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Pharmagroßhandel: Sanacorp ist weiter gewachsen
Den Umsatzanstieg im Pharmagroßhandel führte Brink zurück auf ein starkes Wachstum bei den Arzneimittelverordnungen, bedingt durch den Wegfall des Arzneimittelbudgets. Außerdem waren im vergangenen Jahr keine weiteren dirigistischen Eingriffe des Bundesgesundheits-ministeriums zu verzeichnen.
Die Sanacorp konnte ihr erfreuliches Ergebnis dazu nutzen, die Stellung am Markt zu stärken. Die Mitarbeiterzahl stieg von 3004 auf 3090, wobei ein Großteil dieser Mitarbeiter Teilzeitkräfte ist. Auf Vollzeitkräfte umgerechnet lag die Zahl der Mitarbeiter bei 2212. Der Personalaufwand lag im Geschäftsjahr bei insgesamt 82,1 Mio. Euro, was gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahreszeitraums eine Verringerung des relativen Personalaufwands um knapp 0,1 Prozentpunkte auf rund 3,65% vom Umsatz bedeutet. Aufwendungen erhöhten sich leicht von 70,6 auf 72,0 Mio. Euro in 2001.
Dennoch konnte, wie Brink deutlich machte, die Sachaufwandsquote von 3,4% auf rund 3,2% reduziert werden. Hierfür sei u. a. ausschlaggebend gewesen, dass Sanacorp die Transportkostenerhöhungen infolge der Ökosteuer durch Tourenoptimierung auffangen konnte. Hier machen sich, wie Brink betonte, die positiven Effekte eines konsequenten Kostenmanagements der Sanacorp Pharmahandel AG bezahlt.
Sanalog weiter ausgebaut
Weiter ausbauen konnte man die Sanalog Logistik GmbH, eine Tochter der Sanacorp Pharma Handel AG. Im August 2001 konnte in Neunkirchen/Saarland ein neues Logistikzentrum der Sanalog für etwa 13 000 Palettenstellplätze fertiggestellt werden, das bei Bedarf noch ausgebaut werden kann. Sanalog war zum Jahresende 2001 für 14 pharmazeutische Hersteller als Logistikunternehmen tätig. Die Sanalog erwirtschaftete mit diesen Dienstleistungsgebühren einen Umsatz von 8,5 Mio. Euro.
Das Geschäft mit der Krankenhausbelieferung
Erfreulich entwickelte sich auch, wie Brink betonte, das neue Geschäftsfeld der Krankenhausbelieferung. Hier konnte die Sanacorp im Geschäftsjahr 2001 eine Steigerung der Marktdurchdringung im relevanten Krankenhausmarkt von 35 auf 40 realisieren.
Von den 400 Krankenhausapotheken im Bundesgebiet – ohne Nordrhein Westfalen – beliefert Sanacorp zurzeit mehr als 160. Das Marktvolumen der Krankenhäuser liegt bei rund 2,5 Mrd. Euro, wobei der vom Pharmagroßhandel gelieferte Teil zurzeit nur etwa 1,5% beträgt. Die vom Pharmagroßhandel ausgeführten Lieferungen beschränken sich zurzeit, wie Brink darlegte, auf Sonderanforderungen und auf Präparate, die nur ein- bis dreimal pro Jahr nachgefragt werden. Allerdings erwartet man hier in den nächsten fünf Jahren eine Ausweitung auf über 5%.
Positive Umsatzentwicklung auch 2002
Der Zinsaufwand stieg im Geschäftsjahr 2001 von 5,5 Mio. Euro auf 8,3 Mio. Euro. Als Ursache nannte Brink ein erhöhtes Zinsniveau im vergangenen Jahr, außerdem sei das zu finanzierende Umlaufvermögen wegen der Umsatzausweitung angestiegen.
Zum Jahresüberschuss: Er beläuft sich im letzten Geschäftsjahr auf 13,2 Mio. Euro, nachdem ein Jahr zuvor noch 55,4 Mio. Euro ausgewiesen werden konnten. Allerdings sei im Vorjahr der Ertrag aus dem Beteiligungsverkauf (Herba Chemosan) enthalten. Das Ergebnis je Aktie für das Geschäftsjahr beträgt 1,65 Euro. Die Eigenkapitalquote zum Stichtag 31. Dezember 2001 erhöhte sich auf 40,5%.
Wie Brink ausführte, werden Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung vorschlagen, als Dividende je Stammaktie 0,84 Euro und 0,89 Euro je Vorzugsaktie auszuschütten. In Zeiten häufiger Dividendenkürzungen könne damit, so Brink, weiterhin eine hohe Dividendenrendite gewährleistet werden.
