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- DAZ 16/2002
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DAZ aktuell
Mit ruhiger Hand ... (Kommentar)
In fast allen Lebensbereichen ist es eine Kunst, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. So behaupten viele Beteiligte im Gesundheitswesen, teilweise sogar mit ein wenig Neid, die Apotheker hätten über viele Jahre hinweg ein hohes Maß an Besitzstandswahrung erreicht. Dagegen sprechen so genannte progressive Kräfte immer lauter von veralteten Strukturen. Sie fordern von den Apothekern mehr Flexibilität und Anpassung in einem modernen Markt, hin zu mehr Wettbewerb mit einer deutlichen Liberalisierung. Die Apotheken sind gar überflüssig, so konnten wir es in einer großen deutschen Sonntagszeitung lesen. Was tun?
Der derzeitige Kanzler hält es mit der ruhigen Hand. Unsere Standesführung hat es ähnlich über Jahre hinweg verstanden, die Apotheke vor Fremd- und Mehrbesitz zu schützen, die Preisverordnung zu bewahren und den Versand von Arzneimitteln weitgehend zu unterbinden. Die Trennung von stationärer und ambulanter Arzneimittelversorgung gelang, weil die Krankenhausapotheke als Teileinheit des (meist gemeinnützigen) Krankenhauses eine klar begrenzte Aufgabe erfüllte, nämlich die Arzneimitteltherapie der auf den Stationen zu behandelnden Kranken zu gewährleisten. Diese Eckpfeiler der Arzneimittelversorgung sorgten über Jahrzehnte für ein sicheres Fundament.
Das Alte zu überdenken, neue Dinge zu fordern und Diskussionen in Gang zu setzen gehört zur Kultur einer offenen Gesellschaft. Unter diesem Aspekt ist auch das Sondergutachten zur Reform der Arzneimittelversorgung in Deutschland zu verstehen. Die Geschichte hat uns jedoch gelehrt, dass viele Reformen ihre Ziele nicht erreichten. Selbst Revolutionen mit edlen, humanen Ansätzen endeten im Chaos: Die Reichen wurden ärmer, aber die Armen nicht reicher und das Leid erfasste sie alle.
Der Ruf nach einem Systemwandel in der Arzneimittelversorgung ist ein gewagtes Spiel mit dem Feuer. Vor ein paar Jahren habe ich auch in dieser Zeitung unter dem Titel "ADKA's American Dream" auf die amerikanische Arzneimitteldistribution und da besonders auf die Gefahr für die Offizinapotheke durch Öffnung der Krankenhausapotheke für die ambulanten Patienten hingewiesen.
Der Titel der PZ Nr.10 vom 7. März 2002 "Ein (Alb-) Traum von Amerika" sollte nebst aller von Herrn Dr. Eckart Bauer angeführten Quellen zur Pflichtlektüre für diejenigen werden, die heute den Systemwandel durch Liberalisierung herbeireden wollen. Der kurze Absatz zu den Krankenhausapotheken trifft den Kern. Der Traum der Krankenkassen und die Hoffnung der Politiker nach einem Preistransfer in einem Wettbewerbssystem zwischen Offizin- und Krankenhausapotheken zerplatzen beim Blick über den großen Teich wie eine Seifenblase.
In Deutschland herrscht bekanntlich ein Überangebot von Krankenhausbetten. Statt jedoch unwirtschaftliche Krankenhäuser zu schließen und vermehrt auf schlankes Management zu setzen, sucht man in der Flucht nach vorne die Rettung (mit zusätzlichen Aufgaben und Angeboten). Die Patienten sollen gesteuert – oder sanfter formuliert – integrierend an das Krankenhaus herangeführt werden. Es erfordert eine Portion Mut oder Blauäugigkeit zu glauben, dass ein noch größerer Apparat "Krankenhaus" u. a. die Kosten der Arzneimittelversorgung senken könnte. Auf jeden Fall wären die heutigen Strukturen zerstört, aber was dann?
In der Kölner Region erleben wir zur Zeit in Sachen Müll ein Lehrstück, welches zeigt, wohin ein riesiger Apparat der Entsorgung führen kann. Dank der guten Verbindung zur Politik ist es einem Unternehmen mit Macht gelungen, die Mitbewerber auszuschalten und den Markt zu beherrschen. Es gab genügend warnende Stimmen, die jedoch als ewig Gestrige oder grüne Spinner abgekanzelt wurden.
Inzwischen sucht man nach den im Müll versickerten Millionen, die der Bürger mit immer steigenden Kosten für die Entsorgung seines Mülls bezahlen musste. Ein schwacher Trost für die Kölner sei: Dieses Geld ist nicht weg, es ist nur gerade bei jemand Anderem (der jetzt vielleicht froh wäre, wenn er es nie gehabt hätte ...).
Der Gesetzgeber sollte im Sinne von sauberen Verhältnissen und Transparenz im Gesundheitswesen (Apotheker Zeitung Nr. 8 vom 18. 2. 2002) die Vertriebswege für Arzneimittel neu regeln. Auch im Interesse des Verbraucherschutzes müssten die Beteiligten der Vertriebskette streng getrennt werden. Das Arzneimittel als besonderes Gut muss ohne Ausnahme den Weg vom Hersteller zum Großhändler, vom Großhändler zum Apotheker und von dort zum Patienten, ob ambulant oder stationär behandelt, gehen.
Die Politik wäre gut beraten, die Krankenkassen aus dieser Reihe herauszuhalten und eine doppelte oder mehrfache Beteiligung Einzelner als Glieder dieser Kette zu verhindern (siehe "Kölsche Klüngel"). Nicht weit von Köln entfernt entwickeln sich Strukturen, die uns vor diesem Hintergrund nachdenklich stimmen sollten.
Was nämlich der Fresenius AG in Siegburg mit dem dortigen Krankenhaus recht ist, kann der Braun AG im nahen Neuwied nur billig sein. Die TransCare Gesundheitsservice GmbH, eine 100-prozentige Tochterfirma der B. Braun Melsungen AG, ist zum Jahreswechsel bei der mediSan GmbH, Neuwied, eingestiegen.
Die medisan GmbH wurde 1995 von der Maria Hilf GmbH, Dernbach, und der Marienhaus GmbH, Waldbreitbach, gegründet. Beide Gesellschaften betreiben über die St.-Elisabeth-Stiftung u. a. 29 Krankenhäuser, 25 Altenheime, 3 Kinderheime und 5 Hospize. Die MediSan GmbH leistete bisher mit ca. 100 Mitarbeitern Hilfe beim Übergang vom stationären in den häuslichen Bereich.
Nach Angaben der B. Braun Melsungen AG wird die neu gegründete "TransCare Service GmbH" dieses Leistungsspektrum beibehalten und auf den onkologischen Bereich ausdehnen. Rein zufällig gehört zu diesem Verbund auch noch eine der größten deutschen Krankenhausapotheken ...
Leider hat es in diesen Zeiten den Anschein, dass die Diskussion über eine "standesgemäße" Bleibe in Berlin den einen oder anderen Mächtigen der Apotheker zu sehr beschäftigt, anstelle Tendenzen einer wesentlichen Veränderung mit Vehemenz entgegenzutreten. Viele Dinge kann man mit ruhiger Hand voranbringen, allerdings dürfen die Füße dabei nicht einschlafen.
(Leicht überarbeitetes Editorial aus "Apotheke und Krankenhaus"; Klaus Grimm ist 2. Vorsitzender des Bundesverbands krankenhausversorgender Apotheker – BVKA und Herausgeber der Zeitschrift "Apotheke und Krankenhaus)
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