- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 17/2002
- Neurodegenerative ...
Arzneimittel und Therapie
Neurodegenerative Erkrankungen:Je früher sie erkannt werden, desto größer sind die Chancen
Unser Gehirn muss eine Menge leisten
Über die Sinnesorgane nehmen wir aus der Umwelt ständig eine große Anzahl an Informationen auf, die anschließend vom Gehirn verarbeitet und gespeichert werden. Das ist die Grundlage für geistige Leistungen wie das Erinnerungs- und das Denkvermögen (kognitive Fähigkeiten) sowie Verhaltensleistungen (emotionale Fähigkeiten). Dabei sind Assoziationen zwischen unterschiedlichen Informationsarten (z.B. die Verbindung eines Namens mit einem Gesicht) notwendig. Damit das Gehirn "richtig" funktionieren kann, müssen eine Vielzahl von Neuronen koordiniert zusammenarbeiten. Klappt dieses Zusammenspiel nicht, kommt es zu Ausfallserscheinungen, die sich auf vielfältige Weise bemerkbar machen können, angefangen von Gedächtnislücken und verlangsamter Denkleistung bis hin zu völligem Gedächtnis- und Bewusstseinsverlust. Teilweise ist das Nachlassen der Denkleistung eine natürliche Folge des Alterungsprozesses, teilweise liegen jedoch neurodegenerative Erkrankungen zugrunde. Wo "normale" Veränderungen aufhören und "krankhafte" anfangen, ist oftmals nur schwer zu erkennen. Um so wichtiger ist es, rechtzeitig nach den Ursachen zu forschen.
Nicht jede Hirnleistungsstörung ist Alzheimer
Von vielen Betroffenen wird ein nachlassendes Gedächtnis oder Beeinträchtigungen in der Denkleistung als Alterserscheinung abgetan oder aber mit dem Begriff Alzheimer in Verbindung gebracht. In beiden Fällen gehen sie davon aus, dass der Zustand nicht zu ändern sei, und verleugnen und verstecken ihre Probleme oft monate- bis jahrelang, anstatt sich beim Hausarzt zu einer gezielten Abklärung vorzustellen.
Dabei wird die überwiegende Zahl von Hirnleistungsstörungen jedoch durch eine Vielzahl von Störungen und Erkrankungen ausgelöst, die nicht unmittelbar im Gehirn lokalisiert und gut zu behandeln sind. Zu diesen Störungen zählen z. B. Reizüberflutung, Übermüdung, Schnarchen mit langen Atempausen, Flüssigkeitsmangel, Fieber, Alkoholwirkung, Herzrhythmusstörungen, Zeitzonenverschiebung usw.
Ziel ist die frühe Diagnose
Die Hirnleistungsdiagnostik findet mit dem Ziel statt, eine möglicherweise vorliegende Demenzerkrankung auszuschließen oder frühestmöglich zu erkennen. Die Frühdiagnose einer Demenz ermöglicht nicht nur einen therapeutischen Eingriff in das Krankheitsgeschehen, sie schafft auch Verständnis für das vom Patienten zunehmend als beängstigend und fremd empfundene Verhalten und lässt z. B. als sonderbar Empfundenes auch für Außenstehende besser verständlich werden. Die Diagnosestellung geschieht am besten durch ein zweistufiges Vorgehen. Dabei fällt dem Hausarzt die Aufgabe des Screenings oder der Initialdiagnose zu, die er mit Hilfe von patientenspezifischen Anamnesebögen einschließlich der Fremdanamnese (Befragung der Angehörigen) durchführt. Die komplexere differentialdiagnostische Abklärung ist Aufgabe des Spezialisten oder einer Spezialeinrichtung.
Initiative HirnVital
Der Hausarzt ist für die meisten Menschen die erste Anlaufstelle für eine Beratung zum Thema Hirnleistung. Die Initiative HirnVital will Hausärzte bei dieser Beratung unterstützen. Es handelt sich dabei um ein interdisziplinär entwickeltes Konzept, das im Rahmen einer gemeinsamen Fortbildung mit dem Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands (BDA) zum Thema Diagnostik und Therapie von Hirnleistungsstörungen eingesetzt werden soll. Die Initiative sieht die Weiterbildung des gesamten Praxisteams vor, beinhaltet einen Hirnleistungscheck und zeigt unter anderem auf, wie eine Patientenberatung erfolgen und welche Lösungen man den Betroffenen anbieten kann. Neben einem wissenschaftlichen Test zur Früherkennung von Hirnleistungsstörungen (TFDD = Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung) bekommt der Hausarzt ein Manual, ein Praxisposter, einen Leitfaden für das Praxisteam und Infomaterialien für die Patienten zur Verfügung gestellt.
Diagnose Demenz – was nun?
In Abhängigkeit vom Schweregrad kommen für die Behandlung des Demenzsyndroms unterschiedliche Strategien zur Anwendung. Die Therapie möglicher Komorbiditäten (Hypertonie, Herzinsuffizienz) stellt dabei die therapeutische Basis dar. Bereits bei der leichten bis mittelschweren Demenz sollte eine Therapie mit Antidementiva, gegebenenfalls in Kombination mit psychotropen Substanzen, durchgeführt werden. Ergänzt werden können diese Behandlungsmaßnahmen durch eine Psychotherapie. Da der Verlauf der Erkrankung stark vom sozialen Umfeld des Patienten abhängt, ist die Unterstützung der betreuenden Personen von Demenzkranken zudem eine wichtige Maßnahme.
Kastentext: Definition der Demenz
- Störungen von Gedächtnis, Denkvermögen, z.B. Urteilsbildung, Informationsverarbeitung, Ideenfluss
- Beeinträchtigung in den persönlichen Aktivitäten des täglichen Lebens
- Mindestens über sechs Monate bestehend
- bei Fehlen von Bewusstseinsstörungen
- gewöhnlich chronisch fortschreitend
[in Anlehnung an die International Classification of Diseases (ICD 10)]
Kastentext: Surftipps zum Thema Demenz
- www.alois.de Informationsseite für Patienten, Ärzte und Apotheker
- www.alzheimerforum.de
- www.alzheimer-ethik.de Selbsthilfegruppen für Angehörige von Demenzkranken
- www.patientenleitlinien.de/Demenz/demenz.html Demenz-Leitlinie für Betroffene, Angehörige und Pflegende
Quelle: Bernd Heinz Wilfried Zimmer, Wuppertal, Dr. Wolfgang Axel Dryden, Kamen, Prof. Dr. Klaus Wahle, Münster, Prof. Dr. Ernst Pöppel, München, Pressekonferenz "Kopfsache – Tebonin® im Dialog", Berlin, 21. März 2002, veranstaltet von Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.