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- DAZ 45/2001
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Feuilleton
Ausstellung: Traditioneller Schmuck und Volksglaube
Uralte Zeichensprache
Die meisten Exponate der Ausstellung wurden im 19. Jahrhundert und im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts gefertigt. Der Schlüssel zu ihrer Symbolik ist indessen in einer Zeit zu suchen, die lange vor der griechischen Antike begann. Das Spreizen der Hand beispielsweise, eine heute in Nordafrika übliche Abwehrgeste, ist schon in jungsteinzeitlichen Felsmalereien zu finden, ebenso die geöffnete Rechte als Friedensbotschaft.
Als Amulett-Motiv ist insbesondere die Segenshand variantenreich verbreitet. Über den Wunsch hinaus, dass sie dem Träger Glück bringen sollen, symbolisieren die Finger von "Fatimas Hand" auch die fünf Säulen des Islam als Grundpfeiler der Weltordnung.
Fruchtbarkeitssymbole
Auch Amulette in Gestalt V-förmiger Fisch- und Vogelschwänze sollen böse Geister abwehren. Mitunter wird der Fischschwanz auch mit einem Fischrumpf kombiniert, um mit dessen Kraft die Fruchtbarkeit zu fördern.
Auch geometrische Formen deuten mitunter auf den Wunsch nach Fruchtbarkeit hin. Ein auf der Spitze stehendes Quadrat etwa vereint ein empfangendes und ein gebendes Dreieck. In Schmuckstücken der Tuareg wird der gebende Teil mitunter durch einen Keil dargestellt.
Eine Kette aus Tunesien wiederum allegorisiert den aufnehmenden Teil als nach oben offenen Halbmond, der den himmlischen Segen in Form eines Pentagramms aufnimmt. Darunter befindet sich ein Fisch, der den Schoß symbolisiert. Ein nach unten offener Halbmond mit fünfstrahligem Stern steht für den austragenden Teil.
Segensreiche Kräfte
Die segensreichen Kräfte von Sonne und Mond können Krankheiten heilen, wenn man sie einen Tag und eine Nacht lang in einem wassergefüllten Gefäß sammelt. So weiß es die Überlieferung im muslimischen Kulturkreis. "Schreckschalen" werden am frühen Morgen aufgestellt. Sie sollen nachts durch Tau benetzt werden. Erhebungen in der Mitte des Gefäßes, eingravierte Suren, heilige Sprüche und Bildnisse verstärken die heilsame Wirkung.
Die segnende Kraft von geheiligten Stätten versuchen Schiiten in ihren Lebensraum zu transportieren, indem sie aus deren Tonerde Gebetssteine brennen. Diese werden zum Gebet so niedergelegt, dass sie beim Niederbeugen mit der Stirn berührt werden können.
Auch Düfte und Weihrauch können die Bedeutung von Symbolen haben. Sie werden Göttern und wohlgesonnenen Geistern geopfert in der Annahme, dass diese die gleichen Gerüche lieben wie die Menschen. Böse Kräfte werden hingegen von diesen Wohlgerüchen vertrieben, weil sie "allergisch" darauf reagieren.
Gegen den bösen Blick
Zwei waagerecht abgespreizte Finger sollen den bösen Blick abwehren. Dieser entsteht durch Neid und Habgier. Auch Hörnerpaare sind ein wirksames Symbol gegen Neid und Habgier des Widersachers.
In zahlreichen Regionen des muslimischen Kulturkreises werden Kinder mit Amuletten behängt, um sie vor Gefahren und dem bösen Blick zu schützen. So ist es im Maghreb Brauch, Neugeborenen ein Kleid anzuziehen, das weder von einer Nadel durchstochen noch mit einer Schere geschnitten wurde. In Turkmenistan tragen kleine Jungen Überwürfe, die beiderseits in Dreiecken auslaufen. Applikationen wie Silberscheiben, Karneole und Augenamulette sollen den Schutz vor bösen Geistern verstärken. Auf dem Balkan halten mancherorts kleine Fäuste oder aber Kreuze schlechte Einflüsse von Kindern fern.
Durch Abstraktion erfuhren symbolhafte Elemente immer wieder Metamorphosen. So entstanden im rituellen Dialog mit dem Unsichtbaren mannigfache Ornamente und Formen, die der moderne Mensch mitunter nur noch schwer zu deuten weiß.
Kastentext: Ausstellungsdaten
Bis zum 6. Januar 2002 im Ausstellungszentrum des Braunschweigischen Landesmuseums, Hinter Aegidien, 38100 Braunschweig Tel. (05 31) 12 15 26 19 Fax (05 31) 12 15 26 07. E-Mail: blm@landesmuseum-bs.de Geöffnet: dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr. Katalog zur Ausstellung von W.-D. Seiwert, 156 S., 62 Abb., 20 DM (Versand mit Aufpreis).
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