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VFA stellt Studie zu Analog-Arzneimitteln vor: Diskriminierung von Analogpräp
Als Analogpräparate gelten solche innovativen Arzneimittel, die kein gänzlich neues Wirkprinzip begründen, sondern eine chemische Variation hiervon darstellen. Diese auch Me-toos genannten Präparate sind vielen, die um Einsparungen im Gesundheitswesen bemüht sind, ein Dorn im Auge. Der Pharmaindustrie wird vorgeworfen, sich größtenteils auf diesen Markt verlagert zu haben, weil sie so durch einfache chemische Veränderungen neue Patente erlangen könnten. Leidtragende ist dabei den Kritikern zufolge die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). So haben die Autoren des Arzneiverordnungsreports (AVR) 2001 erhebliche Einsparvolumina errechnet, würden Analoga mit dem jeweils preisgünstigsten Generikum substituiert: im Jahr 2000 hätten allein bei den Protonenpumpenhemmern 99,7 Mio. Euro eingespart werden können, heißt es im AVR.
Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen hat im vergangenen Jahr vorgeschlagen, eine Kosten-Nutzen-Bewertung für pharmakologische Neuerungen durch eine unabhängige Institution einzuführen. Diese "vierte" Hürde sollte als Entscheidungsgrundlage für die Zulassung zum GKV-Markt dienen. Dieser Vorschlag stieß bei Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt auf offene Ohren: Sie möchte alsbald ein solches Institut errichten. Was nur zehn Prozent mehr Nutzen bietet als bereits erhältliche Arzneimittel, aber dabei 300 Prozent teurer ist, soll aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen herausfallen, so die Ministerin.
Me-toos sind essenziell für den Fortschritt
Die forschenden Arzneimittelhersteller hören derartiges nicht gerne. Und so gaben sie eine Studie zu Analog-Wirkstoffen im Arzneimittelmarkt in Auftrag. Am 2. Juli präsentierten der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) Dr. Dr. Andreas Barner und der IGES-Geschäftsführer Dr. Bertram Häussler die Studie in Berlin der Öffentlichkeit. Die Ergebnisse mögen Me-too-Kritiker überraschen:
- Analog-Präparate sind in den meisten Fällen Ergebnisse von Parallelforschung, d. h. zeitgleicher originärer Forschung und essenziell für den therapeutischen Fortschritt.
- Analog-Präparate führen in vielen Wirkstoffgruppen erst zum Durchbruch einer neuen Therapie, die von der Erstsubstanz angestoßen wurde.
- Analog-Präparate ermöglichen den Krankenkassen deutliche Einsparungen bei den Kosten für die Arzneimittelversorgung.
Häussler erläuterte die Vorgehensweise bei der Studie: Untersucht wurde zum einen, welche Bedeutung Analog-Wirkstoffen in medizinischer Hinsicht zukommt, zum anderen welche Auswirkungen sie auf die GKV-Ausgaben haben. Dabei nahm IGES 16 Wirkstoffgruppen genauer unter die Lupe. Diese wurden hinausgefiltert aus den insgesamt 435 Wirkstoffen, die zwischen dem 1. Januar 1980 und dem 31. Dezember 2000 neu auf den Markt gekommen sind. Davon hatten 70 eine neue Wirkstoffgruppe begründet. Von diesen 70 Gruppen waren es nur 16, in denen im beobachteten Zeitraum auch Generika entstanden sind. Da der GKV nur in diesen Gruppen finanzielle Nachteile entstehen können, beschränkt sich die Studie auf diese 16 Gruppen. Innerhalb dieser Gruppen war wiederum nur in 11 mindestens ein Analog-Präparat auf den Markt gekommen. Insgesamt waren es 50 verschiedene Analog-Wirkstoffe.
Parallelforschung statt Nachahmung
Die Feststellung, dass Analog-Arzneimittel häufig Folge von Parallelforschung sind, machte Häussler anhand der ACE-Hemmer, bei denen es mit 12 Wirkstoffen besonders viele Analoga gibt, deutlich: Bereits 1968 setzten die Forschungstätigkeiten in dieser Wirkstoffgruppe ein. 1976 wurde der erste erfolgversprechende Wirkstoff Captopril patentiert – erst Ende 1980 kam er unter dem Handelsnamen Lopirin auf den Markt. Noch vor der Markteinführung Captoprils wurden sechs weitere Wirkstoffe der Gruppe patentiert.
