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Berichte
AV Mecklenburg-Vorpommern: Was bringt 2002? - Sparpolitik und ihre praktische
Der Verbandsvorsitzende Dr. Gerhard Behnsen konnte etwa 100 der 372 Verbandsmitglieder begrüßen. Mit Blick auf die Situation im Land lobte Behnsen die effiziente Arbeit der Geschäftsstelle. Die Arzneimittellieferverträge auf Landesebene seien gut geregelt und würfen kaum Probleme auf. Demgegenüber sei die Öffentlichkeits- und Medienarbeit frustrierender, doch sei der Verband auch dort vielfach engagiert.
Ideologisch motivierte Allianz für Spargesetz
Bei der aktuellen bundespolitischen Diskussion um die neuen Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung im Arzneimittelbereich sieht Behnsen eine neue politische Konstellation. Es bestehe eine breite Allianz aus Krankenkassen, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und anderen Gruppen, die sich sonst keineswegs nahe stehen. Die Positionen seien teilweise ideologisch motiviert. So sei es schwer, sachlich zu argumentieren, manche Leute wollten einfach die Zusammenhänge nicht begreifen.
Der Bundesregierung gehe es darum, die steigenden Kosten bis zur Bundestagswahl zu kontrollieren, was den Maßnahmen Rückenwind verleihe. Da könne man "den Apotheken schnell mal in die Tasche greifen". Gefragt seien nicht logische Argumente, sondern solche, die Wählerstimmen bringen. Vor diesem Hintergrund sei die Arbeit der ABDA besonders anzuerkennen, die eine Erhöhung des Kassenrabattes auf 6% anstelle der ursprünglich geplanten höheren Staffel erreicht habe.
Kontroverse um Aut-idem-Regel
Behnsen erinnerte auch an den Deutschen Apothekertag, bei dem der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern gegen die neue Aut-idem-Regel gestimmt habe. Denn in früheren ABDA-Konzeptionen sei diese stets mit einer Drehung der Preisverordnung und einem großen Auswahlfenster verbunden gewesen. Nun solle sie aber zu einer reinen Kostendämpfungsmaßnahme umfunktioniert werden. Die Kassen forderten sogar Anteile an angeblich zu erzielenden Direktrabatten, obwohl die Großhandelsrabatte eher sinken dürften.
Dr. Frank Diener, ABDA, sprach sich klar für die Aut-idem-Regel aus (siehe Bericht in "DAZ aktuell"). Die strukturellen Vorteile dieser Neuerung seien bedeutsamer als die direkten finanziellen Nachteile. Bei der Diskussion warb auch Ernst-Wilhelm Soltau, Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, für die geplante Regelung. Es gehe nicht darum, die wirtschaftliche Basis der Apotheken zu zerstören.
Aut idem in der Praxis
Dr. Heinz Weiß, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, beschrieb die praktischen Aspekte der Auswahl preisgünstiger Arzneimittel und der Importregelung, die sich aus dem bundesweit gültigen Rahmenvertrag gemäß § 129 SGB V ergeben. Voraussetzungen für die Aut-idem-Auswahl sind demnach wie bisher die "Listung" in der Lauer-Taxe und die Identität der Wirkstoffstärke und der Packungsgröße. Neue zusätzliche Bedingungen sind die therapeutische Vergleichbarkeit der Darreichungsformen und die Übereinstimmung der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikationen. Lutz Boden, ABDATA-Pharma-Daten-Service, erläuterte, dass die beiden letztgenannten Bedingungen nicht immer eindeutig zu überprüfen seien.
Immerhin könnte die Zuordnung der Artikel der Festbetragsstufe I im ABDA-Artikelstamm als rechtssicher eingestuft werden. Außerhalb dieses Bereiches sei nicht einmal die Packungsgröße immer vergleichbar, Aerosole könnten z. B. nach Zahl der Hübe oder nach Volumen angegeben werden.
Thomas Müller, Marlow, machte auf die zum Teil sehr vielfältigen Bezeichnungen pharmazeutisch vergleichbarer Darreichungsformen in der EDV aufmerksam, z. B. als Granulat, Trockengranulat, Pulver oder Beutel. Jede Software habe zudem eigene Wege für das Auswahlverfahren.
Alles neu bei Importen
Die neue Importregelung ab 1. April 2002 erfordert nach Einschätzung von Weiß grundsätzliches Umdenken bezüglich der Importe. Von diesem Termin an ist eine Importquote von 5,5% bezogen auf die Fertigarzneimittelumsätze zu Verkaufspreisen zu erfüllen, ab dem 1. Januar 2003 beträgt sie 7%. Hilfsmittel, Medizinprodukte, Rezepturen und OTC-Umsätze gehen nicht in die Berechnung ein. Die Berechnung erfolgt monatlich einzeln für jede Krankenversicherung.
Wenn der Anteil importfähiger Arzneimittel an den Umsätzen mit der jeweiligen Krankenversicherung unter 25% liegt, wird die Importquote stufenweise reduziert (s. Tab.; bei einem Umsatzanteil importfähiger Arzneimittel unter 5% sinkt sie z. B. auf 0,9%).
Beim Unterschreiten der Importquote wird bei der Rezeptabrechnung automatisch ein "Regress" abgezogen, der 10% der Umsatzdifferenz zwischen dem Ist-Wert und dem Soll-Wert bei Einhalten der Importquote beträgt.
Beim Überschreiten der Importquote entsteht ein "Guthaben", das nicht ausgezahlt wird, aber mit späteren Abzügen verrechnet werden kann. Kleinbeträge unter 5 Euro werden nicht abgezogen. Daraus ergibt sich eine Umsatzfreigrenze von 907,27 Euro (bzw. 712,86 Euro ab 2003). Liegen die Umsätze mit einer Krankenversicherung unterhalb dieser Grenze, muss keine Importquote erfüllt werden. Versicherte eher ausgefallener Krankenversicherungen könnten demnach bevorzugt mit Originalpräparaten beliefert werden.
Aufgrund dieser Regelung müsse nun nicht mehr bei jedem Patienten über eine mögliche Importabgabe nachgedacht werden. Die Quote könne möglicherweise auch mit relativ wenigen hochpreisigen Verordnungen erfüllt werden. Wenn mit einer Krankenversicherung nur wenige hochpreisige Rezepte abgerechnet würden, sollten dort Importe abgegeben werden, da die Quote sonst für diese Kassen nicht erfüllt werden könnte. Insgesamt sollte die Vorgehensweise nach Einschätzung von Weiß steuerbar sein. Vertreter von Apothekenrechenzentren kündigten ihre Unterstützung dabei an.
Teure Importe bevorzugen
Uwe Stiftel, Firma Pharmatechnik, Rostock, wies auf einige weitere Konsequenzen aus der neuen Importregelung hin. So müssten die abgegebenen Importe nicht mehr mindestens 10% billiger als das Original sein. Im Gegenteil, gerade bei Abgabe vergleichsweise teurer Importe werde die geforderte Quote eher erfüllt. Außerdem erhöhe dies den Apothekenumsatz. Die Apotheken sollten sich praktischerweise auf wenige Importeure konzentrieren und bevorzugt hochpreisige Produkte auf Importe umstellen. Diener erwartet aufgrund der neuen Regelung steigende Preise der Importarzneimittel.
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