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Arzneimittel und Therapie
Therapie chronischer Schmerzen: Rasche Hilfe bei Durchbruchschmerzen
Bei Patienten mit chronischen Schmerzen ist es meist mit einer kontinuierlichen Basismedikation nicht getan. Denn viele Patienten entwickeln trotz einer adäquaten Schmerztherapie immer wieder Durchbruchschmerzen - eine vorübergehende Exazerbation bei einem ansonsten kontrollierten chronischen Schmerz, also Schmerzspitzen, die sich immer wieder auf den Dauerschmerz aufpfropfen. Diese Schmerzspitzen treten meist plötzlich auf. Sie dauern nicht sehr lange, sind aber unvorhersehbar und oftmals von extrem hoher Intensität. Sie belasten die Patienten daher erheblich und sie belasten auch die öffentliche Hand: Denn chronisch Schmerzkranke, die immer wieder Durchbruchschmerzen erleben, müssen häufig zum Arzt und werden häufiger hospitalisiert, so dass - ganz unabhängig von der Beeinträchtigung der Betroffenen - auch nicht unerhebliche Kosten entstehen.
Übertherapie vermeiden
Das Problem der Durchbruchschmerzen lässt sich theoretisch dadurch lösen, dass die Basismedikation erheblich verstärkt wird, doch dies kommt einer Übertherapie gleich, weil der Patient die meiste Zeit über eine solch intensive Schmerztherapie gar nicht benötigt. Eine Erhöhung der Grundmedikation bedingt außerdem vermehrte Nebenwirkungen. Sinnvoller ist es somit, dem Patienten Möglichkeiten an die Hand zu geben, mit denen er im Falle des Auftretens eines Durchbruchschmerzes rasch auf diesen reagieren und die Schmerzen lindern kann.
Eine gute und rasche Therapie von Durchbruchschmerzen gewährleistet ein so genanntes oral-transmukosales therapeutisches System (o-TTS), das seit März dieses Jahres unter dem Warenzeichen Actiq® auf dem Markt ist. Es handelt sich um einen Fentanylcitrat-haltigen Stick, bei dem das Opioid in eine Zuckermatrix eingearbeitet ist. Der Stick wird an der Wangenschleimhaut hin und her bewegt, wobei sich die Matrix auflöst und das Fentanyl freisetzt. Dieses wird über die Mundschleimhaut transzellulär unter weitest gehender Umgehung des Magen-Darm-Traktes absorbiert. Im Vergleich zu einer gastral verabreichten Fentanyl-Lösung wird der oral-transmukosale applizierte Wirkstoff signifikant rascher absorbiert, die Spitzenkonzentrationen im Serum sind höher und werden schneller erreicht.
Schmerzlinderung in fünf Minuten
Die neue Darreichungsform des Opioids gewährleistet eine rasche Rezeptorbesetzung und damit eine rasche schmerzlindernde Wirkung. Diese hält für etwa zwei Stunden an, danach sollte der Patient per definitionem nicht mehr von Durchbruchschmerzen, die stets nur von kurzer Dauer sind, beeinträchtigt sein.
Für die Patienten bedeutet das neue System, dass sie im Falle von plötzlich einsetzenden Schmerzen in der Regel innerhalb von nur fünf Minuten eine effektive Linderung ihrer Beschwerden erfahren. Das belegt eine randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie bei 93 Patienten, bei der sich eine signifikante Überlegenheit des Sticks gegenüber Plazebo ergab. In einer doppelblinden Vergleichsstudie gegen retardiertes Morphinsulfat mit Double-Dummy-Design wurde darüber hinaus dokumentiert, dass der Fentanyl-Stick zu allen untersuchten Zeiten eine signifikant bessere Linderung der Durchbruchschmerzen erwirkte als die orale Medikation.
Individuelle Dosistitration
Bei der Dosierung des Stick kann als Faustregel gelten, dass ungefähr 15 bis 20 Prozent der applizierten Standarddosis des jeweiligen Opioids der Basismedikation gewählt werden. Allerdings muss die notwendige Wirkstoffdosis individuell angepasst werden. Der Fentanyl-Stick wird in sechs unterschiedlichen Dosisstärken zur Verfügung stehen (200, 400, 600, 800, 1200 und 1600 µg Fentanyl pro Stick), wodurch eine individuelle Dosierung des Wirkstoffs möglich wird. Die Wirkstärken sind durch unterschiedliche Farben leicht zu unterscheiden. Bei der Dosisfindung sollte dem Patienten die Möglichkeit gegeben werden, möglichst durch den Gebrauch eines einzigen Sticks den Durchbruchschmerz einer Episode ausreichend zu therapieren. Die Initialdosis liegt in aller Regel bei 200 µg Fentanyl und wird so lange gesteigert, bis eine Dosis gefunden wurde, die bei einmaliger Anwendung eine Durchbruchschmerz-Episode ausreichend analgetisch abdeckt.
Kastentext: Extrem hohe Schmerzintensität
Unter Durchbruchschmerzen versteht man die vorübergehende Verschlimmerung von chronischen Schmerzen, die nicht mit einer Opioid-Basismedikation unter Kontrolle gebracht werden können. Diese Schmerzen mit einer extrem hohen Schmerzintensität treten bei Patienten auf, die aufgrund starker chronischer Schmerzen z. B. wegen einer Tumorerkrankung - auf ein langwirksames Opioid eingestellt sind. Durchbruchschmerzen treten schnell und unvorhersehbar auf und halten 30 Minuten bis etwa zwei Stunden an. Zur Behandlung dieser Schmerzen ist die Erhöhung der Grundmedikation nicht geeignet, da dies zu vermehrten Nebenwirkungen führt. Günstiger ist es, ein nicht-retardiertes, kurz wirksames Opioid einzusetzen.
Quelle: Dr. Susanne Stehr-Zirngibl, Bochum, Dr. Peter Hügler, Bottrop, Priv.-Doz. Dr. Lukas Radbruch, Köln; Symposium Actiq® das transmukosale therapeutische System (o-TTS) bei Durchbruchschmerzen, Aachen, 26. September 2002, veranstaltet von Elan Pharma GmbH, München.
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