Die letzte Patentanmeldung unter den restlichen analogen ACE-Hemmern erfolgte nur 1,6 Jahre nach der Einführung des Original-Wirkstoffs. Zu diesem Zeitpunkt lagen nicht selten zehn Jahre zwischen Patentanmeldung und Markteinführung. Alle Forschungsprojekte, so Häussler, seien zu einem Zeitpunkt begonnen worden, da man sich des heutigen Erfolges der Medikamente noch nicht sicher sein konnte. Barner wies darauf hin, dass sich diese Wirkstoffgruppe erst 1990 als Standardtherapie gegen Hypertonie etablierte – von "Nachahmer-Präparaten" könne daher keine Rede sein.
Therapeutischer Fortschritt durch Analoga
Die Studie brachte zudem zutage, dass die Entwicklung von Analogpräparaten wichtige therapeutische Alternativen hervorbringe, so Häussler. Verbesserungen ließen sich hinsichtlich der Neben- und Wechselwirkungen sowie der Pharmakokinetik feststellen. Auf der anderen Seite räumte Häussler aber auch die Existenz von Analogpräparaten ein (z. B. bei den ACE-Hemmern), die keinen therapeutischen Fortschritt darstellten. Allerdings sei deren wirtschaftliche Bedeutung in aller Regel gering, erklärte Häussler.
Barner ergänzte, dass die therapeutische Bedeutung von Analog-Arzneimitteln auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Verfassern der Positivliste bewusst sei: In der von der WHO herausgegebenen Liste der "essentiellen Arzneimittel" würden neben Original-Wirkstoffen auch eine Reihe von Analog-Wirkstoffen aufgeführt – das gleiche gelte für den Entwurf der Vorschlagsliste zur Positivliste.
Einsparungen überwiegen Mehrkosten
Auch auf die GKV-Ausgaben wirkt sich die Einführung von Analoga regelmäßig kostendämpfend aus, so der IGES-Chef. Allerdings seien diese Auswirkungen erst ab dem Jahr 1989 sinnvoll zu ermitteln, da seitdem stärkere staatliche Regulierungen im GKV-Arzneimittelmarkt griffen. So wurden für die Studie unter diesem Aspekt nur die Protonenpumpenhemmer und die Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten näher untersucht. Nur diese beiden Wirkstoffgruppen wurden seither eingeführt und haben zudem schon Generika hervorgebracht. Bei den Protonenpumpenhemmern habe sich gezeigt, dass der Wettbewerb zwischen Original- und Analog-Wirkstoffen vor Einführung von Generika zu Preissenkungen und Verordnungs-Verlagerungen zu den preiswerteren Analoga geführt habe. Wenn im AVR von einem bestehenden Einsparpotenzial die Rede sei, so müsste dies gegen Einsparungen in Höhe von 205 Mio. Euro aufgerechnet werden, die Analoga vor Einführung der Generika realisieren konnten, so Barner.
Bei den Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten ist das Bild allerdings anders: hier stiegen die Analoga preislich höher ein als die Originale und führten so zu Mehrausgaben von ca. 31 Mio. Euro. Häussler zog dennoch das Fazit, dass unter den gegenwärtigen Regelungen das Angebot von Analog-Wirkstoffen nicht zwangsläufig zu Mehrausgaben führe – soweit vorhanden würden sie jedenfalls durch Einsparungen bei anderen Wirkstoffen überwiegen.
Barner sieht die forschenden Arzneimittelhersteller durch die Studie in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Plänen der Bundesgesundheitsministerin bestätigt: Analoga böten eine Reihe von Vorteilen. Wer mit einer vierten Hürde den Zugang zu Innovationen unnötig verzögern wolle, müsse sich auch den Folgen stellen: "Jeder Tag an dem ein zugelassenes wichtiges Medikament nicht zur Verfügung steht, ist ein Tag zu viel".
Die komplette Studie kann aus dem Internet unter www.vfa.de/analogstudie heruntergeladen werden.
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