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Aufklärungskampagne zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Durch diesen Fragebogen, der vor allem in Apotheken auslag, aber auch über das Internet zugänglich war, wurde das persönliche Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und Gefäßverschluss der Teilnehmer ermittelt. Das Ergebnis dieser Auswertungen stellten die Initiatoren vergangenes Wochenende in Berlin vor.
Der Verlauf der Kampagne überstieg die Erwartungen der Initiatoren: Viele Prominente ließen sich für die gute Sache gewinnen und warben in Anzeigen für den Risiko-Test. Mehrere TV-Sender strahlten kostenlos einen Werbespot aus – der Rücklauf der Fragebögen war letztlich erfreulich hoch. Die Ergebnisse der Auswertung geben allerdings keinen Anlass zur Zufriedenheit. Noch immer wissen nur wenige Menschen über die Risikofaktoren der Herz-Kreislauf-Erkrankungen Bescheid. Doch nur wer weiß, welche Faktoren diese Krankheiten begünstigen und welche Symptome auf ein besonderes Risikopotenzial hinweisen, kann erfolgreich gegensteuern.
Viele Menschen kennen wichtige Diagnosewerte nicht
Nach Auswertung der Fragebögen weist jeder zehnte Teilnehmer ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko auf. Für 5,3 Prozent besteht ein besonderes Risiko für einen Herzinfarkt. Bei 5,7 Prozent der teilnehmenden Personen wurde ein erhöhtes Claudicatio-Risiko festgestellt. Prof. Dr. Karl Einhäuptl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie an der Charite Berlin, verwies auf die bedenklich geringe Kenntnis der Bevölkerung über medizinisch bedeutsame Diagnosewerte wie Blutdruck oder das Gesamtcholesterin. Nur rund 80 Prozent der Teilnehmer kannten ihre Blutdruckwerte, etwas mehr als 40 Prozent ihre Gesamtcholesterinwerte. Noch weniger Menschen kennen ihre HDL-Werte: nur rund 20 Prozent der Teilnehmer konnten diese nennen. Doch gerade diese Werte sind für die Beurteilung, ob ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht, von besonderer Bedeutung.
Die Auswertung der Fragebögen ergab weiterhin, dass alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Behandlung dieser Erkrankungen bestehen. Männer fühlen sich zwar subjektiv gesünder als Frauen, nehmen aber auch mehr Medikamente ein. Zudem wurde festgestellt, dass jüngere Menschen ihre Symptome weniger häufig medikamentös behandeln als ältere.
Kenntnis über Risikofaktoren im Kampagnenzeitraum verbessert
Das Meinungsforschungsinstitut EMNID führte während der Kampagne telefonische Interviews, um zu erfahren, ob das Gesundheitswissen der Bevölkerung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessert werden konnte. Es wurden zwei Stichproben mit jeweils 2.000 Befragten durchgeführt, eine im August 2000 – also kurz vor dem Start der Aufklärungskampagne – und eine im Mai 2001. Hierbei wurde festgestellt, dass im Mai 2001 doppelt so viele Menschen Kenntnis über die Warnsignale für einen Schlaganfall hatten als noch neun Monate zuvor. Eine ähnliche Tendenz zeigte sich bei den Warnzeichen für einen Herzinfarkt. Welche Symptome auf einen Gefäßverschluss deuten können, war allerdings auch im Mai noch nicht hinreichend bekannt. Das Wissen um die wechselseitig höheren Risiken bei Vorliegen einer der Erkrankungen auf die Entstehung einer weiteren Herz-Kreislauf-Erkrankung hat im Kampagnenverlauf ebenfalls zugenommen. Keine entscheidende Verbesserung konnte jedoch im Hinblick auf die Kenntnis von den gemeinsamen Ursachen der Gefäßerkrankungen festgestellt werden. Unterschätzt wurde insbesondere auch der Einfluss von Diabetes auf die Erkrankungen.
Gesundheitsbewusstsein nimmt zu
Im Kreis der Kampagnenteilnehmer fand ebenfalls eine Nachbefragung statt. Erfragt wurde, ob die im Antwortschreiben enthaltenen Empfehlungen umgesetzt wurden. Für knapp ein Fünftel der Teilnehmer war ihr persönliches Risikoprofil Anlass für einen Besuch beim Hausarzt außer der Reihe. Andere sprachen bei einem Routine-Besuch mit ihrem Arzt über die Risikofaktoren. So wurde bei 43 Teilnehmern im Rahmen dieses Besuchs erstmals einer oder mehrere Risikofaktoren festgestellt. 60 Prozent der Befragten mit erhöhtem Risiko gaben darüber hinaus an, ihr Gesundheitsverhalten verändert zu haben. Sie achten auf mehr Bewegung, ernähren sich gesünder oder haben das Rauchen aufgegeben. Prof. Dr. Gerd Glaeske, Professor für Arzneimittelforschung an der Universität Bremen, zog hieraus die Schlussfolgerung, dass das Ziel der Kampagne erreicht wurde: Die Aufmerksamkeit für die Gefahren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat sich sensibilisiert, das Wissen der Bevölkerung um die Zusammenhänge der Krankheiten hat zugenommen. Dennoch sei auch weiterhin viel Aufklärungsarbeit nötig.
Barmer will Behandlung durch Disease-Manangement-Programme verbessern
Die Barmer Ersatzkasse will ihre Aktivitäten auch über die Initiative hinaus in Gang halten. Für den Vorstandsvorsitzenden der Barmer, Dr. Eckard Fiedler, stellt sich nun die Frage, wie chronisch Erkrankte angemessen behandelt werden können. Bei der Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen liege noch einiges im Argen. Fiedler verwies auf die Feststellung des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, dass nur fünf Prozent der Patienten mit Bluthochdruck adäquat behandelt werden. Ursächlich hierfür sei vorrangig eine nicht ausreichende Orientierung an der Behandlung an evidenzbasierten Leitlinien. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Barmer ausdrücklich die schnelle Einführung von Disease-Management-Programmen im Rahmen der Neuregelung des Risikostrukturausgleichs.
Für die Zukunft planen die Kampagnenpartner, den Erfolg ihrer Aufklärungsarbeit weiter auszubauen. Auch in den nächsten Wochen bleibt die Homepage mit dem Risikotest für Interessierte unter www.arterien.de erreichbar.
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