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Kinderarzneimittel: Mehr Infos nötig
Insgesamt fehlen spezifische Informationen zur Anwendung von Medikamenten bei Kindern (die DAZ berichtete wiederholt hierüber, z. B. in DAZ 2001, Nrn. 30, 44, 46). Eine solide Datenbasis zu Stabilität, Kompatibilität oder Bioverfügbarkeit ist für viele Arzneistoffe nicht vorhanden. Fachleute kritisieren den Mangel an Information in der Packungsbeilage oder Fachinformation zur Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern und die häufige Anwendung außerhalb der zugelassenen Indikation oder Altersgruppe.
Dr. Otto Frey von der Apotheke der Kliniken des Landkreises Heidenheim konstatierte einen Mangel an kommerziell erhältlichen Arzneimitteln für Heranwachsende in geeigneten Dosierungen, Konzentrationen oder Darreichungsformen. Bei letzteren komme es immer noch vor, dass sie wegen schlechten Geschmacks Kindern nicht zu verabreichen seien oder nicht applizierfähig seien, zumal häufig geeignete Hilfsmittel zur sicheren Applikation fehlten.
Er wies auf Literaturangaben hin, denen zufolge jeder zweite Fehler (55 Prozent) bei der Medikation in diesem Bereich auf Überdosierungen zurückzuführen ist, gefolgt von den Fällen von Unterdosierung (27 Prozent). Erst mit großem Abstand folgten die Wahl des falschen Arzneimittels (6 Prozent), Inkompatibilitäten (3 Prozent) oder falsche Applikationsarten (2 Prozent).
Praxis-Tipps
Frey gab konkrete Tipps für die Praxis zur Vermeidung von Medikationsfehlern. Um Ärzte, Eltern oder Pfleger für Probleme sensibilisieren zu können, sei regelmäßige Fortbildung der Pharmazeuten selbst unabdingbar, so Frey, der auch Sprecher der ADKA-Arbeitsgruppe Pädiatrie ist. Die Ärzte seien gefordert, nur unmissverständliche Verschreibungen vorzunehmen, sie sollten beispielsweise in Dosisangaben keine Kommata verwenden, sondern glatte Zahlen, um das Überlesen des Kommas zu verhindern.
Pharmazeuten müssten laut Frey jedes Rezept auf Fehler bei der Verordnung des Arzneistoffs, der Dosierung oder Indikation, mögliche Allergien sowie Interaktionen überprüfen. Häufig sei es zudem ratsam, etwa das Pflegepersonal in Kliniken über die Wirkweise von Präparaten zu informieren. Der Referent gab hierfür ein Beispiel: für eine Rehydratationslösung, die für ein 15 Monate altes Kleinkind (zehn Kilogramm Körpergewicht) mit Gastroenteritis bestimmt war, mit einer geforderten Dosis von 1000 Milliliter pro Tag wurden die geforderten fünf Beutel Oralpädon pro Tag in 50 ml statt 200 Millilitern Flüssigkeit gelöst. Die Folge: eine Darmreizung infolge der hyperosmolaren Lösung und zu geringer Flüssigkeitszufuhr. Hier berieten die Pharmazeuten die Pfleger dahingehend, dass das Oralpädon nur das Vehikel zur Flüssigkeitszufuhr gewesen war. Bei Unstimmigkeiten müsste der verschreibende Arzt kontaktiert werden, keinesfalls dürfe Vermutungen nachgegeben werden.
Abgabe an Eltern
Ratsam sei es, so der Heidenheimer Krankenhausapotheker, Arzneimittel an Eltern kranker Kinder nur in applizierbarer Form mitzugeben. Wichtig sei für eine richtige Fortführung der Behandlung zu Hause eine eindeutige Anweisung zur Applikation. Die vollständige Dokumentation der Herstellung der Präparate sowie auch von mündlichen Angaben etwa des Klinikarztes seien selbstverständlich. Für Krankenhausapotheken wie für öffentliche Apotheken gleichermaßen wichtig war die Erinnerung an die rechtzeitige Bereitstellung der Medikamente. So könnten schwerwiegende Therapiepausen etwa bei der Bestellung von Importarzneimitteln vermieden werden.
