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Informationsveranstaltung: Apotheker in der pharmazeutischen Industrie

Der Fachbereich Hochschule der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) hat am 17.Januar in Halle an der Saale eine Informationsveranstaltung zum Thema "Apotheker in der pharmazeutischen Industrie - Perspektiven mit Zukunft" durchgeführt. Adressaten der Veranstaltung waren hauptsächlich Studierende der Pharmazie sowie alle DoktorandInnen, die sich über Tätigkeiten außerhalb der Offizin informieren möchten. Hintergrund ist ein zunehmender Mangel an qualifizierten PharmazeutInnen in der pharmazeutischen Industrie. Aus der persönlichen Sicht von Industrieapothekern wurden einige Arbeitsgebiete näher vorgestellt.

Nach der Begrüßung durch die Dekanin Prof. Dräger übernahm Prof. Kleinebudde die Moderation der Informationsveranstaltung. Die Referenten waren Dr. Rainer Alex, Leiter der galenischen Forschung und Entwicklung des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche AG in Basel, und Dr. Jörg Petersen, Betriebsassistent im Feststoffbetrieb Selbstmedikation Europa (SME) der Bayer Bitterfeld GmbH. Die Veranstaltung war gut besucht, und die Diskussion nach den Vorträgen war lebhaft.

Allgemeine Voraussetzungen

PharmazeutInnen sind Generalisten im Unterschied zu vielen anderen naturwissenschaftlich qualifizierten MitarbeiterInnen. Sie benötigen in einigen Funktionen die Unterstützung durch SpezialistInnen, sind aber andererseits in der Lage, viele Aspekte der Arbeit an Arzneimitteln gut zu integrieren.

Neben der als selbstverständlich vorausgesetzten Fachkompetenz spielt bei der Arbeit in einer großen Firma auch die Fähigkeit zu internationalem, interdisziplinärem Teamwork eine große Rolle. Eigenschaften wie Flexibilität, Kommunikationsfähigkeit, gute (englische!) Sprachkenntnisse, Führungsqualitäten und Organisationsgeschick sind wichtig für eine erfolgreiche Arbeit.

In vielen Positionen wird eine Promotion vorausgesetzt, in anderen Bereichen ist sie nicht zwingend notwendig. Tätigkeiten im Bereich der Forschung werden häufig mit Personen mit Post-doc-Erfahrung besetzt. Die Firmen unterstützen ihre MitarbeiterInnen gezielt durch interne und externe Fortbildungsmaßnahmen bei der Entwicklung ihrer eigenen Fähigkeiten.

Entwicklungsphasen von Arzneimitteln

Forschungsunterstützung. Im Bereich der Forschungsunterstützung geht es um die Auswahl von Substanzen für die klinischen Prüfungen und deren galenische Erstbeurteilung. In dieser Phase sind nur kleinste Stoffmengen im Milligramm-Bereich verfügbar. Viele potenzielle Kandidaten weisen Probleme auf wie eine schlechte Stabilität, eine ungenügende Löslichkeit, eine hohe Dosierung aufgrund mangelnder Wirksamkeit oder einen hohen First-pass-Effekt. Die pharmazeutische Entwicklung ist erst seit einigen Jahren in dieser frühen Phase beteiligt, um frühzeitig potenzielle Probleme zu identifizieren und zu vermeiden. Gute Kenntnisse in moderner Analytik, Physikochemie, Pharmakologie und Biopharmazie sind hier gefragt. Eine reibungslose Kommunikation mit anderen Abteilungen im Bereich der Wirkstoffforschung muss gewährleistet sein.

Formulierungsforschung. In der Arzneimittelentwicklung schließt sich der Bereich der Formulierungsforschung an, in dem neben PharmazeutInnen auch ChemikerInnen, BiologInnen und PhysikerInnen zu finden sind. Die Formulierungsforschung befasst sich mit dem Wirkstofftransport, der Beeinflussung der Absorption, dem Entwickeln von neuen Formulierungskonzepten sowie den Kenntnissen zu Drug Delivery Systemen und Devices. Es sollen Zielsetzungen für neue Darreichungsformen erarbeitet werden. Gute Kenntnisse in Biologie und Biopharmazie sind gefordert. Weiterhin sind Experten in den Gebieten der pharmazeutischen Technologie, der Analytik, Physik und Physikochemie gefragt.

Formulierungsentwicklung. Die Phase der Formulierungsentwicklung ist eine eindeutige Domäne für PharmazeutInnen. Die Konzeption und das Screening von Formulierungen hinsichtlich Stabilität, Verfügbarkeit und Herstellung steht im Zentrum der Tätigkeiten. Verfahrensentwicklung und die Erprobung neuer Konzepte und Technologien sind ebenfalls gefragt. Häufig gibt es auch Verantwortung in internationalen Entwicklungs- und Projektteams.

Herstellung klinischer Prüfpräparate. Bei der Herstellung klinischer Prüfpräparate kommt es wesentlich auf eine korrekte Dokumentation nach cGMP an. Die Verpackung und Musterlogistik stellen hohe Anforderungen an eine gute Organisation. In diesem Bereich werden auch neue Prozesstechnologien erprobt und eingeführt.

Scaling-up. Beim Scaling-up geht es darum, die Prozesse für die gefundenen Formulierungen vom Milligramm-Bereich in den Tonnen-Bereich zu übertragen. Erst dann kann ein Produkt aus der pharmazeutischen Entwicklung in die Produktion übergeben werden. Kenntnisse über Maschinen und Verfahren sind besonders wichtig.

Tablettenherstellung

Die Bayer Bitterfeld GmbH produziert mit ca. 200 MitarbeiterInnen etwa 3 Milliarden Tabletten jährlich. In der Produktion werden bis zu einer Ansatzgröße von 12 Tonnen die Ausgangsstoffe gemischt. Betriebsabläufe. Im Betrieb Herstellung werden die Ausgangsstoffe gesiebt, gemischt, nötigenfalls granuliert und getrocknet. Im Betrieb Verpackung werden die Tabletten gepresst und direkt danach verpackt und konfektioniert.

Die pharmazeutischen Betriebsassistenten sind gleichzeitig Schichtführer im Betrieb. Im operativen Geschäft beginnt der Tag um 6 Uhr morgens mit einer morgendlichen Produktionsbesprechung, die der Betriebsassistent moderiert. Bei Störfällen wird der Betriebsassistent zu Rate gezogen, die korrekte Dokumentation der einzelnen Chargen wird für die Unterschrift beim Herstellungsleiter vorbereitet.

Neben dem operativen Geschäft gehören Validierungen, Verbesserungen zur Steuerung von Prozessen, die pharmazeutische Bearbeitung von Arbeitsanweisungen und die Vertretung des Betriebsleiters ebenfalls zu den Tätigkeiten eines Betriebsassistenten. Geschäftsführer, Herstellungs- und Kontrollleiter sind bei Bayer Bitterfeld ebenfalls Apotheker.

Kastentext: Pharmazeuten in der Pharmaindustrie

Neben der pharmazeutischen Entwicklung findet man PharmazeutInnen u.a. auch in der Produktion, der Qualitätskontrolle/-sicherung, der Registrierung, dem Marketing und der klinischen Entwicklung von Arzneimitteln. Bereits während der Ausbildung gibt es in der Pharmaindustrie Arbeitsmöglichkeiten als WerksstudentIn, PraktikantIn, DiplomandIn oder DoktorandIn.

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