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- DAZ 32/2001
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Rechtsprechung aktuell
Ladenschluss: Keine Sonderregelungen für Bahnhofs-Apotheken
Der Inhaber einer in einem Hauptbahnhof gelegenen Apotheke begehrte von der zuständigen Landesapothekerkammer eine Änderung der Dienstbereitschaftsanordnung: über die üblichen Öffnungszeiten hinaus sollte seiner Apotheke die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 9.00 bis 18.00 Uhr erlaubt werden. Zur Begründung führte er aus, dass anderenfalls das Interesse der Bevölkerung an einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung gefährdet sei. Er sei zudem immer wieder mit Beschwerden von Reisenden konfrontiert, die sich über die Schließung seiner Apotheke an Sonn- und Feiertagen ärgerten.
Dienstbereitschaft durch LAK geregelt
Die beklagte Apothekerkammer berief sich darauf, dass stets zwei Apotheken in der Innenstadt zum Notdienst eingeteilt seien, so dass die Arzneimittelversorgung sichergestellt sei. Es sei Reisenden durchaus zumutbar, die nächstgelegene Apotheke im Notfall aufzusuchen. Zudem würde durch die Einrichtung eines zusätzlichen Notdienstes für die Bahnhofs-Apotheke § 8 Abs. 3 Ladenschlussgesetz (LadSchlG) umgangen. Nach dieser Vorschrift gelten für Apotheken in Bahnhöfen eben keine Sonderregelungen - etwa im Gegensatz zu Flughafen-Apotheken.
Bequemlichkeit ist kein Argument
Nachdem das Widerspruchsverfahren erfolglos verlief, erhob der Apotheker Klage beim Verwaltungsgericht. Auch die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht führte in seiner Begründung aus, dass der von der Apothekerkammer aufgestellte Notdienstplan die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherstelle. Die Kammer habe hierbei das ihr zustehende Ermessen sachgerecht umgesetzt. Zu jeder Tageszeit fänden sich in den verschiedenen Stadtgebieten dienstbereite Apotheken. Plötzlich erkrankte Bahnreisende seien insoweit nicht anders zu beurteilen als andere an Sonn- und Feiertagen Erkrankte. Auch letztere müssten sich zur nächsten diensthabenden Apotheke begeben, um ein benötigtes Medikament zu erhalten. Sollten im Hauptbahnhof lebensbedrohliche Zustände für Personen auftreten, so müsse ein Notarzt gerufen werden.
Das Gleiche gelte, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel benötigt würden. Tatsächlich hatte der klagende Apotheker auch angegeben, dass er an Sonn- und Feiertagen 80 Prozent OTC-Produkte umsetze. Echte Notfälle seien nicht die Regel. Die vorgebrachten Beschwerden zeigten lediglich, dass die Patienten die gegenwärtige Regelung als überholt und unbequem ansehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die zuständige Apothekerkammer ihr Ermessen bei der Aufstellung des Notdienstplanes auf sachgerechte Erwägungen gestützt hat.
Umgehung von Vorschriften des Ladenschlussgesetzes
Darüber hinaus stehe dem klägerischen Begehren § 8 Abs. 3 LadSchlG entgegen. § 8 LadSchlG erlaubt in Abs. 1 Verkaufsstellen für Reisebedarf auf Bahnhöfen während des ganzen Tages. Nach Abs. 2a sind in Städten mit über 200000 Einwohnern Verkaufsstellen für Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs sowie Geschenkartikel in Bahnhöfen und Verbindungsbauwerken mit Verkehrsknotenpunkten an Werktagen von 6.00 bis 22.00 Uhr erlaubt.
§ 8 Abs. 3 LadSchlG regelt demgegenüber, dass es für Apotheken bei der Sonderregelung des § 4 LadSchlG bleibt. Nach dieser Vorschrift werden die Landesapothekerkammern ermächtigt, Notdienstpläne zu erstellen. Der Gesetzgeber hat also die Sondersituation bei Bahnhöfen erkannt, es aber bewusst unterlassen, für Apotheken - anders als bei internationalen Verkehrsflughäfen und Fährhäfen, vgl. §9 Abs.3 LadSchlG - weitere Sonderregelungen zu bestimmen. Diese Regelung ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29.November 1961 - 1BvR 148/57).
Kastentext: Aus den Entscheidungsgründen:
Die grundsätzliche Dienstbereitschaft außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten stellt für die Apotheke kein Privileg dar, sondern ist Ausdruck der Pflicht, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auch an den Tagen und zu den Tageszeiten sicherzustellen, an denen im Allgemeinen Arbeitsruhe herrscht. Der so geregelte Notdienst gewährleistet der Bevölkerung eine noch geordnete, aber nicht in jeder Hinsicht bequeme Arzneimittelversorgung. (...)
Es mag zwar durchaus zutreffen, dass angesichts der großen Anzahl von Reisenden, die den Hauptbahnhof passieren, bei einem Teil dieser Personen ein plötzlicher Arzneimittelbedarf auftritt, sei es, weil sie während der Reise erkrankt sind oder weil sie ihre gewohnten Arzneimittel vergessen haben. Soweit der Bedarf dringend ist, sind die Reisenden genötigt, eine der jeweils geöffneten Notdienstapotheken aufzusuchen. Dies bedeutet für die Reisenden, deren Reise am Hauptbahnhof noch nicht abgeschlossen ist oder die ein anderes Ziel im Stadtgebiet anstreben, eine spürbare Erschwernis.
Zu berücksichtigen ist indessen, dass sich die Situation des Reisenden, der plötzlich im Bahnhof ein Medikament benötigt, nicht erkennbar von der eines beliebigen plötzlichen Erkrankten unterscheidet, der sich außerhalb der Ladenöffnungszeiten ebenfalls auf den Weg zur Notdienstapotheke machen muss, um das von ihm benötigte Medikament zu besorgen. Die Reisenden kennen die gegenwärtige Praxis und rechnen daher nicht mit einer geöffneten Apotheke im Hauptbahnhof.
Bahnreisenden ist es nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zuzumuten, in Notfällen eine notdienstbereite Apotheke in der Umgebung aufzusuchen. Eine Sonderregelung für unmittelbar im Bahnhof gelegene Apotheken ist nach Auffassung der Stuttgarter Richter nicht notwendig, um eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Zudem widerspräche eine solche Regelung den Vorschriften des Ladenschlussgesetzes.
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