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Krebstherapie: Drug Targeting mit Albumin

Im Pharmazeutisch-Lebensmittelchemischen Kolloquium der Universität Münster berichtete Dr. Felix Kratz, Leiter der Arbeitsgruppe "Makromolekulare Prodrugs" an der Klinik für Tumorbiologie Freiburg (www.tumorbio.uni-freiburg.de), am 16. Januar über die Entwicklung von Albumin-bindenden Prodrugs für die Krebstherapie.

Das Drug Targeting dient der Anreicherung des Arzneistoffs an seinem spezifischen Wirkort. Als tumorspezifische Carriersysteme bieten sich Makromoleküle an: sowohl bestimmte Kunststoffe wie Polyethylenglykole als auch körpereigene Stoffe wie das Albumin.

Das 66 kD schwere Albumin ist ein guter Kandidat, Arzneistoffe im Körper zu halten und zu verteilen. Es kommt mit 40 g/l Serum in großer Menge vor, hat eine Halbwertszeit von 19 Tagen und bietet neben zwei (unspezifischen) Bindungsstellen für Arzneistoffe zusätzlich an Position 34 ein Cystein mit einer freien Thiolgruppe. An diese wird unter anderen Glutathion bzw. Cystein gebunden, die Bindungsstelle ist aber auch ein Kandidat, um Arzneistoffe zu koppeln.

Durch EPR Anreicherung im Tumor

Mittels Near Infrared Imaging konnte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Diagnostik und Forschung, Berlin, eine Anreicherung von Albumin-gebundenen Farbstoffen in Tumoren der Nacktmaus gezeigt werden. Die Anreicherung von Albumin und anderen Makromolekülen im Tumor ist auf das EPR-Phänomen (enhanced permeation and retention) zurückzuführen: Im Bereich des Tumors ist die Endothelschicht der Blutgefäße stärker durchlässig (fenestriert) als in anderen Geweben; zusätzlich besitzen Tumoren kein lymphatisches System, sodass große Moleküle im Tumorbett angereichert werden.

In der Arbeitsgruppe werden Prodrugs des Zytostatikums Doxorubicin entwickelt, die über einen Spacer und eine Maleimid-Funktion nach i.v. Verabreichung an das Cystein des körpereigenen Albumins kovalent binden. Zwei Prodrugs zeigten im experimentellen Nierentumor-Modell der Maus einen beeindruckend therapeutischen Vorteil gegenüber Doxorubicin. So wurden sie in zwei bis dreifach höherer Dosierung vertragen.

Die Spacer der Verbindungen müssen entweder säurelabil sein, damit sie den Arzneistoff nach der Endozytose in der Tumorzelle freisetzen, oder man verwendet einen spezifischen Spacer mit einer Octapeptid-Struktur, die von den Metallomatrixproteasen erkannt wird; diese Enzyme liegen im Tumor in erhöhter Konzentration vor.

Die Albumin-bindenden Prodrugs sind preiswert und einfach herzustellen, lassen sich höher dosieren und zeigen im Tiermodell bessere Wirksamkeit bei besserer Verträglichkeit als der reine Arzneistoff. Das Albumin trägt dazu bei, dass der Arzneistoff länger im Körper verweilt und im Tumor angereichert wird.

Literatur: F. Kratz, R. Müller-Driver, I. Hofmann, J. Drevs, C. Unger: A Novel Macromolecular Prodrug Concept Exploiting Endogenous Serum Albumin as a Drug Carrier for Cancer Chemotherapy. J. Med. Chem. 43 (2000), 1253-1256. F. Kratz, U. Beyer: Serum proteins as drug carriers of anticancer agents, a review. Drug Delivery 5 (1998), 1-19. F. Kratz, P. A. Rodrigues: Macromolecular Prodrug Concepts in Anticancer Chemotherapy, Contributions to Oncology, Vol. 54 (1999), Relevance of Tumor Models for Anticancer Drug Development (eds. H. H. Fiebig, A.M. Burger), 379-382. F. Kratz, U.Beyer, M.T. Schütte: Polymer drug conjugates containing acid-cleavable bonds. Crit. Rev. Ther. Drug Carrier Sys. 16 (1999), 245-288.

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