt, gefolgt von einer einwöchigen Pflasterpause. Das Pflaster ist 20 cm² groß und kann auf Gesäß, Außenseite des Oberarms, Oberkörper ausgenommen Brust oder unteren Bauch geklebt werden. Neue Pflaster sollten in der Nähe des vorhergehenden, aber nicht an derselben Stelle aufgebracht werden.
Die Anwenderinnen dürfen baden, sollten aber in Pflasternähe keine Öle, Cremes oder Kosmetika verwenden. Fällt ein Pflaster vorzeitig ab, sollte es ohne zusätzlichen Klebstoff wiederaufgebracht werden. Haftet es dennoch nicht ausreichend an der Haut, wird es für den Rest der Woche durch ein neues Pflaster ersetzt.
Kastentext: Orales Kontrazeptivum Triphasil
Das in den USA zugelassene Dreiphasen-Präparat enthält:
- 50 µg Levonorgestrel und 30 µg Ethinylestradiol von Tag 1 bis 6
- 75 µg Levonorgestrel und 40 µg Ethinylestradiol von Tag 7 bis 11
- 125 µg Levonorgestrel und 30 µg Ethinylestradiol von Tag 12 bis 21
- Plazebo von Tag 22 bis 28
Literatur: Audet, M.-C., et al.: Evaluation of contraceptive efficacy and cycle control of a transdermal contraceptive patch vs an oral contraceptive. J. Am, Med. Assoc. 285, 2347 - 2354 (2001).
In einer randomisierten, offenen Studie in den USA und Kanada wurde das Hormonpflaster Ortho Evra/Evra mit der Anti-Baby-Pille Triphasil verglichen. Die Compliance beim Pflaster war besser als bei der Pille. Der Pearl-Index lag mit dem Pflaster nicht signifikant niedriger.
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