Die positive Umsatzentwicklung des Jahres 2001 habe sich im 1. Quartal dieses Jahres fortgesetzt, so der Sanacorp-Chef. So konnte ein Umsatzplus gegenüber dem 1. Quartal des Kalenderjahres 2001 von 3% verzeichnet werden. Anzeichen, dass sich dieser positive Trend ändern könnte, gebe es derzeit nicht, da keine neuen dirigistischen Eingriffe der Bundesregierung innerhalb dieser Legislaturperiode erkennbar seien. Dennoch ist, so Brink, Vorsicht angesagt, man wisse nie was komme.
Versandhandel wäre Systemveränderung
Auf der Bilanzpressekonferenz nahm Brink auch kurz zu den allgemeinen Entwicklungen im Gesundheitsmarkt Stellung. Mit der Empfehlung des Runden Tisches, den Versandhandel in Deutschland einzuführen, sei eine Systemveränderung eingeläutet worden. Deutlich wandte sich der Sanacorp-Chef allerdings gegen Bestrebungen des Ministeriums, einen Arzneiversandhandel in Deutschland einzuführen. Das Internet werde von Apotheken und Großhandel bereits seit langem zur Information und Beratung der Patienten genutzt.
Das Internet als modernes Kommunikationsmedium müsse in der Diskussion allerdings deutlich vom Versandhandel getrennt werden, da Versandhandel kein Internet als Kommunikationsplattform benötige. Das Internet könne nicht die unverzichtbare Funktion des Apothekers als letzte Kontrollinstanz ersetzen. Außerdem stoße auch der politische Verweis auf eine mögliche Kollision des deutschen Versandhandelsverbots mit europäischem Recht ins Leere, zumal die Fernabsatzrichtlinie von 1997 den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausdrücklich gestatte, im Interesse der Allgemeinheit den Vertrieb im Fernabsatz für Arzneimittel in ihrem Hoheitsgebiet zu verbieten.
Auch die E-Commerce-Richtlinie von 2000 lässt die rechtlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten bezüglich der Lieferung von Humanarzneimitteln ausdrücklich unberührt. Hinzu kommt, dass eine Beschränkung des Versandhandels auf regionale oder nationale Anbieter mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar wäre, dies würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot eindeutig widersprechen, so machte Brink deutlich.
Der Sanacorp-Chef wörtlich: "Würde also der deutsche Gesetzgeber das Versandhandelsverbot aufheben, so würden sich die Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit und den Verbraucherschutz bei Lieferungen aus dem EU-Ausland grundsätzlich nur noch aus dem Recht des Herkunftslandes ergeben. Es würde das so genannte Herkunftsland-Prinzip gelten."
Die Folge wäre, dass das geltende Zulassungssystem für Arzneimittel ausgehebelt wäre, aber auch die Arzneimittelpreisverordnung, die als Ecksäule unseres hochstehenden deutschen Gesundheitssystems gilt. Welche Anteile die Arzneimittelpreisverordnung an der Aufrechterhaltung unseres Systems hat, machte Brink am Beispiel deutlich.
Basis der Arzneimittelpreisverordnung sei die Tatsache, dass die Nachfrage nach Arzneimitteln vollkommen anders strukturiert sei als die Nachfrage nach Konsumgütern. Der Pharmagroßhandel erzielt mit etwa 2000 Arzneimitteln rund 80% des Umsatzes, obwohl er in seinen Niederlassungen etwa 60 000 unterschiedliche Arzneimittel vorrätig hält und damit auch flächendeckend die Arzneimitteltherapie für seltenere Krankheiten und den Marktzutritt für kleinere und mittlere Arzneimittelhersteller gewährleisten kann.
Rein ökologisch gesehen sind solche "Langsamdreher" für den Pharmagroßhandel wirtschaftlich nicht interessant, für den Patienten jedoch deren Verfügbarkeit von großer Bedeutung. Der deutsche Pharmagroßhandel und die deutsche Apotheke böten allerdings ein vollständiges Sortiment an, ohne auf die Ertragskraft des einzelnen Produktes abzustellen. Versandapotheken könnten dies nicht leisten.
Nicht alles ließe sich versenden
Brink wies auch auf folgende Fakten hin: Der Versandhandel widerspreche auch deswegen der ökonomischen Logik unserer Arzneimitteldistribution, da nur versandfähige Produkte für das Sortiment einer Versandapotheke infrage kämen. Arzneimittel zur Akutbehandlung oder mit Gefährdungspotenzial, außerdem diebstahlgefährdete Arzneimittel wie z. B. Betäubungsmittel oder auch kühlpflichtige Arzneimittel wären von einem Versand ausgeschlossen.
