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LG Saarbrücken: Einstweilige Verfügung gegen hohe Importrabatte
Das Landgericht Saarbrücken hat am 24. Juli eine einstweilige Verfügung gegen den Arzneimittelimporteur kohlpharma GmbH erlassen. Darin wird es dem Unternehmen verboten, den Apotheken Rabatte von 18% oder 20% anzubieten oder zu gewähren. Als Ordnungsgeld bei Zuwiderhandlung werden 250 000 Euro angedroht. Der Beschluss folgt einem Antrag der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg.
Die Grundlage für den Antrag bildet die Werbung des Arzneimittelimporteurs. So wurde in einer Sonderaktion im März 2002 ein Barrabatt von 18% in einem "Sorglospaket" aus Anlass der neuen Importquotenregelung angeboten. In einem anderen Angebot wurden 20% Rabatt angeboten.
Rabatte – gesetzeswidrig oder marktüblich?
Bereits im Mai hatte die Wettbewerbszentrale von dem Importeur eine Unterlassungserklärung gefordert, weil Rabatte in Höhe von 18% dem gesetzgeberischen Willen zuwiderliefen. Ein solches Angebot setze sich über die Arzneimittelpreisverordnung hinweg und verschaffe dem Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung.
Der Importeur lehnte es ab, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Arzneimittelpreisverordnung sehe kein Verbot von Rabatten, in welcher Höhe auch immer, vor. Die Höhe der Rabatte sei durchaus marktüblich. Außerdem beschränke sich die damals beanstandete Aktion auf ausgewählte Produkte, könne von jeder Apotheke nur einmal wahrgenommen werden und sei zeitlich begrenzt.
Nachdem kohlpharma eine weitere Unterlassungserklärung ablehnte, reichte die Wettbewerbszentrale Klage ein. In ihrem Antrag heißt es, die Preisspannen der Arzneimittelpreisverordnung müssten "den berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher, der Tierärzte, der Apotheken und des Großhandels Rechnung tragen". Ein gesetzgeberisches Hauptziel sei, "zur Senkung der Arzneimittelpreise die Apothekenspannen zu kürzen und eine preisliche Transparenz herzustellen". Nach der Rechtsprechung des BGH seien als Herstellerabgabepreise die tatsächlichen Abgabepreise und nicht höhere Listenpreise, die nicht mehr praktiziert würden, zu verstehen. Dies werde durch Rabatte in Höhe von 18% oder 20% unterlaufen.
Hierzu wird ein Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 12. März 2002 angeführt. Dabei geht es um Arzneimittel, die nur vom Hersteller an die Apotheken geliefert werden, geregelt in § 3 (2) Ziffer 2 AMpreisV. In dem Beschluss heiße es, Rabatte oberhalb der Höchstzuschläge der Großhandelsspanne würden der beabsichtigten Regulierung entgegenstehen, die Preisspanne der Apotheken zu limitieren. Das gesetzgeberische Ziel werde unterlaufen, wenn zu Lasten des Verbrauchers der Herstellerabgabepreis künstlich erhöht und den Apotheken eine nach Arzneimittelpreisverordnung nicht mögliche Preisspanne eröffnet wird.
Gegenüber der DAZ erklärte die bei der Wettbewerbszentrale tätige Rechtsanwältin Christiane Köber, es gehe darum, eine gerichtliche Klärung der Problematik herbeizuführen. Die Wettbewerbszentrale klage aus grundsätzlichem Interesse, es gehe nicht darum, ob ein auftraggebendes Unternehmen wettbewerbliche Nachteile durch die beanstandeten Rabatte erleide.
Lieferung künftig über speziellen Großhändler
Kohlpharma-Sprecher Jörg Geller betonte gegenüber der DAZ, dass der Versuch einer gütlichen Einigung gescheitert sei. Vermittlungsbemühungen, auch aus Kreisen des DAV, seien erfolglos geblieben. Die Wettbewerbszentrale soll auch nicht bereit gewesen sein, die einstweilige Verfügung bis zu einer mündlichen Verhandlung ruhen zu lassen. Kohlpharma habe nun gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt, eine mündliche Verhandlung erwarte er innerhalb von zwei Wochen.
Als unmittelbare Reaktion hat die kohlpharma GmbH den Großhandel Kohl Pharmahandel GmbH in die Belieferungskette eingebunden. Dieser Großhandel werde den Apotheken die zuvor ausgehandelten Konditionen bieten. Die Kunden des Unternehmens wurden mit einem Schreiben vom 31. Juli über das Geschehen und die Änderung des Vertriebs informiert. Auszüge aus diesem Schreiben finden Sie im nebenstehenden Kasten.
