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Praxis
Qualität von Epinephrin-Nasalia
Einsatz von Epinephrin in Rezepturarzneimitteln
Epinephrin (= Adrenalin) wird im Apothekenbetrieb u. a. als wirksamer Bestandteil in Nasalia – insbesondere in Unguenta – eingesetzt. In der HNO-ärztlichen Praxis werden epinephrinhaltige Nasensalben aufgrund der starken vasokonstriktorischen Eigenschaften des Wirkstoffs z. B. zur Blutstillung bei Nasenbluten oder auch postoperativ zum Abschwellen der Nasenschleimhaut verwendet.
Nach Kenntnis der Arzneimitteluntersuchungsstelle des CVUA Karlsruhe befindet sich in Deutschland derzeit kein epinephrinhaltiges Fertigarzneimittel zur nasalen Anwendung im Verkehr. Demgegenüber ist anhand der Häufigkeit der im Rahmen von Apothekenrevisionen erhobenen Proben davon auszugehen, dass epinephrinhaltige Nasalia standardmäßig in vielen deutschen Apotheken auf ärztliche Verschreibung hergestellt und abgegeben werden.
Rezepturvorschriften, die den üblicherweise verordneten Nasalia vergleichbar sind, finden sich beispielsweise im Deutschen Rezepturformularium (DRF) von 1959 [1]. Hierin ist folgende epinephrinhaltige Zubereitung beschrieben:
Unguentum nasale Rp. Suprarenini hydrochlorici soluti 1:1000: 0,5 Liquoris Aluminii acetici: 5,0 Eucerini anhydrici: 10,0 Paraffini liquidi: ad 20,0
M.D.S. Nasensalbe mit Mentholzusatz Rp.Mentholi: 0,05 Unguenti nasalis DRF: ad 20,0
Auch in den Standardrezepturen 1990 der ehemaligen DDR [2] findet sich unter der Bezeichnung Unguentum nasale SR eine epinephrinhaltige Nasensalbe, die wie folgt zusammengesetzt ist:
Unguentum nasale SR Epinephrinum hydrogentartaricum: 0,0045 g Natrium pyrosulfurosum: 0,1 g Solutio Aluminii aceticotartarici: 25 g Unguentum Alcoholum Lanae SR: 50 g Paraffinum subliquidum: ad 100 g
Die Rezepturvorschrift enthält die zusätzlichen Hinweise: 30 Tage verwendbar Vor Licht geschützt bei 2 – 15 °C aufbewahren In der aktuellen Ausgabe des Deutschen Arzneimittel-Codex – NRF [3] ist keine epinephrinhaltige Zubereitung mehr enthalten.
Untersuchung von Proben
Im Rahmen der behördlichen Apothekenüberwachung werden in Baden-Württemberg routinemäßig Proben von Rezeptur- bzw. Defekturarzneimitteln erhoben und zur Untersuchung und Begutachtung an die Arzneimitteluntersuchungsstelle des Landes Baden-Württemberg im CVUA Karlsruhe weitergeleitet. Bei dieser Beprobung wurden allein in den vergangenen zwei Jahren elf Proben epinephrinhaltiger Nasalia erhoben und zur Untersuchung und Begutachtung vorgelegt.
Die Zusammensetzung der Proben entsprach – nach Deklaration – in etwa den o. a. Rezepturen, wobei allerdings keines der vorgelegten Arzneimittel mit Natriumsulfit stabilisiert war. Der Epinephrinzusatz erfolgte in allen Fällen durch Zugabe des Fertigarzneimittels Suprarenin® Injektionslösung (1:1000) (Fa. Aventis Pharma). 1 ml Suprarenin® Injektionslösung (1:1000) enthält 1,2 mg Epinephrinhydrochlorid (entspricht 1 mg Epinephrin-Base).
Die Arzneimittel waren teilweise mit Verwendbarkeitsfristen von bis zu einem Jahr versehen, in einigen Fällen fehlte jeglicher Hinweis auf eine begrenzte Haltbarkeit. Hinweise auf besondere Lagerungsbedingungen (z.B. "Kühllagerung") waren in keinem Fall vorhanden.
Neben einer Beurteilung der Kennzeichnung auf Grundlage des § 10 Arzneimittelgesetz (AMG) bei Defekturarzneimitteln bzw. § 14 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) bei Rezepturarzneimitteln wurde eine laboranalytische Prüfung der vorgelegten Proben durchgeführt. Hierbei wurde insbesondere der Wirkstoffgehalt der Proben nach Extraktion aus der Probenmatrix mittels HPLC und UV-Detektion bestimmt.
