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- DAZ 21/2002
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Die Seite 3
Hört man sich in diesen Tagen unter Kolleginnen und Kollegen um, begegnen einem nur ernste Mienen, man hört fast ausnahmslos von Sorgen um die Zukunft der Apotheken, man spürt sehr oft Verzweiflung, Depression bis hin zur Resignation. Viele würden ihre Apotheke lieber schon heute als morgen verkaufen und in den Vorruhestand gehen. Die Freude an der Arbeit ist nicht mehr festzustellen: auf der einen Seite ist das Szenario immer stärker geprägt von höheren Abgaben (6% Kassenrabatt), Pseudokompetenzzuwachs (gebremste Aut-idem-Regelung) und sinnloser Importförderung, auf der anderen Seite von höheren, aber nicht bezahlten Anforderungen an den Beruf wie Weiterbildung, Pharmazeutische Betreuung, klinischer Pharmazie, QMS und demnächst auch Einbindung in Disease-Management-Programme.
Die Angst um die Zukunft der Apotheke geht um – was hat diese Regierung mit dem Apothekenwesen vor? Soll es sehenden Auges zerschlagen werden? Warum will man dieses hocheffiziente und perfekt funktionierende System unserer Arzneimittelversorgung zerstören? Glaubt man, mit Einsparungen von nur wenigen Millionen Euro, aber zu Lasten der Arzneimittelsicherheit die gesetzliche Krankenversicherung sanieren zu können?
Da werden schlampig gemachte Gesetze präsentiert wie zum Beispiel die Aut-idem-Regelung, die wir so gar nicht ausführen können. Sie birgt mehr als Ungereimtheiten in sich, sie kollidiert mit der Importregelung, Ärzte und Pharmaindustrie unterlaufen sie. Und die Einsparungen sind bei Gott nicht überwältigend, dafür aber der Aufwand, der auf pharmazeutischer Seite dafür getrieben werden muss, angefangen von Bioäquivalenzuntersuchungen bis hin zu neuer Apothekensoftware.
Da schickt man uns ein Trojanisches Pferd mit dem Angebot, alles solle liberaler, alles freier werden, und der Aufforderung, man solle doch mit dem Trend der Zeit gehen und das Internet für den Versandhandel nutzen. Die Patienten wollten angeblich doch alle per Mausklick ihre Arzneimittel bestellen – nur die Apotheker hingen an alten Zöpfen fest. Doch Politiker wollen die unausweichlichen Folgen des Versandhandels nicht sehen: ein national begrenzter Versandhandel, von dem immer die Rede ist, ist europarechtlich gar nicht möglich. Deutschland könnte dann nicht verbieten, dass ausländische Anbieter nach Deutschland versenden. Dies aber würde die Gefahr in sich bergen, dass mit dem Versandhandel nicht verkehrsfähige und sogar gefälschte Arzneimittel vertrieben würden. Nur zögerlich bringen diese Argumente die Politiker zum Nachdenken.
Dem trojanischen Pferd hängt das Schild "Erhalt von Fremd- und Mehrbesitzverbot" um. Doch im Innern sieht die Sache anders aus. Selbst Gutachter schreiben den Erhalt von Fremd- und Mehrbesitzverbot in ihre Werke, rechnen aber gleichzeitig vor, dass Versandapotheken erst ab 100 bis 200 Millionen Euro je Apotheke wirtschaftlich arbeiten können. Ein einzelner Apotheker kann diese Größenordnung an Kapital kaum aufbringen – es müssten Kapitalgesellschaften zugelassen werden. Fremd- und Mehrbesitz wären mit einem Schlag da.
Auch wenn immer wieder betont wird, man wolle keine Versender, die ihr Geschäft mit Rosinenpicken machen: es dürfte kaum möglich sein, die Versender auf einen Kontrahierungszwang zu verpflichten, das heißt als Vollsortimenter alles liefern zu müssen. Und schließlich würde auch die Arzneimittelpreisverordnung fallen. Denn ein einheitlicher Apothekenabgabepreis lässt kaum die günstigen Preise zu, die man sich von solchen Maßnahmen erhofft.
Wer sich derzeit in Deutschland etwas vom Versandhandel verspricht, hat es auf die Mehrwertsteuerdifferenz von Deutschland (16% MwSt.) zum Ausland, z. B. den Niederlanden (6% MwSt.), abgesehen, die man mit Tricks ausnützt. Denn eigentlich wäre auch für die niederländische Versandapotheke der Mehrwertsteuersatz des Bestimmungslandes, in diesem Fall also 16%, anzuwenden. Der niederländische Versender argumentiert allerdings damit, dass der Kunde seine Ware abholen lässt und deshalb nur der geringe Mehrwertsteuersatz anzuwenden sei. Aus der Differenz kann die ausländische Versandapotheke dann generös einen Rabatt von neun Prozent geben – worauf sich beispielsweise der Bundesverband der Betriebskrankenkassen in Bayern stürzt und mit seinem Vertrag mit dem niederländischen Versender sogar nicht davor zurückscheut, Recht zu brechen.
In der Tat, es ist mehr als unverständlich, warum die Berliner Gesundheitspolitiker bei den Argumenten der Apotheker den Anschein erwecken, weg zu hören. Auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands am 15. und 16. Mai in Berlin und auf dem Informationsgespräch der ABDA für wirtschafts- und sozialpolitische Journalisten zwei Tage zuvor konnte sich jeder davon überzeugen, dass das, was die Apotheker vorbringen, mehr als stichhaltig ist. Und dass die Apotheker nicht einfach nur gegen solche systemverändernde Vorhaben sind, sondern statt dessen ein in sich schlüssiges Konzept vorlegen, mit dem unter Erhalt des heutigen Systems deutliche Einsparungen erreicht werden.
Das ABDA-Papier zur zukünftigen Gestaltung der Arzneimittelversorgung liest sich schlüssig und könnte eine sinnvolle Weiterentwicklung unseres Systems darstellen. Die Frage ist: Wie erreichen wir, dass dieses Papier von Politikern gelesen wird?
Peter Ditzel
Schlechte Stimmung
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