Arzneimittel und Therapie

Bisphosphonate: Zoledronsäure verhindert krebsbedingte Knochenkomplikationen

Das Bisphosphonat Zoledronsäure (Zometa®), das bislang zur Behandlung der tumorinduzierten Hyperkalzämie eingesetzt wurde, hat nun auch die Zulassung zur Behandlung krebsbedingter Knochenkomplikationen erhalten. Die Erweiterung der Zulassung durch die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) basiert auf den Daten aus drei großen internationalen klinischen Studien. In diesen konnte gezeigt werden, dass durch die Behandlung mit Zoledronsäure skelettbezogene Komplikationen bei Patienten mit multiplem Myelom und mit Knochenmetastasen solider Tumore signifikant verringert werden, und dass das erstmalige Auftreten der Knochenkomplikationen hinausgezögert wird.

Knochenmetastasen sind, je nach Tumorart, eine häufig auftretende Komplikation. So haben beispielsweise mehr als 85% der Männer mit Prostatakarzinom zum Zeitpunkt ihres Todes Knochenmetastasen. Beim Mammakarzinom ist bekannt, dass im fortgeschrittenen Tumorstadium in etwa 75% der Fälle eine Knochenmetastasierung auftritt. Das bedeutet, dass jährlich etwa 20 000 Brustkrebs-Patientinnen in Deutschland aufgrund von Knochenmetastasen behandelt werden müssen.

Grundsätzlich werden klinisch drei Typen einer Knochenmetastasierung unterschieden:

  • Osteolytische Metastasen: Die Tumorzellen zerstören die Knochensubstanz, und es kommt zu einem überproportionalen Abbau der Knochenmasse.
  • Osteoblastische Metastasen: Die Tumorzellen bauen scheinbar neue Knochensubstanz auf, diese ist jedoch nicht so stabil wie gesunde Knochensubstanz, sodass es trotzdem zu Frakturen kommt. Osteoblastische Metastasen treten beim Prostatakarzinom häufig auf.
  • Osteolytisch-osteoblastische Metastasen: Hierbei handelt es sich um eine Mischform beider Typen. Sie ist typisch für Knochenmetastasen beim Mammakarzinom.

Schmerzen und Brüche als Folge der Knochenmetastasen

Obwohl Knochenmetastasen bei vielen Patienten über längere Zeit ohne Symptome sein können, sind sie mit einer Vielzahl teils schwerwiegender Probleme verbunden. Die wichtigsten Beschwerden sind Schmerzen, die Gefahr eines Knochenbruches und eine Schädigung des Rückenmarkes durch Metastasen der davor liegenden Wirbelsäule ("neurologische" Symptome, Gefahr einer Querschnittslähmung). Damit einher geht eine erhebliche Verminderung der Lebensqualität.

Die mittlere Lebenserwartung ist – je nach Tumorerkrankung – nach Diagnose der Knochenmetastasierung unterschiedlich. Bei Patienten mit Prostata- oder Mammakarzinomen beträgt die Lebenserwartung ca. 2,5 Jahre, bei Patienten mit einem Bronchialkarzinom oder einem malignen Melanom liegt sie dagegen unter 6 Monaten. Gerade bei Tumoren mit längerer Lebenserwartung nach Diagnose einer Knochenmetastasierung ist eine erfolgreiche Therapie der Metastasen zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebensqualität von herausragender Bedeutung.

Therapeutischer Standard ist die Strahlentherapie

Die Strahlentherapie hat einen hohen Stellenwert in der Therapie von Knochenmetastasen. Sie wird bei schmerzhaften Knochenläsionen, bei der drohenden Gefahr eines Bruches oder bei der Gefahr von Nervenlähmungen im Bereich des Rückenmarkes eingesetzt. Durch in der Regel zehn Bestrahlungen über insgesamt zwei Wochen kann bei 60 bis 80% der Patienten eine deutliche Schmerzlinderung bis hin zur Beschwerdefreiheit erreicht werden. In 60 bis 70% der Fälle hält das Ergebnis bis zum Lebensende an.

Die Wirkung der Strahlentherapie tritt allerdings mit einer Verzögerung von einer bis mehreren Wochen ein. Wegen dieses zeitlich verzögerten Effektes muss ein Teil der Patienten operativ versorgt werden, z. B. durch eine künstliche Hüftprothese, um die Stabilität des Knochens zu sichern. In diesen Fällen muss eine zusätzliche Strahlentherapie erfolgen, da die Tumorzellen sonst den Knochen erneut instabil werden lassen würden.