Untersuchungsergebnisse
Alle untersuchten Proben wiesen erhebliche materielle Mängel auf und wurden daher nach § 6 ApBetrO bzw. § 8 AMG als in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert beurteilt (Abb. 1). Bei zehn Proben wurden massive Mindergehalte an Epinephrin (< 1% bis 78% des deklarierten Gehalts; durchschnittlich 34%) festgestellt. Eine Probe (Nr. 9) enthielt 135% der deklarierten Epinephrinmenge.
Auf Grundlage der weiteren durchgeführten Untersuchungen kann angenommen werden, dass bei dieser Probe im Rahmen der Herstellung wahrscheinlich 200 bis 300% der deklarierten Epinephrinmenge eingesetzt wurden, sodass auch das in diesem Fall ermittelte Ergebnis für den Epinephrin-Gehalt der Probe letztlich einen "Mindergehalt" darstellt. Allerdings ist auch eine Überdosierung von 35% über den deklarierten Wirkstoffgehalt hinaus als nicht ordnungsgemäße pharmazeutische Qualität und somit als nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zu beurteilen. Neben den materiellen Mängeln waren alle vorgelegten Proben zusätzlich aufgrund vielfältiger Kennzeichnungsmängel zu beanstanden.
Stabilitätsuntersuchung
Die dargestellten Befunde veranlassten die Arzneimitteluntersuchungsstelle des CVUA Karlsruhe, die Stabilität einer epinephrinhaltigen Salbe anhand einer selbst hergestellten Modellmischung zu untersuchen (s. Kasten "Modellrezeptur"). Die Modellmischung orientierte sich an den o. a. Rezepturen.
Anstelle des Fertigarzneimittels Suprarenin® wurde eine selbst hergestellte Epinephrinhydrochlorid-Lösung mit exakt definiertem Gehalt verwendet. Auf eine Zugabe von Natriumsulfit wurde – in Anlehnung an die untersuchten Proben – verzichtet. Der Wirkstoffgehalt wurde direkt nach der Herstellung sowie in wöchentlichem Abstand über 9 Wochen bestimmt. Die Lagerung der Probe erfolgte in einer Aponorm-Kruke bei 2 – 8 °C im Kühlschrank.
Die Ergebnisse des Lagerversuchs sind in Abbildung 2 dargestellt. Sie zeigen, dass bereits nach einer Lagerdauer von zwei Wochen ein grenzwertiger Wirkstoffgehalt von 90% des ursprünglichen Epinephrin-Gehalts unterschritten wird.
In verschiedenen Vorversuchen der Arzneimitteluntersuchungsstelle des CVUA Karlsruhe wurde zudem festgestellt, dass die Wirkstoffkonzentration einer epinephrinhaltigen Salbe bei Raumtemperaturlagerung bereits nach einer Woche auf ca. 70% des ursprünglichen Gehalts absinkt. Nach zweiwöchiger Lagerung sind sogar nur noch etwa 50% des Ausgangsgehaltes an Epinephrin vorhanden. Ein Einfluss von Aluminiumacetat-tartrat-Lösung auf den Wirkstoffabbau war in den Vorversuchen nicht erkennbar.
Folgerungen für die Apothekenpraxis
Es ist bekannt, dass Epinephrin eine sehr instabile, gegen Licht- und Lufteinfluss empfindliche Substanz ist. So ist im Kommentar zum Europäischen Arzneibuch [4] unter dem Punkt Stabilität für Epinephrinhydrogentartrat ausgeführt:
"Adrenalinlösung zersetzt sich sowohl durch Einwirkung von Licht als auch durch Luftsauerstoff und andere Oxidanzien. Die ablaufenden Reaktionen hängen sowohl vom pH als auch von der Temperatur ab."
Wie bereits ausgeführt, war in der Vorschrift für das epinephrinhaltige Unguentum nasale SR der Standardrezepturen 1990 der DDR eine Aufbewahrungsfrist von maximal 30 Tagen angegeben. Auf Grundlage der in der Arzneimitteluntersuchungsstelle des CVUA Karlsruhe durchgeführten Untersuchungen von Apothekenrezepturen sowie des Lagerversuchs mit einer selbst hergestellten Modellmischung lassen sich allerdings keine allgemein gültigen Aussagen über die Haltbarkeit derartiger Rezepturen ableiten.
Hierzu wären insbesondere bei dem durchgeführten Lagerversuch detailliertere Untersuchungen von verschiedenen Einflussfaktoren, wie z. B. des Herstellungsprozesses, des Verpackungsmaterials, der Temperaturschwankungen und des Einflusses der übrigen Rezepturbestandteile, erforderlich. Dies ist jedoch nicht Aufgabe einer amtlichen Untersuchungsstelle. Hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Arzneimittelqualität lassen sich vor dem Hintergrund der dargestellten Untersuchungsbefunde dennoch einige grundlegende Forderungen für die Apothekenpraxis ableiten:
- Herstellung von epinephrinhaltigen Rezepturen unmittelbar vor der Abgabe an den Kunden (keine Herstellung im Rahmen der Defektur!).
