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Schmidt-Zadel: Apotheker sollten nicht in Kältestarre verfallen (DAZ-Interview)

(im). Kurz vor der Bundestagswahl haben wir die Gesundheitsexperten der Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen in Berlin gebeten, zu einigen Fragen Stellung zu beziehen, die ApothekerInnen, PTA und PKA auf den Nägeln brennen. In den vorherigen Ausgaben der DAZ konnten Sie bereits die Meinung von Horst Seehofer (CSU) und Dr. Dieter Thomae (FDP) lesen. In dieser Folge bewertet Regina Schmidt-Zadel von der SPD den jetzigen Distributionsweg bei Arzneimitteln. Auch wenn der gut organisiert sei, sollte man Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sein. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion hält es für sinnvoll, das Für und Wider eines Versandhandels zu diskutieren. Die Aut-idem-Regelung verteidigt sie als richtig. Die Neuregelung habe die Position der Apotheker sogar gestärkt. Auf Reimporte würde die Sozialdemokratin nicht verzichten wollen. Die Fragen an Regina Schmidt-Zadel richtete DAZ-Korrespondentin Susanne Imhoff-Hasse.

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Wie beurteilt die SPD-Bundestagsfraktion den jetzigen Distributionsweg bei Arzneimitteln? Teilen Sie die Ansicht von Fachleuten, dass er bei flächendeckender Versorgung der Bevölkerung sicher und kostengünstig ist?

Schmidt-Zadel:

Der Medikamenten-Distributionsweg durch die Apotheken in unserem Land ist bereits heute durch viele engagierte ApothekerInnen zuverlässig und gut organisiert. Dies sollte aber niemanden in eine innovative Kältestarre verfallen lassen. In der Vergangenheit hat es regelmäßig die Chance gegeben, aus etwas Gutem etwas ganz Besonderes zu machen. Angst vor Neuerungen war noch nie ratsam. Um auf Ihre Frage und die angesprochenen Distributionskosten zu antworten, so ist das mit den befragten Fachleuten so eine Sache. So mancher von mir befragte Fachmann würde auf Ihre Frage antworten, dass der Arzneivertrieb in Deutschland deutlich überteuert sei. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich als Gesundheitspolitikerin alle Meinungen berücksichtigen muss.

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Uns interessiert Ihre Meinung zum Versandhandel mit Arzneimitteln. Warum puscht die SPD den Versandhandel via Internet, dessen Verbot erst 1998 ins Gesetz aufgenommen wurde? Sehen Sie die Gefahr für das jetzige funktionierende System in Deutschland?

Schmidt-Zadel:

Ich möchte Sie an dieser Stelle auf einen Fehler in Ihrer Begriffsdefinition, welche sich auch in der Kampagne "Pro Apotheke" wiederfindet, hinweisen. Die SPD hält es für sinnvoll, die Vor- und Nachteile einer Legitimation von Versandhandelsformen zu diskutieren. Mit Versandhandel ist der Transport eines Medikamentes aus der Hand eines qualifizierten Apothekers in die Hand des Patienten gemeint. Mit Internet haben diese Überlegungen nichts gemeinsam, denn trotz aller technischer Entwicklung kann es noch keine Waren physisch transportieren. Die Aussage, dass die SPD den Internethandel einführen will, ist schlicht falsch.

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Für die Apotheken brachte das ArzneimittelausgabenBegrenzungsgesetz erhebliche Belastungen. Kritiker sagen, dass einige Bestimmungen unkoordiniert nebeneinander etabliert wurden: z. B. die Aut-idem-Regelung bei gleichzeitiger Erhöhung des Kassenrabatts auf sechs Prozent und die nach wie vor gültigen Festbeträge. Wie stehen Sie dazu?

