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Internationaler Aspirin-Preis 2002
Seit ihrer Synthetisierung vor mehr als 100 Jahren ist die Acetylsalicylsäure als Wirkstoff gegen Schmerzen, Fieber und Entzündungen im Einsatz. Sie ist eines der am besten erforschten und dokumentierten Arzneimittel unserer Zeit – und dennoch sorgt sie nach wie vor für Überraschungen.
Jährlich werden bis zu 5000 Forschungsarbeiten veröffentlicht, die die Acetylsalicylsäure erwähnen, die Palette der Anwendungsgebiete vergrößert sich ständig. Grund genug für die Firma Bayer, nicht nur selbst intensiv Forschungsarbeiten auf dem Gebiet Aspirin zu betreiben, sondern auch die Forschung außerhalb des Unternehmens zu unterstützen und zu honorieren.
Seit 1995 verleiht Bayer zu diesem Zweck den Internationalen Aspirin-Preis. Ausgezeichnet wird zum einen das Lebenswerk eines Wissenschaftlers mit dem Internationalen Aspirin-Seniorpreis, zum anderen werden Arbeiten von jungen Forschern (bis 40 Jahre) auf dem Gebiet der Grundlagenforschung oder zu klinischen Anwendungsgebieten mit dem Internationalen Aspirin-Juniorpreis gewürdigt. Während der Seniorpreisträger ohne vorausgehende Ausschreibung von einem unabhängigen internationalen Expertengremium verschiedener Fachrichtungen ausgewählt wird, können sich Nachwuchsforscher aktiv um den Preis bewerben.
Pionierarbeit auf dem Gebiet der Gefäßerkrankungen
Mit dem diesjährigen Aspirin-Seniorpreis in Höhe von 25 000 Euro wurde Prof. Dr. Aaron J. Marcus für seine Pionierarbeit auf dem Gebiet der Plättchenphysiologie und -biochemie geehrt. Seine Arbeiten bilden den Grundstein für das heutige Verständnis für die Entstehung von Thromben und die thrombozytenaggregationshemmende Wirkung von Acetylsalicylsäure.
Aaron fand beispielsweise heraus, dass die Acetylsalicylsäure-vermittelte Plättchenhemmung auf der Acetylierung der Cyclooxygenase in den Thrombozyten beruht und dass dieser Effekt irreversibel ist, da die Thrombozyten keinen Zellkern besitzen und somit keine Cyclooxygenase nachbilden können. Diese Erkenntnis wird heute unter anderem beim Einsatz von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure zur Herzinfarkt-Prophylaxe genutzt.
Darüber hinaus untersuchte Professor Marcus Plättchen-Interaktionen. Er stellte fest, dass Thrombozyten nicht nur untereinander, sondern auch mit anderen Blutzellen, z. B. Neutrophilen und Erythrozyten, und den Zellen der Gefäßinnenwand interagieren und dass die Acetylsalicylsäure in diese Interaktionen nur teilweise eingreifen kann.
Marcus identifizierte Acetylsalicylsäure-sensitive und -nicht-sensitive Interaktionen und machte damit verständlich, warum nicht alle Herzinfarkte oder Schlaganfälle durch die Acetylsalicylsäure verhindert werden können. In jüngerer Zeit fokussierte sich Marcus auf die Untersuchung des Gefäßendothels. Dabei entdeckte er ein Enzym, CD39, das einen synergistischen Effekt mit Acetylsalicylsäure vermittelt und somit einen potenziellen Ansatzpunkt für eine verbesserte Infarktprophylaxe darstellt. Neben seiner Forschungstätigkeit in der Hämatologie war Marcus auch auf dem Gebiet der Onkologie tätig. Er war einer der Ersten, die auf die präventiven Eigenschaften der Acetylsalicylsäure bei Risikopatienten für Dickdarmkrebs hinwies.
Neue Erkenntnisse zu COX-2: Salicylsäure hemmt die mRNA-Bildung
Den mit 10 000 Euro dotierten Aspirin-Juniorpreis teilten sich Dr. Michael A. Saunders, Astra Zeneca R&D Charnwood, Leicestershire, und Dr. James K. Hennan, University of Michigan Medical School. Ihre Arbeiten wurden aus 14 internationalen Publikationen, alle in renommierten Fachzeitschriften erschienen, als beste ausgewählt.
Dr. Michael A. Saunders erhielt den Preis für die Entdeckung eines bisher unbekannten molekularen Wirkungsmechanismus, der die entzündungshemmenden Eigenschaften der Acetylsalicylsäure erklärt. Saunders konnte zeigen, dass das Stoffwechselprodukt der Acetylsalicylsäure, die Salicylsäure, in therapeutischen Konzentrationen die Bildung der mRNA für Cyclooxygenase-2 (COX-2) und damit die Bildung des COX-2-Enzyms hemmt. Dieser Wirkmechanismus erklärt, warum auch die Acetylsalicylsäure, die die COX-2 direkt nur in hohen Konzentrationen angreift, über diesen Umweg in therapeutischen Dosen einen Einfluss auf die COX-2 haben kann.
Saunders führte seine Untersuchungen alle mit therapeutischen Konzentrationen durch und konnte genaue mechanistische Erklärungen dafür liefern, warum Acetylsalicylsäure und Salicylsäure die Ausbildung von Genen unterdrücken können, die bei entzündlichen Erkrankungen, Tumorwachstum und Gewebeverletzungen eine Rolle spielen.
COX-2-Hemmer: weniger gastrointestinale Beschwerden, höheres Herzinfarktrisiko
Während die Arbeit von Dr. Saunders der Grundlagenforschung gewidmet war, beschäftigte sich der zweite Juniorpreisträger, Dr. James K. Hennan, mit einer klinischen Fragestellung zu den mittlerweile auf dem Markt erhältlichen spezifischen COX-2-Hemmern Celecoxib und Rofecoxib.
Die spezifischen COX-2-Hemmer werden aufgrund ihrer verminderten gastrointestinalen Nebenwirkungen als besonders verträgliche Antirheumatika beworben. Allerdings wird seit einiger Zeit vermutet, dass dieser Vorteil der COX-2-Hemmer mit einem erhöhtem Herzinfarktrisiko erkauft wird.
Hennan untersuchte dies nun im Tierversuch näher und konnte zeigen, dass die COX-2-Hemmer in der Langzeittherapie wie vermutet mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko einhergehen, da unter ihnen die thrombozytenaggregationshemmende Komponente entfällt.
Seine Untersuchung lieferte darüber hinaus eine Erklärung, warum niedrig dosierte Acetylsalicylsäure für die Herzinfarktprophylaxe effektiver ist als hoch dosierte: während die Acetylsalicylsäure in niedriger Dosis hauptsächlich die Cyclooxygenase 1 hemmt, wird in hohen Dosen hauptsächlich die COX-2 gehemmt.
Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat mittlerweile weitere klinische Studien zum Herzinfarktrisiko unter COX-2-Hemmern gefordert. Auch soll überlegt werden, inwieweit eine Kombination aus COX-2-Hemmern und niedrig dosierter Acetylsalicylsäure sinnvoll sein kann.
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