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Kommentar: Taktisch richtig
War es eine Art Altersmilde angesichts seiner auslaufenden letzten Amtsperiode oder "nur" die rechtschaffene Liebe zur Wahrheit, die Dr. Brink bei der Vertreterversammlung der Sanacorp in München bewog, einzugestehen, dass die Genossen ein Konzept bereit halten, falls es doch zur Einführung des Versandhandels kommen sollte?
Die Frage nach den Motiven für seine offene Haltung kann sich Dr. Brink nur selbst beantworten – ob es richtig oder falsch ist, zuzugeben, dass man selbstverständlich als großes Unternehmen darauf vorbereitet ist, wenn das Versandhandelsverbot fällt, ist allerdings eine äußerst heikle Frage. Einerseits kann ein Leugnen, dass man ein Konzept für den Versandhandel in der Schublade habe, bei wachen Apothekern – und auch bei einigen gut informierten Vertretern der Publikumspresse – das Gefühl auslösen, verschaukelt zu werden und nicht als mündiger Beobachter der Szene ernst genommen zu werden.
Andererseits ist es natürlich aus taktischen Gründen verständlich, dass, so lange kein definitiver Beschluss zur Einführung des Versandhandels vorliegt, die nicht fachlich kundige Öffentlichkeit von den Big Playern im Gesundheitssystem nur erfährt, dass der Versandhandel das System der bislang sehr gut funktionierenden flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln unwiderruflich zerstört.
Es wäre müßig, die entsprechenden Stichpunkte in einer immer wieder vorgetragenen Litanei nochmals aufzuzählen – die ABDA hat nun einmal objektiv die besseren Argumente als die Gesundheitsministerin. Obwohl Frau Schmidt einen wachen Eindruck macht, scheint sie – rational nicht mehr nachvollziehbar – in einer Art autistischem Kokon gefangen zu sein, sobald die Belange der Apotheker zur Sprache kommen.
Auch wenn es fast aussichtslos scheint, so sollte die ABDA bis zur letzten Minute kämpfen und versuchen, die Ministerin doch noch zu überzeugen. Die Initiative Pro Apotheke, die ja auch von Sanacorp mit einer begleitenden Aktion noch zusätzlich unterstützt wird, ist eine hervorragende Kampagne, weil man damit aus dem Dunstkreis der fachlich informierten Kreise hervortritt und endlich denjenigen die Augen öffnet, die bei einer Systemänderung als die Verlierer dastehen, nämlich die Patienten.
Gleichzeitig ist zu hoffen, dass (angesichts der seltsam sturen und unbeweglichen Ministerin) die Standespolitiker der ABDA keine Vogel-Strauß-Politik betreiben und – klammheimlich – genauso klug sind, wie der Münchner Großhändler und sich auf ein "Worst-Case-Szenario" vorbereiten. Zumindest dann, wenn Frau Schmidt das Versandhandelsverbot aufhebt, sollte die ABDA medienwirksam und blitzschnell in der Lage sein, mit einem wasserdichten Versandhandelskonzept vorzupirschen, das sowohl für die Patienten als auch für die deutschen Apotheker im Sinne einer Schadensbegrenzung noch am verträglichsten ist.
Claus Ritzi
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