Schmidt-Zadel:

Es muss der Ehrlichkeit halber gesagt werden, dass zuallererst die Apothekerschaft aut idem gefordert und unterstützt hat. Das Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz hat für Apotheken auf der einen Seite Belastungen gebracht. Auf der anderen Seite wird die Aut-idem-Regelung zu langfristigen Entlastungen der einzelnen Apotheken führen. Ich halte das von Ihnen kritisch hinterfragte Gesetz aus dem Grund für richtig, weil es die bestehenden Finanzzwänge der solidarischen Krankenversicherung wie auch das Ziel zu mehr logistischer Kosteneffektivität zusammenfasst.

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Die Apotheker ärgert bei der jetzigen Aut-idem-Regelung, dass ausschließlich der Preis maßgeblich ist und nicht die Auswahl unter pharmazeutischen Gesichtspunkten. Wie ist Ihre Haltung dazu?

Schmidt-Zadel:

Es besteht kein Zweifel daran, dass Sie als Pharmazeuten die Experten der Wirk- und Hilfsstoffwirkung sind. Daher verstehe ich das durch Ihre Frage ausgedrückte Ansinnen, dass Sie als Pharmazeuten weiterführenden therapeutischen Einfluss in der medikamentösen Behandlung von Erkrankungen gewinnen möchten. Ich gehe davon aus, dass Ihnen bewusst ist, dass die medikamentöse Therapie von Erkrankungen in einer Schnittstelle von Ärzteschaft und Pharmazeuten liegt. Eine inhaltliche Klärung der Frage, wer hat die medikamentöse Therapiehoheit, kann auch in Ihrem Interesse nicht von politischer Seite erfolgen. Ich halte diesen Punkt für in Zukunft durchaus diskussionswürdig. Bitte erlauben Sie mir aber die Aussage, dass die neu eingeführte Aut-idem-Regelung, welche sich am Preis des Präparates orientiert, Ihnen deutlich mehr fachliche wie finanzielle Möglichkeiten eröffnet. Die jetzige Regierung hat die Position der Apothekerschaft also gestärkt und nicht etwa geschwächt. Ich bin froh, dass mir auch von Vertretern Ihres Berufsstandes zu dieser Gesetzesänderung Zustimmung signalisiert wird.

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Was sagt die SPD zu dem Argument, nicht so sehr die Ausgaben als vielmehr die sinkenden Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung seien das Problem (z. B. geringere Einnahmen wegen Arbeitslosigkeit)? Wie würden die Sozialdemokraten im Falle einer Regierungsbeteiligung die Einnahmen stabilisieren?

Schmidt-Zadel:

Die solidarische Krankenversicherung hat naturgemäß Einnahmen und Ausgaben. Beide Parameter müssen regelmäßig überprüft werden. Ich als Geschäftsmann würde auch beständig auf mehr Umsatz als auf den Teuroeffekt setzen. Als Vertreter der Interessen der Versicherten muss ich auf die notwendige Versorgung und die sparsame und effiziente Verwendung der zur Verfügung stehenden Finanzmittel achten. Alle Gutachten der jüngeren Vergangenheit, welche sich mit der Ausgabensituation unseres Gesundheitssystems befassen, zeigen mehr als deutlich, dass viel Geld für Überflüssiges ausgegeben wird. An dieser Tatsache kommt kein verantwortungsbewusster Politiker vorbei. Die SPD setzt sich im Interesse aller Bürger für ein effizientes und leistungsfähiges Gesundheitssystem ein. Diesem Grundsatz folgend müssen die Mängel im Ausgabenbereich abgestellt werden.

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Die von der SPD gewollte Förderung der Arzneimittel-Importe bringt in der Apothekenpraxis große Probleme, z. B. bei der Patientencompliance und der Verfügbarkeit der Präparate. Warum die Unterstützung der Importe, bei deren Einfuhr die GKV kaum etwas spart, weil der Löwenanteil bei den Arzneimittel-Importeuren verbleibt?