Der Versand könnte also nur schnelldrehende, leicht zu transportierende und mit geringen Handlingskosten verbundene Produkte zustellen. Damit kommt man zu einer "Milchmädchenrechnung", so Brink, die die Trennung der Sortimente nach versandfähigen und nicht versandfähigen Arzneimitteln wolle. Befürworter des Arzneimittelversandhandels müssten einer völlig neuen Preiskalkulation zustimmen, die letztendlich in ihrer Summe aufgrund des Ausbaus zweier Versorgungssysteme kostspieliger sei als die der heutigen Arzneimitteldistribution.
AMpreisV würde ausgehebelt
Für Versandapotheken gelte das Herkunftslandprinzip, damit aber auch die Tatsache, dass die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) keine Anwendung finde. Für das versandfähige Arzneimittelsortiment müsse dann allerdings die Arzneimittelpreisverordnung und damit in letzter Konsequenz die Arzneimittelpreisverordnung aufgehoben werden.
Befürworter gehen davon aus, dass ein gewollter Preiswettbewerb das Preisniveau unter das jetzige Niveau drücken würde. Dazu müsste der Patient allerdings auch Sonderangebote in Anspruch nehmen können, was nur gelinge, wenn eine Ballung von Einkaufsmengen erfolge und die attraktiven Preise auch den Nachfragern publik gemacht würden.
Kapitalkräftige Konzerne, Apothekenketten, die Gemeinschaftswerbung betreiben, könnten danach Preiswerbung für Arzneimittel betreiben, was Voraussetzung für den Wettbewerb wäre. Brink fügte hinzu: "Nicht der Versandhandel mit Arzneimitteln, der mit Sicherheit nicht zu Einsparungen in der Arzneimitteldistribution führen wird, steht im Kern der derzeitigen gesundheitspolitischen Diskussion, sondern der Abschied vom einheitlichen Apothekenabgabepreis für Arzneimittel, ohne dies – da politisch unpopulär – anzusprechen. Wie will man auch einem wahlberechtigten Patienten verdeutlichen, dass er je nach Sonderaktionssituation unterschiedliche Preise für seine dringend benötigten Medikamente bezahlen muss.
Wegen kleinerer oder vermeintlicher Annehmlichkeiten, die der Versandhandel für Patienten mit Dauermedikation biete – diese Vorteile würden keinesfalls die langfristigen Konsequenzen für die wohnortnahe, patientenindividuelle und sichere Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufwiegen, so der Sanacorp-Chef. Dies könne nicht im Interesse der Patienten und der Solidargemeinschaft sein.
ANZAG und Sanacorp
Das Zusammenrücken von ANZAG und Sanacorp wurde vorerst auf Eis gelegt. Das Bundeskartellamt untersagte den angemeldeten Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung der Sanacorp an der Andreae Noris Zahn AG Frankfurt am Main. Durch die beantragte Aufstockung könnte die Sanacorp eine marktbeherrschende Stellung in drei regionalen Märkten erreichen, man habe daher den Zusammenschluss in seiner Gesamtheit untersagt. Die Sanacorp wiederum legte gegen diesen Beschluss Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein.
Nach Ansicht Brinks habe das Kartellamt die veränderte Situation im Pharmamarkt nicht genügend berücksichtigt, außerdem seien die Auswirkungen der beabsichtigten Zweimarkenstrategie beider Unternehmen nach dem Zusammenschluss nicht ausreichend gewürdigt worden. Mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts rechnet Brink nicht vor Mitte oder Ende dieses Jahres.
Weiterentwickelt seien die Internetangebote der Sanacorp. Das bestehende Sanacorp.net wurde weiter ausgebaut in Richtung Kundenservice, der Onlineshop wurde um eine Vielzahl von Artikeln und Produktabbildungen erweitert. Auch der Homepageservice konnte überarbeitet und ausgebaut werden.
Vor diesem Hintergrund sei man letztendlich der Überzeugung, dass ein starker deutscher Pharmagroßhandel eine wichtige Säule im deutschen Arzneimittelmarkt darstellt, so Brink.
Wie Brink am Rande der Bilanzpressekonferenz wissen ließ, werde er zum Ende des Jahres seine Tätigkeit bei der Sanacorp niederlegen. Als Nachfolger hat sich der Aufsichtsrat für den bisherigen Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Manfred Renner entschieden, der ab 1. Januar 2003 dem apothekereigenen Großhandel vorstehen wird.
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