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Noweda-Generalversammlung: Gute Zahlen, aber Sorge um die Apothekenzukunft
Während der Generalversammlung berichtete Meyer vor mehr als 200 anwesenden Mitgliedern über das Geschäftsjahr 2000/2001. Dies war auch das erste volle Betriebsjahr der neuen Niederlassung in Schwerte/Ergste, die am 1. April 2000 eröffnet hatte. In ihrem Versorgungsgebiet im östlichen Ruhrgebiet und im Sauerland stiegen die Umsätze gegenüber dem Vorjahr deutlich, was den Nutzen der neuen Niederlassung deutlich mache.
Auf Wachstumskurs
Insgesamt stieg der Umsatz der Noweda-Gruppe um 8,75% auf 2558 Mio. DM und damit deutlich stärker als der Markt, der um 6,85% wuchs. Die Zahl der Mitglieder nahm von 5203 auf 5402 zu. Die Mitarbeiterzahl stieg auf 1764 Personen, entsprechend 1262 Vollzeit-Arbeitskräften. Die Produktivität, berechnet als Umsatz pro Vollzeit-Mitarbeiter nahm um 5,7% pro Mitarbeiter zu. In der neuen Niederlassung wurden 85 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Nach dem investitionsintensiven Bau der neuen Niederlassung wurden im Geschäftsjahr 2000/2001 nur 3,5 Mio. DM investiert, überwiegend in Betriebs- und Geschäftsausstattung. Die Bilanzsumme erhöhte sich nur durch terminbedingte Zuwächse beim Umlaufvermögen, während das Anlagevermögen durch Abschreibungen sank. Gegenüber der Bilanzsumme (plus 4,8% auf 737 Mio DM) wuchs das Eigenkapital überproportional (plus 7,6% auf 181,5 Mio. DM). Die Eigenkapitalquote von 25% sieht Meyer als solide Finanzierung, die der Noweda auch hinsichtlich neuer Regelungen der Banken zur Kreditvergabe eine gute Bonität sichere.
Durch den Degressionseffekt der Arzneimittelpreisverordnung und Skontokürzungen der Industrie stieg der Rohertrag nicht ganz so stark wie der Umsatz (Rohertrag plus 6,8% auf 208,5 Mio. DM). Dafür entwickelten sich die sonstigen betrieblichen Erträge und die Kostensituation sehr günstig: Sonstige betriebliche Erträge beliefen sich auf 11,2 Mio. DM, darunter 1,9 Mio. DM Entschädigung für das ehemalige Hauptgebäude der Handelsvereinigung Dietz und Richter, Gebrüder Lodde AG, in Leipzig. Die Personalkosten (plus 5,5%), die Abschreibungen (plus 4,2%) und die Sachkosten (plus 8,7%) stiegen unterproportional zum Umsatz. Allerdings entwickelte sich das Zinsergebnis ungünstig. Die Zinsbelastung stieg auf 19,37 Mio. DM (gegenüber 14,0 Mio. DM im Vorjahr), was hauptsächlich auf die Investition in Schwerte zurückzuführen sei. Letztlich stieg der Jahresüberschuss des Konzerns aber erneut stärker als der Umsatz und legte um 9% auf 13.307 Mio. DM zu.
Hohe Rendite
Aus diesem Jahresüberschuss wird wieder die seit Jahren unveränderte Ausschüttung gezahlt. Die Grundanteile erhalten 11% Ausschüttung einschließlich 2% Bonus, die freiwilligen Anteile erhalten 13,2% Ausschüttung einschließlich 2,4% Bonus. Die Auszahlung erfolgt am 15. Dezember 2001.
Meyer betonte, dass die Verzinsung der Geschäftsanteile weit über der Rendite vergleichbarer Anlagen am Kapitalmarkt liegt. Sogar in Zeiten stark schwankender Zinsen biete die Noweda Dividendenkontinuität auf hohem Niveau. Auch das neue Geschäftsjahr 2001/2002 habe im Rahmen der Erwartungen begonnen.
Noweda-Shareholder sind auch Kunden
Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Klaus G. Brauer verwies ebenfalls auf die kontinuierliche positive Entwicklung der Noweda. In den zurückliegenden 14 Jahren sei der Umsatz um den Faktor 3,7, der Jahresüberschuss auf das 5-fache und das Eigenkapital auf das 5,2-fache gestiegen.