Nötig ist nach Worten von Frey die vollständige Information der Eltern oder des Pflegepersonals in den Kliniken zu Indikation, Dosierung, Art und Dauer der Anwendung. Dabei stelle sich häufig das Problem, dass einige Arzneimittel ohne harte Indikation auf dem Markt seien. Grundsätzlich müsse die Indikationsstellung der Mediziner stimmen, schrieb der ADKA-Repräsentant den Ärzten ins Stammbuch.
Gegen Verwechslung
Aus der Praxis berichtete er von einem irreführenden Etikett eines Erythromycin-Präparats, das ein falsches Auffüllen mit Lösungsmittel zur Folge hatte. Apotheker könnten bei Darreichungsformen, die Verwechslungen provozieren, den pharmazeutischen Hersteller kontaktieren und darauf aufmerksam machen. Das empfahl in diesem Zusammenhang Dr. Bernd Eberwein vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller. Solche Hinweise aus der Praxis seien hilfreich für die Unternehmen, denen nicht an Verwechslungen ihrer Präparate mit anderen gelegen sei.
Angebot an Ärzte
Rita Wagner von der Apotheke des Zentralklinikums Augsburg stellte Klinische Pharmazie auf einer Kinder-Intensivstation vor. Dort ist ein sehr gut akzeptiertes Leistungsangebot der Pharmazeuten unter anderem die parenterale Ernährung für die Kinderklinik. Die parenterale Ernährung kann neben einer Standardlösung oder einer fett-/vitaminhaltigen Lösung auch aus individuellen Mischungen bestehen, berichtete die Apothekerin für klinische Pharmazie. Maschinell werden die Lösungen in einer Chargengröße zwischen 30 und 100 Stück mit einer sechsmonatigen Haltbarkeit hergestellt. Dafür wurden Stabilitätsuntersuchungen unter anderem mit verschiedenen Beutelgrößen vorgenommen.
In Augsburg bieten die Pharmazeuten den Medizinern darüber hinaus Hilfestellung bei Fragen der Kompatibilität von Wirkstoffen, der Portionierung von In-vitro-Präparaten, bei Teilbarkeit oder Zerkleinerung fester Arzneiformen, Literaturrecherchen sowie Beratung zu Interaktionen an. Weil sie zum Beispiel jeden Tag persönlich in der Kinderklinik erscheine, sei ein guter Kontakt zu den Ärzten entstanden, berichtete Wagner. Ein Krankenhausapotheker sei zudem Mitglied im Pflege-Qualitätszirkel.
Lage bei Phytos
Dr. Barbara Steinhoff vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) informierte über die dünne Datenlage zu pflanzlichen Arzneimitteln in der Anwendung bei Kindern. Nach ihren Worten beziehen sich zum Beispiel fast alle Dosisangaben der Aufbereitungskommission E, die bekanntlich bis 1994 den Markt gesichtet und Positivmonographien erstellt hat, auf Erwachsene. Monographien mit Kinderdosierungen fänden sich kaum darunter. Als weitere Entwicklung erarbeitete die Kooperation Phytopharmaka (eine Initiative von drei Herstellerverbänden sowie der Gesellschaft für Phytotherapie) die Publikation "Kinderdosierungen von Phytopharmaka". Die Empfehlungen darin basieren auf berechneten Kinderdosierungen auf Basis der Kommission E-Monographien unter Berücksichtigung von Gewicht, Größe und Körperoberfläche bei verschiedenen Altersgruppen.
Für die Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), war die theoretische Berechnung allerdings nicht ausreichend. Der nächste Schritt bestand in der Einbeziehung praktischer Erfahrungen von Pädiatern, worauf hin das BfArM aufgrund dieser Kombination Zulassungen und Nachzulassungen beispielsweise für Erkältungspräparate aussprach. Weitere Indikationen wie zum Komplex Magen/Darm wurden unterdessen abgeschlossen.
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