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DAZ aktuell
DPhG-Stellungnahme zur Positivliste
Die DPhG ist jedoch der Auffassung, dass dies mit dem vorgelegten Entwurf einer Positivliste nicht erreicht wurde und auch nicht erreicht werden kann.
Nach Meinung der DPhG hat vielmehr für die Bewertung von Arzneimitteln das Arzneimittelgesetz Vorrang vor dem SGB V. Zunächst einmal wäre es dringend notwendig, dass alle in Deutschland derzeit verkehrsfähigen Arzneimittel kritisch auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit überprüft werden. Diese Überprüfung ist jedoch bekanntlich nicht abgeschlossen. Noch immer sind Arzneimittel in Deutschland verkehrsfähig, von denen man weiß, dass sie wahrscheinlich die Nachzulassung nicht erhalten werden. Erst ein entsprechend den Kriterien des AMG "bereinigter" Markt könnte die Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung bilden, wie dies durch die Positivliste vorgesehen ist.
Wie wichtig die Forderung nach genereller Überprüfung bzw. Nachzulassung ist, wird aus dem Entwurf der Positivliste unmittelbar ersichtlich. Besonders in seinen Anhängen enthält dieser Entwurf als "verordnungsfähig" eingestufte Präparate, die nach heute gültigen Kriterien mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Zulassung erhalten werden. Dies wird speziell bei den pflanzlichen Arzneimitteln (Phytotherapeutika) deutlich, die teilweise Extrakte aus nicht monographierten oder sogar negativ monographierten Drogen enthalten und trotzdem als "verordnungsfähig" klassifiziert werden.
Es drängt sich förmlich der Eindruck auf, dass man sich bei Erarbeitung des Anhangs primär von - zum Teil überaltertem - naturheilkundlichem Erfahrungswissen und nicht von einer durchaus angemessenen Evidenz basierten Medizin hat leiten lassen. Es ist für die DPhG unklar, nach welchen Kriterien vom Institut für Arzneimittelverordnung derartige Entscheidungen getroffen wurden; wissenschaftlich nachvollziehbar sind sie nicht. Wir lehnen es auch ab, dass sich das Institut für Arzneimittelverordnung zu einer zweiten Arzneimittelzulassungsbehörde entwickelt. Gleichzeitig bietet die DPhG dem Institut für Arzneimittelverordnung pharmazeutischen Sachverstand an, den dieser Listenentwurf offenkundig vermissen lässt.
Die Ungleichbehandlung der Wirkstoffe/Präparate im Hauptteil und in den Anhängen führt zu einer in keiner Weise gerechtfertigten "Bevorzugung" von Präparaten, die als Wirkstoff pflanzliche Drogen oder pflanzliche Extrakte enthalten. Eine derartige Ungleichbehandlung konterkariert die Bemühungen einiger Hersteller pflanzlicher Arzneimittel, ihre Wirkstoffe nach modernen Standards zu dokumentieren, um dann durch das BfArM eine Zulassung zu erhalten. Bestenfalls kann der Anhang als eine "Präparate-Sammlung 2. Klasse" ausgelegt werden, die zwar derzeit, d. h. im jetzigen Entwurf der Positivliste, noch als verordnungsfähig gilt, die aber Gefahr läuft, nach erforderlicher Reevaluation komplett aus dem Verordnungssegment entfernt zu werden. So würde aus einer pauschalen Bevorzugung eine pauschale Benachteiligung.
Nach sorgfältiger Prüfung der Pro- und Kontra-Argumente sieht die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft keine Notwendigkeit für eine Positivliste. Die Kriterien des AMG in Kombination mit den Arzneimittelrichtlinien und der Negativliste reichen unseres Erachtens aus, um auch den Forderungen des SGB V nachzukommen. Sollte dennoch auf der Positivliste bestanden werden, so muss deren intensive Überarbeitung ebenso gefordert werden wie der Wegfall der weder wissenschaftlich noch klinisch gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Präparaten mit chemisch definierten Wirkstoffen und solchen der so genannten besonderen Therapierichtungen.
Für die DPhG: Prof. Dr. Dr. Dres. h.c. E. Mutschler, Prof. Dr. B. Clement, Prof. Dr. G. Franz, Prof. Dr. C.-M. Lehr, Prof. Dr. U. Jaehde (Ausschuss für Verlautbarungen/Stellungnahmen der DPhG)
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