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- DAZ 44/2001
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Die Seite 3
Gesetzliche Krankenkassen gerieren sich als Diktatoren in unserem Gesundheitswesen. Das Geld ihrer Versicherten, das monatlich in ihre Kassen gespült wird, die Datenmengen, die täglich anfallen und die Finanzströme, die monatlich oder quartalsweise an die Leistungsbringer weitergeleitet werden, scheinen enorme Machtgefühle bei den Kassenfunktionären auszulösen. Nicht nur, dass sie sich als Manager ein erkleckliches Sümmchen selbst genehmigen, auch für ihr Statusgehabe - nicht selten ansehnliche Verwaltungsbauten und hohe Verwaltungsausgaben - zweigen sie jährlich mehr ab, wie die steigenden Kosten der Krankenkassen für Verwaltungsausgaben zeigen.
Bei so viel Macht im Gesundheitswesen steht man einfach über den Dingen - auch wenn es darum geht, Kosten einzusparen, natürlich nicht bei sich selbst, sondern bei den Leistungserbringern. Da sind alle Mittel recht, Einsparungen zu realisieren - auch wenn es illegal ist. Beispiel: die Aufforderung mancher Kassen an ihre Versicherten, verordnete Arzneimittel bei Versandapotheken zu bestellen wie z. B. bei DocMorris in den Niederlanden. Allen voran die Betriebskrankenkassen: sie zeigen ihren Versicherten den Weg, wie einfach es ist, "Medikamente per Mausklick" zu ordern. Gelockt wird damit, dass alles samt Zustellung kostenlos ist und die Zuzahlung entfällt. Falls der Versicherte noch Fragen hat: "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen gern weiter".
Unglaublich. Da sagt das Arzneimittelgesetz, dass Versandhandel mit Arzneimitteln verboten ist, da gibt es EU-Bestimmungen, die den Mitgliedstaaten in Sachen Versandhandel zugestehen, diesen zu untersagen, da gibt es Urteile, dass DocMorris nicht liefern darf, und da gibt es die Aufforderung des Bundesversicherungsamts als Aufsichtsbehörde über die Kassen, in keinem Fall Kosten für im Ausland über das Internet bezogene Arzneimittel zu erstatten - und BKKs wirken auf ihre Mitglieder ein, gerade doch Arzneimittel via Internet zu bestellen. Leben wir in einer Anarchie? Können die Kassen tun und lassen was sie wollen, ohne Konsequenzen? Warum werden die verantwortlichen Manager nicht zur Verantwortung gezogen?
Das Spiel geht aber noch weiter. Einige Betriebskrankenkassen, aber auch die Kaufmännische Krankenkasse und die Techniker-Krankenkasse sind fest davon überzeugt, dass im Versandhandel die Lösung ihrer finanziellen Krise und ihres Missmanagements liegt. Sie wollen Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen erschließen, indem sie planen, den Arzneimittelversand auszuweiten. Sie berufen sich dabei auf die im September 2001 veröffentlichte Studie "Analyse potenzieller Auswirkungen einer Ausweitung des Pharmaversandes in Deutschland" (INIFES-Studie, siehe DAZ Nr. 38, S. 19), wobei das Einsparpotenzial - nach Berechnungen des INIFES-Gutachtens - auf 1,5 Mrd. DM beziffert wird. Um den Pharmaversand voran zu treiben, soll im November eine "Initiative für den Arzneimittelversandhandel in Deutschland" (Pro Direkt Service Apotheke, www.pro-dsa.de) ins Leben gerufen werden. Neben Vorstandsvorsitzenden von KKH, der TK und der BKK-Post ist der Apotheker und Arzneimittelexperte Professor Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Uni Bremen mit von der Partie.
Unglaublich. Schlägt man die Warnungen der Apotheker in den Wind? Lernt man nicht aus den schlechten Erfahrungen in Ländern, in denen Arzneiversand erlaubt ist? Will man die flächendeckende hervorragende Logistik der Arzneiversorgung in Deutschland zerstören, um vermeintlich ein paar Pfennige oder Cents zu sparen? Geht man davon aus, dass die Mehrzahl der Versicherten die umständliche Bestellung von Arzneimitteln übers Internet mitmacht, obwohl an der nächsten Ecke die Apotheke ihre Arzneimittel vorrätig oder spätestens in zwei bis drei Stunden besorgt hat?
Selbst wenn man das Verschicken und Zustellen von Arzneimitteln relativ sicher gestalten könnte (obwohl bei bisherigen Testkäufen Sicherheit, Schnelligkeit und Diskretion fast immer auf der Strecke blieben): Würden ausländische Versandapotheken zugelassen, wäre dies zwangsläufig das Ende des Verbots von Fremd- und Mehrbesitz, sowie der Arzneimittelpreisverordnung, ganz zu schweigen von den Verträgen zwischen Krankenkassen und Apothekerverbänden. Mit Druck und illegalem Verhalten scheinen dies die Krankenkassen erzwingen zu wollen.
Apropos illegal: nicht rechtens sind auch die von Kassen gesponserten Freizeitaktivitäten wie Golfkurse u. ä. Nachdem das Bundesversicherungsamt einige Krankenkassen wegen solcher Praktiken vor einigen Jahren rügte (Bauchtanzgruppe der AOK auf Mallorca), gehen einige Kassen mit solchen Methoden wieder auf Mitgliederfang bzw. wollen damit Mitglieder halten. Auch hier die Frage: warum geschieht nichts?
PS: Nach Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht: Die ABDA-Mitgliederversammlung hat dem Kauf der Villa in Berlin (47 Mio. DM Kosten) mit einer Mehrheit von 73% zugestimmt. Der Umzug ist für Mitte 2002 geplant.
Peter Ditzel
Versand mit aller Macht, auch illegal
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