Schmidt-Zadel:

Die Situation, dass die Medikamentenpreise in Europa höchst unterschiedlich sind, ist unerfreulich, unterliegt aber der Entscheidung der Pharmahersteller. Diese Differenzen machen es erst möglich, dass der (Re)-Import von Medikamenten betrieben wird und sich, wie Sie ausführen, finanziell lohnt. In Anbetracht dessen, dass es sich bei den Medikamenten qualitativ um hochwertige und sichere Präparate handelt, sollte auch in Zukunft mit Blick auf die Finanzen der solidarischen Krankenversicherung nicht auf den (Re)-Import verzichtet werden.

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Gibt es Pläne für Änderungen bei den Zuzahlungen der Patienten zu Arzneimitteln?

Schmidt-Zadel:

Nein.

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Würde die SPD eine "große" Gesundheitsreform im Falle einer Regierungsbeteiligung anstoßen oder auf punktuelle Änderungen setzen?

Schmidt-Zadel:

Für das Gesundheitswesen in Deutschland wird immer an irgendeiner Stelle Regelungsbedarf bestehen. Es ist absehbar, dass in naher Zukunft entscheidende Weichenstellungen vorgenommen werden müssen. Die SPD hat es sich zum Ziel gesetzt, wie in dieser Legislaturperiode auch die Qualität der medizinischen Versorgung der Bürger weiter voranzubringen. Der Finanzier dieses Systems ist jeder Krankenversicherte. Er hat ein Anrecht auf hochwertige Versorgung, umfassenden Verbraucherschutz und einen optimalen Einsatz der vorhandenen finanziellen Mittel.

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Frau Schmidt-Zadel, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

Kastentext

Regina Schmidt-Zadel, graduierte Sozialarbeiterin, ist die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. Die in Horbach im Westerwald geborene Sozialdemokratin ist seit 1969 Mitglied ihrer Partei und seit 1998 beispielsweise Vorsitzende des Unterbezirks Mettmann. Regina Schmidt-Zadel ist seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestags.

Kastentext: Grüne überlastet

Selbstverständlich hat die DAZ auch bei Bündnis 90/Die Grünen angefragt und um Beantwortung der Fragen gebeten. Leider erhielten wir von dort eine Absage - personelle Engpässe und Arbeitsüberlastung wurden als Gründe angegeben. Zitate Der Medikamenten-Distributionsweg durch die Apotheken in unserem Land ist bereits heute durch viele engagierte ApothekerInnen zuverlässig und gut organisiert. Dies sollte aber niemanden in eine innovative Kältestarre verfallen lassen. Regina Schmidt-Zadel, SPD

So mancher von mir befragte Fachmann würde auf Ihre Frage antworten, dass der Arzneivertrieb in Deutschland deutlich überteuert sei. Regina Schmidt-Zadel, SPD

Bitte erlauben Sie mir aber die Aussage, dass die neu eingeführte Aut-idem-Regelung, welche sich am Preis des Präparates orientiert, Ihnen deutlich mehr fachliche wie finanzielle Möglichkeiten eröffnet. Die jetzige Regierung hat die Position der Apothekerschaft also gestärkt und nicht etwa geschwächt. Regina Schmidt-Zadel, SPD

In Anbetracht dessen, dass es sich bei den Medikamenten (Importen, die Red.) qualitativ um hochwertige und sichere Präparate handelt, sollte auch in Zukunft mit Blick auf die Finanzen der solidarischen Krankenversicherung nicht auf den (Re)-Import verzichtet werden. Regina Schmidt-Zadel, SPD

Die SPD hat es sich zum Ziel gesetzt, wie in dieser Legislaturperiode auch die Qualität der medizinischen Versorgung der Bürger weiter voranzubringen. Regina Schmidt-Zadel, SPD

Regina Schmidt-Zadel von der SPD bewertet in unserem Interview den jetzigen Distributionsweg bei Arzneimitteln. Auch wenn der gut organisiert sei, sollte man Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sein. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion hält es für sinnvoll, das Für und Wider eines Versandhandels zu diskutieren. Die Aut-idem-Regelung verteidigt sie als richtig. Die Neuregelung habe die Position der Apotheker sogar gestärkt. Auf Reimporte würde die Sozialdemokratin nicht verzichten wollen. 

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