Für ihre Mitglieder sei die Noweda zur Zeit wichtiger denn je. Dies gelte besonders angesichts der stets wiederholten Vorschläge der Krankenkassen, z. B. Versandapotheken einzuführen. In einem solchen Umfeld sei für die Apothekerinnen und Apotheker besonders wichtig, auf eine vorgelagerte Handelsstufe setzen zu können, die gegenüber den Apotheken - also ihren Eignern - nicht als Konkurrent auftreten würde. Die Noweda sei nicht fremden Anteilseignern verpflichtet, vielmehr seien die Kunden hier gleichzeitig die Shareholder.
Spargesetze treffen die Falschen
In seinem Geschäftsbericht ging Meyer ausführlich auf das gesundheitspolitische Umfeld ein und kritisierte das AABG. Der Ausgabenanstieg bei Arzneimitteln sei durch den großen Nachholbedarf bei der Versorgung entstanden, der nach der unvermeidlichen Abschaffung der Budgets kurzfristig wirksam wurde. Darauf gingen die geplanten Maßnahmen aber nicht ein.
Der ursprüngliche Plan eines erzwungenen Preisabschlages der Pharmaindustrie sei "ordnungspolitisch eine schlimme Sünde wider den Geist unseres Wirtschaftssystems". Dies erkläre denn auch die starke Reaktion der Industrie. Auch bei den "Nachahmerpräparaten" würden ökonomische Zusammenhänge übersehen. Denn solche Nachahmer würden schon in der Patentlaufzeit zu Wettbewerb führen und seien daher ökonomisch vorteilhaft.
Zudem würden mit dem erhöhten Abschlag, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen zu gewähren haben, entgegen den Behauptungen aus der Politik nicht nur die Einkaufsrabatte abgeschöpft. Vielmehr erhielten die Apotheken vom Großhandel Rabatte auf die für die GKV-Patienten benötigten Arzneimittel in Höhe von jährlich maximal 1895 Mio. DM, der 5%ige Zwangsrabatt belaufe sich aber schon jetzt auf 2368 Mio. DM, durch die Erhöhung auf 6% würden es 2842 Mio. DM - also weit mehr als die erhaltenen Rabatte.
Auch die Aut-idem-Regel sei, so wie vorgesehen, nicht zu Ende gedacht. Denn wenn sich die Inanspruchnahme der pharmazeutischen Kompetenz auf das Aussuchen der billigsten Präparate beschränke, sei dies ein Etikettenschwindel.
Angriff ist die beste Verteidigung: die Verwaltungskosten der Krankenkassen
Dagegen sollte der enorme Anstieg der Verwaltungskosten der Krankenkassen stärker beachtet werden, die viel mehr als die Arzneimittelausgaben Anlass für Spargesetze böten. Hier lägen beträchtliche Rationalisierungsreserven, bei einer Absenkung auf das relative Niveau von 1996 wäre 1 Mrd. DM einzusparen.
Schon zuvor hatte Brauer erläutert, dass die Verwaltungskosten der Krankenkassen über 20 Jahre um 274% gestiegen sind, die Wertschöpfung der Apotheken dagegen nur um 116%. Wären die Verwaltungskosten der Krankenkassen in dieser Zeit genauso moderat gewachsen, stünden heute jährlich 6 Mrd. DM mehr zur Verfügung.
Brauer und Meyer äußerten ihre Verwunderung, dass diese Zusammenhänge in der Öffentlichkeit so wenig beachtet würden. Anstatt die eigene Arbeit zu rationalisieren, kritisierten die Krankenkassen die Apotheken und machten immer neue Vorschläge zur Reform der angeblich zu teuren Arzneimitteldistribution. Doch sollten die Apotheker ihrerseits Einsparungen bei den Krankenkassen fordern.
Das Bild der Apotheken in den Medien
Nach Einschätzung von Meyer widerspricht das Bild der Apotheken in den Medien der Sichtweise der Bevölkerung. Während die Apotheke im Kundenbarometer immer wieder einen Spitzenplatz einnehme, vermittelten viele Medien den Eindruck, die Arzneimitteldistribution sei ein zentrales Kostenproblem und die Beratungsqualität in Apotheken sei mangelhaft. Diese Kampagne gehe auf die Krankenkassen zurück. Die Apotheker hätten sich darauf verlassen, die besseren Argumente zu haben. Doch "wir leben in einer Stimmungsdemokratie und in der geht es nur in zweiter Linie um Sachargumente," beschrieb Meyer das Problem.
So werde weiter der Arzneimittelversand per Post propagiert, inzwischen auch von einer neuen Initiative der Krankenkassen, bei der einer der drei Sprecher der Chef der BKK Post sei. Doch sähen Logistikexperten nicht nur keine Einsparungen, sondern Qualitätsverluste und höhere Kosten durch den Arzneimittelversand. Der Anteil der Distributionskosten an den Arzneimittelkosten sei in Ländern mit Apothekenketten und Versandapotheken höher als in Deutschland.
