Rechtsprechung aktuell

Neues Gesetz stärkt Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang

Wer seine Apotheke verkaufen will oder beabsichtigt, eine bestehende Apotheke zu übernehmen, muss seit dem 1. April 2002 neue Vorschriften für den Betriebsübergang beachten: Eine Änderung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stärkt nun die Rechte der Arbeitnehmer, indem es dem alten oder neuen Betriebsinhaber eine Unterrichtungspflicht über den Betriebsübergang auferlegt.

Der neu gestaltete § 613 a BGB hat zwei neue Absätze erhalten: In Absatz 5 ist nunmehr bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber verpflichtet ist, die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer über folgende Punkte schriftlich zu unterrichten:

  • Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Übergangs,
  • Grund für den Übergang,
  • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für den Arbeitnehmer,
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Absatz 6 gibt dem Arbeitnehmer das Recht, dieser Unterrichtung innerhalb eines Monats nach Zugang der Erklärung schriftlich zu widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem alten oder dem neuen Betriebsinhaber erfolgen.

Die Gesetzesänderung setzt europarechtliche Vorgaben um (Art. 7 VI der sog. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. 3. 2001). Bislang galt es als anerkanntes Richterrecht, dass einem Arbeitnehmer gegen die gesetzlich vorgesehene (Arbeits-)Vertragsübernahme durch den Betriebserwerber ein Widerspruchsrecht zustand. Nun sind die entsprechenden Details und vor allem auch die Pflichten des Betriebsinhabers gesetzlich bestimmt worden.

Wann ist die Unterrichtung fehlerfrei?

Wer also einen Betriebsübergang in der Apotheke plant, tut gut daran, dies möglichst mindestens einen Monat zuvor seinen Mitarbeitern in der o.g. Form mitzuteilen. Dabei keinen der genannten Punkte vergessen! Denn die Widerspruchsfrist des Arbeitnehmers beginnt nur zu laufen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist [1]. Und der neue Inhaber kann nur dann Sicherheit über den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse erlangen, wenn er einen Widerspruch der Beschäftigten nicht mehr erwarten muss.

Die Anforderungen an eine fehlerfreie Erklärung sind dabei durchaus zumutbar: So reicht bei der Angabe des Grundes des Betriebsübergangs eine schlagwortartige Schilderung der Begebenheiten (z. B. Betriebsübergang durch Veräußerung von X an Y). Weitgehende wirtschaftliche oder rechtliche Ausführungen sind weder dem Arbeitgeber zumutbar, noch nutzen sie dem Arbeitnehmer [2].

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für den Arbeitnehmer ergeben sich bereits aus § 613 a Abs. 1 bis 4 BGB: Das Arbeitsverhältnis mitsamt seiner Rechte und Pflichten besteht weiter, der normale Kündigungsschutz ebenfalls.

Dieser Gesetzestext muss allerdings nicht in dem Schreiben wiedergegeben werden – es gilt die Prämisse, dass die Beteiligten die einschlägigen Rechtsnormen kennen bzw. sich leicht Kenntnis über ihren Inhalt verschaffen können (gilt auch für Widerspruchsrecht) [3]. In Aussicht genommene Maßnahmen könnten etwa Weiterbildungsmaßnahmen bei einer Umstrukturierung des Betriebs sein – in der Apotheke dürften derartige Maßnahmen, welche die berufliche Entwicklung der Arbeitnehmer betreffen, eher selten sein.

Der Gesetzestext erfordert auch lediglich die Unterrichtung der beabsichtigten Maßnahmen für alle Arbeitnehmer, Individualisierungen sind also nicht nötig. In der Regel wird es daher reichen, ein einziges Unterrichtungsschreiben zu verfassen, das sodann alle Arbeitnehmer einzeln erhalten. Ein in den Betriebsräumen aufgehängtes Schreiben reicht nicht aus!

[1] bis [3]: Willemsen/Lembke in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 2002, S. 1159 ff.

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