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DAZ aktuell
Arzneimittelversandhandel: Krankenkassen drängen auf Modellprojekte
Die Vertreter der an der Initiative beteiligten Betriebs- und Ersatzkassen beteuern zwar, dass das von ihnen angestrebte Modell einer Versandapotheke keine Gefahr für die öffentlichen Apotheken darstelle, insbesondere keine Rosinenpickerei zu befürchten sei. Dennoch bleiben viele Zweifel, ob dieser Plan aufgeht.
Anreize für Versicherte
Nach der Vorstellung der Kassen sollen öffentliche Apotheken selbst entscheiden, ob sie ihren Kunden auch den Versand von Arzneimitteln anbieten wollen. Eine ausschließliche Versandapotheke solle es nicht geben. Infolge längerer Lieferzeiten beim Versand müsse die Offizinapotheke für die Akutversorgung in jedem Fall bestehen bleiben. Insoweit lehnt sich die Initiative an die INIFES-Studie an, die im September ihr Modell einer deutschen Versandapotheke vorstellte (wir berichteten in DAZ Nr. 38, S. 4345). Im Sieben-Punkte-Programm der Initiative heißt es auch, dass dem Patienten die freie Wahl bleiben müsse, ob er sich zum Medikamentenbezug via Versand entscheide oder lieber persönlich die Apotheke aufsuche. Doch die Krankenkassen werden sicherlich einiges dafür tun, dass sich ihre Versicherten an Versandhandelsapotheken halten - soweit diese tatsächlich zu günstigeren Preisen liefern als öffentliche Apotheken.
Angesprochen werden sollen vor allem chronisch Kranke, die stets dieselben Medikamente erhalten. Daher sind die Kassen insbesondere interessiert, Versicherte, die z. B. in Disease-Management-Programme eingeschrieben sind, für den Arzneimittelversand zu gewinnen. Der Vorstandsvorsitzende der BKK POST, Götz Emrich, kann sich etwa vorstellen, dass Versicherte, die regelmäßig Versandapotheken nutzen, eine jährliche Gutschrift von 50 Euro erhalten.
Auch Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der Kaufmännischen Krankenkasse KKH, und Helmuth Doose vom Vorstand der Techniker Krankenkasse gehen davon aus, dass es Anreize für Versicherte geben muss. Diese könnten auch durch geringere Zuzahlungen oder sonstige Bonus-Regelungen erfolgen. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen, der die Kassen-Aktion unterstützt, schwebt ein Einschreibemodell für die Versicherten vor. Allerdings bestehe hinsichtlich der Einzelheiten noch Klärungsbedarf innerhalb der Initiative.
Keine Rosinenpickerei - aber hohes Einsparpotenzial?
Auch gegen den Vorwurf der Rosinenpickerei wehrt sich die Initiative. Eine solche sei schon deshalb nicht zu befürchten, da es sich um eine ganz normale Belieferung aus der öffentlichen Apotheke handle und die meisten Arzneimittel für Chroniker nicht aus dem teuersten Preissegment stammten, sagte Glaeske. Dennoch gehen die an der Initiative beteiligten Krankenkassen davon aus, dass sich mit der Einführung von Versandapotheken 500 bis 600 Millionen Mark sparen ließen. Dies erscheint eine fragwürdige Summe, wenn man bedenkt, dass ganz "normale" Apotheken liefern sollen. Glaeske erläuterte, dass bereits beim Personal anders geplant werden könne. Ebenso sei die Arzneimittelabgabe bei bestehender Kundenbindung besser planbar. So könnten günstigere Einkaufskonditionen ausgehandelt werden und damit die gesamte Kalkulation verbessert werden.
Über kurz oder lang müssten aber auch die Preisspannen und die Arzneimittelpreisverordnung überdacht werden, räumten Glaeske und Kassenvertreter ein. Dieses Thema war in den vergangenen Wochen wieder in den Hintergrund gerückt - nun wird sich zeigen, ob sich Ulla Schmidt von den Plänen der Kassen begeistern lässt und die Arzneimittelpreisverordnung doch auf den Prüfstand stellen will.
Modellversuch wartet auf Startschuss
Emrich kündigte an, dass die BKK Post bereits einen ausgearbeiteten Modellversuch für den Arzneimittelversand in der Schublade liegen habe. Er appellierte daher eindringlich an die Gesundheitsministerin, die Weichen für dieses Projekt zu stellen. Am liebsten möchte Emrich schon 2002, mit Beginn der Disease-Management-Programme, die Erprobung des neuen Distributionsweges starten.
Kritik von der CDU/CSU-Fraktion
In der CDU/CSU- Bundestagsfraktion stieß der Vorstoß der Kasseninitiative auf Ablehnung. Der gesundheitspolitische Sprecher Wolfgang Lohmann und Wolf Bauer erklärten, ein solcher Versand sei "Rosinenpickerei und Wettbewerbsverzerrung pur". Wenn den öffentlichen Apotheken weiterhin die Akutversorgung obliege, hätten diese die weitaus aufwändigere und kostenintensivere Arbeit, während der Versandhandel das einfache und schnelle Geschäft machen könnte. Es bestehe kein Anlass, das bestehende effiziente und sichere Versorgungssystem anzutasten. Insbesondere zweifeln die CDU-Politiker auch an Einsparmöglichkeiten durch den Versand.
Die von 31 Krankenkassen gegründete Initiative für den Arzneimittelversandhandel "Pro Direkt Service Apotheke" will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt schnellstmöglich davon überzeugen, das gesetzlich verankerte Versandverbot für Medikamente aufzuheben. Im Ministerium zeigte man sich bereits im Vorfeld nicht abgeneigt. Schon vor einigen Wochen hieß es, es ginge nicht mehr um das "Ob" des Arzneimittelversandes, sondern bereits um das "Wie".
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