- Angabe einer konkreten Verwendbarkeitsfrist von maximal 14 Tagen.
- Kennzeichnungshinweis auf Kühllagerung (2 – 8 °C).
- Ggf. Rücksprache mit dem verordnenden Arzt (Prüfung des Ausweichens auf eine andere Medikation).
Auf die Empfindlichkeit der Rezeptur sollte bei der Abgabe an den Patienten zusätzlich mündlich hingewiesen werden.
Material und Methoden Verwendete Chemikalien und Materialien: 0,05 molare Schwefelsäure; hergestellt aus Schwefelsäure 95 – 97% p.a. Fa. Merck. 0,1 normale Salzsäure, hergestellt aus Salzsäure rauchend 37% p.a. Fa. Merck. Diethylether p.a. Fa. Merck. Wasser: Aqua demin., Herstellung mit Seralpur Pro 90C. Acetonitril HPLC Gradient Fa. SDS. Phosphatpuffer 10 mmol, pH 2,9 (hergestellt aus 1,36 g Kaliumdihydrogenphosphat p.a. Fa. Merck ad 1000 ml Aqua demin., eingestellt auf pH 2,9 mit Phosphorsäure 85% p.a. Fa. Merck). Analysenwaage Mettler PM 4600. Mikrowaage Sartorius MC 5. Membranfilter Schleicher & Schüll 0,45 µm, Durchmesser 13 mm. Hewlett Packard Serie 1090; HPLC mit Diodenarray-Detektor (DAD).
Referenzmaterial: Epinephrinhydrochlorid Fa. Sigma.
Probenaufarbeitung: Eine etwa 0,25 g entsprechende Probenmenge wird in einen 50 ml Scheidetrichter auf zwei Nachkommastellen genau eingewogen und nach Zugabe von 20 ml Diethylether einmal mit 10 ml und anschließend zweimal mit 5 ml 0,05 molarer Schwefelsäure ausgeschüttelt. Die Schwefelsäureextrakte werden quantitativ in einen 25 ml Messkolben überführt und bei 20 °C mit 0,05 molarer Schwefelsäure auf 25,0 ml aufgefüllt. Die Lösung wird membranfiltriert (0,45 µm) und zur HPLC verwendet.
HPLC-Parameter: Mobile Phase A: 10 mmol Phosphatpuffer pH 2,9 (s. o.) Mobile Phase B: Acetonitril Isokratische Trennung mit 99% Phosphatpuffer und 1% Acetonitril über 12 min Fluss: 0,5 ml/min Säulentemperatur: 40 °C. Injektionsvolumen: 50 µl. Trennsäule: Zorbax SB C8 5 µm, 4,6 x 250 mm. DAD-Messwellenlänge: 282 nm (Untergrundkompensation bei 450 nm). Systemeignung: Auflösung Epinephrin/Noradrenalin ≥ 2, NWG < 0,1 µg Epinephrin pro ml Messlösung.
Danksagung:
Allen Kollegen und Mitarbeitern der Arzneimitteluntersuchungsstelle Baden-Württemberg im CVUA Karlsruhe danke ich für ihre engagierte Unterstützung bei den Untersuchungen. Besonders sind dabei zu erwähnen Herr Dr. Kohl-Himmelseher (Leiter der Arzneimitteluntersuchungsstelle im CVUA Karlsruhe), Herr Seiler, Herr Ürün und Herr Brossart.
Zusammenfassung
Die Problematik der Verwendung von Epinephrin (= Adrenalin) bei der rezeptur- bzw. defekturmäßigen Herstellung von Arzneimitteln wurde an mehreren Rezepturarzneimitteln aus der Apotheke untersucht. Zusätzlich durchgeführte Lagerversuche untermauern die Befunde aus der Praxis, wonach derartige Rezepturen aufgrund der Instabilität des Wirkstoffs nur eine sehr begrenzte Haltbarkeit von etwa 2 Wochen – bei konsequenter Einhaltung einer Kühllagerung – aufweisen.
Literatur
[1] Deutsche Rezepturformeln – Einheitliche Rezepturvorschriften, Hrsg.: Pharmazierat H. Krause, Präsident der Apothekerkammer Niedersachsen, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 1959. [2] Standardrezepturen 1990 (SR 90) der DDR, 15. Auflage, Verlag Volk und Gesundheit Berlin, 1990. [3] Deutscher Arzneimittelcodex – Neues Rezeptur-Formularium, Loseblattsammlung, Stammlieferung 1983 – Stand 17. Ergänzung 2000; Hrsg. von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände unter fachlicher Beratung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, Govi-Verlag, Eschborn. [4] Kommentar zum Europäischen Arzneibuch; Band II/3 Monographien D-H, Grundlfg.1991, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart/ Govi-Verlag – Pharmazeutischer Verlag Eschborn.
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