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Arzneimittel und Therapie
Arzneimittel aus Pflanzen: Cannabis als Schmerzmittel
Insbesondere Krebspatienten leben heute länger und haben - vor allem infolge der teilweise aggressiven Chemotherapie und Bestrahlung - häufig andauernde starke Schmerzen. Die Suche nach nebenwirkungsarmen Medikamenten führte auch zu Cannabis.
Wissenschaftliche Studien bestätigen Wirksamkeit
In vielen Ländern laufen klinische Studien zur wissenschaftlichen Klärung der Wirksamkeit von Cannabis und der Erkennung unerwünschter Begleiterscheinungen. Dabei werden sowohl der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) als auch ein standardisierter aus der Pflanze gewonnener Extrakt, der teilweise besser vertragen wird, geprüft. An der Charite läuft beispielsweise eine Studie zum Einfluss von Cannabis auf den Appetit Krebskranker. Eine weitere Studie wird im November begonnen. Sie soll feststellen, ob niedrig dosierter Cannabis-Extrakt starke Schmerzen nach Gürtelrose günstig beeinflussen kann.
Die Dosierung des Arzneistoffs (2,5 - 20 mg/d) liegt unterhalb der Schwelle, die einen Rausch erzeugt, sie wird entsprechend der Reaktion individuell eingestellt. Nebenwirkungen sind eine Anregung des Appetits (bei Krebs- und AIDS-Patienten durchaus erwünscht), Schwindelgefühle, selten eine leichte Beeinträchtigung des Denkens.
Verfügbare Medikamente und Aussichten
Cannabis mit hohem THC-Gehalt fällt unter das Betäubungsmittelgesetz und ist in der Bundesrepublik verboten. Delta-THC steht in der Anlage II des Betäubungsmittelgesetzes (BtM-Gesetz), es ist verkehrsfähig, aber nicht verschreibungsfähig. Für den medizinischen Einsatz wurde 1999 eine Änderung verabschiedet: Danach dürfen Ärzte das Stereoisomer von delta-THC (Marinol) verschreiben (Anlage III BtM-Gesetz).
Früher gab es nur das sehr teure amerikanische Importmedikament Marinol, inzwischen wird in Deutschland das Präparat Dronabinol (THC-Pharm GmbH, Frankfurt/Main) hergestellt und an Apotheken geliefert. Dieses ist zwar preiswerter, aber immer noch mit 18,- DM pro Tag für den Patienten bei 3 x 2,5 mg/d recht teuer; das Harz wird für 1200,- DM/g an Apotheken geliefert.
Das Harz wird aus Faserhanf mit seinem sehr niedrigen THC-Gehalt nach einem relativ komplizierten Verfahren gewonnen. Das Präparat steht in Form von öligen Tropfen, Kapseln oder als Inhalat zur Verfügung. Letzteres ist schneller und in niedrigerer Dosierung wirksam und dadurch billiger sowie besser verträglich.
Es wird erwartet, dass in Kürze auch der Extrakt durch Änderung des Betäubungsmittelgesetzes zugelassen wird, was die Bereitstellung wesentlich erleichtern würde, da er aus importiertem Rauschhanf gewonnen werden könnte. Darüber hinaus würde dies einen legalen Zugang für die gegenwärtig illegal mit Marihuana selbst therapierenden Patienten ermöglichen. Auch die Krankenkassen würden dann hoffentlich ermutigt werden, die Schmerzbehandlung zu bezahlen, die das bisher noch nicht tun.
Einsatzgebiete für Cannabis
Mögliche Indikationen für Cannabis sind organisch bedingte Spastizität im Rahmen einer multiplen Sklerose oder traumatischer Querschnittserkrankungen, dystonische Bewegungsstörungen, neuropathische Schmerzen, Migräne und Dysmenorrhö, Anorexie und Kachexie im Rahmen fortgeschrittener AIDS- und Krebserkrankungen, Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Krebschemotherapie sowie bei AIDS und Hepatitis, Glaukom, Asthma bronchiale, generalisierte Epilepsie und Entzugssymptome bei Alkohol-, Benzodiazepin- und Opiatabhängigkeit.
Kastentext: Hanf
Hanf (Cannabis sativa) ist eine uralte Nutzpflanze. Auch in unseren Breiten gab es bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts viele Bedarfsartikel aus Hanf: Kleidung, Nahrung, Papier und auch Medizin. Noch unsere Großeltern kannten Haschisch als alltägliche Medizin und gesellschaftsfähige Droge. Hanftinktur beruhigte, entspannte, entkrampfte, wirkte schmerzstillend, entzündungshemmend und gegen Übelkeit sowie Glaukom. Marihuana wird auch das "Aspirin der Antike" genannt und findet sich in Spuren in ägyptischen Mumien. In asiatischen Heilkünsten genießt Hanf noch heute hohes Ansehen. Faserhanf erfährt seit einigen Jahren eine gewisse Renaissance.
THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol), der wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoff von Cannabis, wurde offenbar jahrhundertelang ohne gravierende Probleme als Rauschmittel genossen. Tödliche Dosierungen sind nie bekannt geworden und praktisch ausgeschlossen, da THC wasserlöslich ist und nicht injiziert werden kann (natürlich gibt es schädliche Folgen exzessiven Genusses). Den Ruf einer gefährlichen Droge, den sich Cannabis in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts erworben hat, ist er nie wieder losgeworden.
Quelle Prof. Dr. Konrad Falke, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Charite, Berlin, Dr. Martin Schnelle, Institut für onkologische und immunologische Forschung, Berlin, und Dr. Gernot Ernst, Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Charite, Berlin, im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem 1. Internationalen Kongress der ICAM (Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin), Berlin, 26. Oktober 2001.
Krebspatienten leben heute länger und haben – vor allem infolge der teilweise aggressiven Chemotherapie und Bestrahlung – häufig andauernde starke Schmerzen. Cannabis kann Nebenwirkungen der Chemotherapie wie Übelkeit und Erbrechen wirksam lindern. Die Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin berichtete über Möglichkeiten und Probleme beim Einsatz von Cannabis.
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