Bisphosphonate zur Prävention und Behandlung von Knochenmetastasen

Bisphosphonate spielten in der Prävention und Behandlung von Knochenmetastasen bislang nur beim Mammakarzinom und beim multiplen Myelom eine größere Rolle. Zum Einsatz kam hauptsächlich die Pamidronsäure, die für die Behandlung von Knochenmetastasen bei diesen Krebsarten auch eine Zulassung besitzt.

Mit der Zoledronsäure (Zometa®) steht nun ein weiteres Bisphosphonat für die Indikation zur Verfügung. Bereits im Februar erteilte die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung für Zoledronsäure für die Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom sowie für Patienten mit dokumentierten Knochenmetastasen bei soliden Tumoren. Dazu zählen Prostata-, Brust-, Lungen- und Nierenkrebs und andere solide Tumorarten.

Umfangreiche klinische Daten

Die Zulassung für die Europäische Union (EU) folgte nun vergangene Woche. Sie basiert auf Daten aus drei großen internationalen klinischen Studien mit über 3000 Patienten mit multiplem Myelom, Prostata-, Brust-, Lungenkrebs und anderen soliden Tumorarten, die in den klinischen Studien untersucht wurden. Dies ist die umfangreichste Reihe klinischer Studien, die zur Prüfung der Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Bisphosphonats in der Verhinderung von Skelettkomplikationen bei Patienten mit Knochenmetastasen durchgeführt wurde. Die Studien untersuchten die Verabreichung von 4 mg Zoledronsäure in 15-minütigen Infusionen alle drei bis vier Wochen.

Bei Prostatakrebs wies Zoledronsäure eine statistisch signifikante Wirksamkeit gegenüber Plazebo in der Behandlung von Knochenmetastasen auf sowie eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zum Auftreten des ersten skelettbezogenen Ereignisses.

Bei Lungenkrebs führte Zoledronsäure ebenfalls zu einer signifikanten Verlängerung der mittleren Zeit bis zum Eintritt des ersten Ereignisses im Vergleich zu Plazebo. Mit diesen Studien wurde erstmals die Wirksamkeit eines Bisphosphonats in der Behandlung dieser Zustände von Prostata- und Lungenkrebs im Rahmen gut kontrollierter klinischer Studien belegt.

Bei Brustkrebs und multiplem Myelom war Zoledronsäure gleich wirksam und gleich gut verträglich wie die derzeitige Standardbehandlung Pamidronsäure (Aredia®) – allerdings mit den zusätzlichen Vorteilen einer 15-Minuten-Infusionszeit gegenüber 90 Minuten bei Pamidronsäure sowie einer deutlich niedrigeren Dosierung.

Kontraindikationen und unerwünschte Wirkungen

Zoledronsäure wurde in den klinischen Studien im Allgemeinen gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren ein erkältungsähnliches Syndrom (Fieber, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Skelettschmerzen), Müdigkeit, Magen-Darm-Reaktionen, Anämie, Asthenie, Husten, Atemnot und Ödeme. Zoledronsäure und andere Bisphosphonate wurden gelegentlich mit Berichten über Niereninsuffizienz in Verbindung gebracht. Deshalb sollte vor der Verabreichung von Zoledronsäure das Serumkreatinin der Patienten gemessen werden.

Auch sollte eine Dosis Zoledronsäure 4 mg nicht überschreiten und die Infusionsdauer nicht weniger als 15 Minuten betragen. Vorsicht ist geboten, wenn Zoledronsäure mit anderen potenziell nephrotoxischen Arzneimitteln verabreicht wird. So kann sich bei Patienten mit multiplem Myelom das Risiko für eine Verschlechterung der Nierenfunktion erhöhen, wenn Zoledronsäure zusammen mit Thalidomid angewendet wird.

Quelle

Prof. Dr. Thomas Wiegel, Berlin; Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt, Heidelberg; Bernd Natusch, Wiesbaden; Prof. Dr. Ingo Diel, Mannheim; Prof. Dr. Kurt Miller, Berlin; Fachpressekonferenz "Zulassung von Zometa® zur Prävention von Skelettkomplikationen durch Knochenmetastasen", Eltville-Frankfurt, 31. Juli 2002, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.

Das Bisphosphonat Zoledronsäure (Zometa), das bislang zur Behandlung der tumorinduzierten Hyperkalzämie eingesetzt wurde, hat nun auch die Zulassung zur Behandlung krebsbedingter Knochenkomplikationen erhalten. Die Erweiterung der Zulassung durch die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) basiert auf den Daten aus drei großen internationalen klinischen Studien. Demnach kann die Behandlung mit Zoledronsäure skelettbezogene Komplikationen bei Patienten mit multiplem Myelom und mit Knochenmetastasen solider Tumoren signifikant verringern und das erstmalige Auftreten der Knochenkomplikationen hinauszögern.  

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