Die Krankenkassen wollten mit ihren Forderungen stärkeren Einfluss auf dem Arzneimittelmarkt gewinnen, da dieser langfristig große und wachsende Bedeutung habe, nicht zuletzt durch die zu erwartenden Erfolge der Genomforschung. Daher dürften die Apotheker und ihre Standesorganisationen die Gefahren der Versandhandelsdiskussion keinesfalls unterschätzen. Dies wäre ein großer Fehler. Statt dessen helfe nur der Weg über wirkungsvolle Gegenreaktionen in der Öffentlichkeit. Die Bürger müssten die Argumente der Apothekerschaft für das bewährte Distributionssystem erfahren. Die Apothekerinnen und Apotheker sollten die ungeheure Chance nutzen, die täglich fast 4 Millionen Kundenkontakte böten. Hierzu sollten auch Kundenbriefe und Handzettel genutzt werden.
Bisher sei der Nutzen der Apotheken Branchenfremden noch zu wenig bekannt, vermutlich auch weil ein großer Teil dieses Nutzens darin liegt, Probleme zu verhindern. Doch verhinderte Probleme würden in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Vielleicht trete die Apothekerschaft gegenüber der Öffentlichkeit nicht deutlich und nachhaltig genug auf. So müssten die verhinderten Arzneimittelzwischenfälle stärker kommuniziert werden. Bei 5 Ereignissen pro Tag und Apotheke könnten dies täglich über 100.000 Zwischenfälle, im Monat 2 Millionen sein.
Engagierte Diskussion
Die Überlegungen Meyers zum Bild der Apotheken in der Öffentlichkeit stießen bei den Mitgliedern auf große Resonanz. Sie regten eine engagierte Diskussion an. Die von Meyer heraus gearbeiteten Argumente müssten mit vereinten Kräften stärker in die Öffentlichkeit getragen werden - so wurde immer wieder gefordert. Die guten Argumente der Apothekerschaft und die zugrunde liegende realistische Einschätzung der gesundheitspolitischen Zusammenhänge seien bislang viel zu wenig sichtbar. Diskutiert wurde die Anregung aus Kreisen der Mitglieder, jede einzelne Apotheke sollte einen zusätzlichen Geldbetrag für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stellen.
Allerdings gab es dagegen auch Einwände: die Beiträge für Kammern und Verbände seien hoch genug, um die Argumente der Apothekerschaft in die Öffentlichkeit zu transportieren. Nur wenn von verschiedenen Seiten Aktivitäten entwickelt würden, wenn man aber letztlich zusammen mit Kammern und Verbänden an einem Strick ziehe (und zwar am gleichen Ende) habe man die Chance, in Zukunft stärker wahrgenommen zu werden - so wurde von Seiten der Noweda betont.
Die Noweda wurde gebeten, mögliche eigene Aktivitäten auf diesem Gebiet zu prüfen. Als Genossenschaft sei ihr dies satzungsgemäß im Rahmen ihres Förderauftrages möglich. Die Mitglieder erhielten die Zusage, alle vorgetragenen Anregungen würden sorgfältig in die weiteren Überlegungen der Noweda einbezogen.
Satzungsänderungen und Aufsichtsratswahlen
Außerdem beschloss die Generalversammlung Satzungsänderungen, um die Geschäftsanteile auf Euro umzustellen und die Satzung formal an das neue Insolvenzrecht anzupassen. Die Geschäftsanteile werden zum Jahreswechsel zunächst centgenau in Euro umgerechnet. Mit dem neuen Geschäftsjahr, d. h. ab dem 1. Juli 2002, werden die bisherigen vier Pflichtanteile zu je 2.500 DM in fünf neue Pflichtanteile zu je 1.000 Euro umgestellt, wodurch die Pflichteinlage geringfügig herabgesetzt wird. Für jeden bisherigen voll eingezahlten Pflichtanteil werden dann nach der nächsten Generalversammlung 28,23 Euro zurückgezahlt. Für die freiwilligen Anteile sollen individuelle Regelungen getroffen werden.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Klaus G. Brauer, Essen, und Aufsichtsratsmitglied Ulrich Pollmann, Köln, schieden turnusgemäß aus dem Aufsichtsrat aus, wurden aber mit großer Mehrheit wiedergewählt. Als neues Ersatzmitglied für den Aufsichtsrat wurde Jürgen Blume, Bielefeld, gewählt, da Dr. Thomas Kleine, Bielefeld, sein Mandat als Ersatzmitglied niedergelegt hatte.
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