Die Tücken der Importquote
In den gewöhnlich gut informierten Kreisen werden als angebliche Auftraggeber der Wettbewerbszentrale verschiedene renommierte Unternehmen der forschenden Pharmaindustrie genannt, die unter der Reimportregelung besonders leiden dürften. Hierüber sprach die DAZ mit Dr. Martin Weiser, der bei Aventis Pharma die Gesundheitspolitik beobachtet und gleichzeitig Mitglied des ABDA-Gesamtvorstandes ist. Weiser wies mit Nachdruck Gerüchte zurück, nach denen Aventis auf die Klage hingewirkt habe. Die Ursache für solche Gerüchte könne sein, dass sich Aventis-Manager mehrfach deutlich gegen die derzeitige Importregelung geäußert hätten.
Daher begrüße Aventis auch die einstweilige Verfügung, die die Importregelung erneut auf die Tagesordnung bringe. Nach Einführung der Importquote seien die Importpreise vielfach gestiegen, gleichzeitig seien mehr Rabatte gewährt worden. So bleibe die beabsichtigte Einsparung bei den Krankenkassen weitgehend aus. Vielmehr sei die Entwicklung volkswirtschaftlich unsinnig, weil die Ersparnis bei den Krankenkassen geringer als der volkswirtschaftliche Nachteil durch den Bezug aus dem Ausland sei. Diese Problematik sei unabhängig von anderen Rabatten.
Rabatte für nicht importierte Arzneimittel
Auf diese Unterschiede zwischen Rabatten auf Importe und auf andere Arzneimittel gilt es immer wieder hinzuweisen. Doch in dem Antrag der Wettbewerbszentrale wird vorrangig darauf abgestellt, dass die Höhe der Rabatte über der Großhandelsspanne liegt. Hinweise auf die besonderen Hintergründe der neuen Importregelung finden sich dort kaum.
Allerdings wird in dem Antrag der bereits erwähnte Beschluss des Landgerichts Hamburg weiter zitiert. Demnach seien für Arzneimittel, die sowohl vom Großhandel als auch vom Hersteller direkt vertrieben werden, größere Preisspannen möglich. Dann könne der Zuschlag gemäß § 3 (2) Ziffer 1 AMpreisV auf die Summe aus Herstellerabgabepreis und Großhandelshöchstzuschlag erhoben werden, obwohl der Großhandelszuschlag wegen der Direktbelieferung gar nicht angefallen sei. Dies solle die Nachteile der Apotheken durch die Direktbelieferung ausgleichen.
Angesichts dieser komplizierten Zusammenhänge kann die gerichtliche Verhandlung mit Spannung erwartet werden. Erste kommentierende Stimmen von Seiten der Apotheker bedauern jedoch, dass nun neben die vielfältigen politischen Bedrohungen der Arzneimittelpreisbildung ein neues juristisches Problem getreten ist.
Kasten: Auszüge aus einem Brief der kohlpharma GmbH vom 31. Juli 2002 an ihre Kunden:
(...) "aufgrund einer von der Wettbewerbszentrale Bad Homburg beantragten und vom Landgericht Saarbrücken erlassenen einstweiligen Verfügung ist es der kohlpharma GmbH leider ab sofort untersagt, Direkt-Bestellungen in der gewohnten Weise zu rabattieren.
Wir wurden informiert, dass die Auftraggeber der Wettbewerbszentrale an einer grundsätzlichen Klärung der Frage interessiert sind, ob und in welchem Umfang Hersteller Rabatte an Apotheken zu gewähren berechtigt sind. Wir sind überzeugt davon, dass mindestens ein bedeutender Originalhersteller diese Maßnahmen billigt und davon Kenntnis hatte.
Trotz aller Bemühungen der ABDA, des DAV und des BAH konnten die Wettbewerbszentrale und ihre Auftraggeber nicht überzeugt werden, einzusehen, in welchem Maße die uns vorliegende einstweilige Verfügung geeignet ist, die finanzielle Grundlage der deutschen Apothekerschaft zu erschüttern. Wir bedauern dieses Verhalten zutiefst.
Selbstverständlich haben wir mit Kenntnis der o. g. Verbände Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt und erwarten eine mündliche Verhandlung in den nächsten zwei Wochen.
Um finanzielle Nachteile für Sie zu vermeiden, haben wir den Großhandel Kohl Pharmahandel GmbH in die Lage versetzt, Ihre bei uns eingehenden Direkt-Bestellungen auf dem Wege des Überweisungsauftrages zu den mit Ihnen abgestimmten Konditionen zu erfüllen." (...)
Auch mitten im Sommer wird dem Thema Arzneimittelpreisbildung keine Ruhe gegönnt: Das Landgericht Saarbrücken hat am 24. Juli eine einstweilige Verfügung gegen den Arzneimittelimporteur kohlpharma GmbH erlassen. Darin wird es dem Unternehmen verboten, den Apotheken Rabatte von 18% oder 20% anzubieten oder zu gewähren.
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