- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 41/2002
- T. Richter:...
Arzneistoffporträt
T. Richter:Teufelskrallenextrakt bei chronischen Rü
Ressourcenschonender Anbau
Die Teufelskralle (Harpagophytum procumbens) ist im südlichen Afrika, hauptsächlich in den Savannen Namibias und Botswanas, beheimatet. Die arzneilich verwendeten sekundären Speicherwurzeln spielten in der Ethnomedizin schon immer eine große Rolle. Die einheimischen Völker sollen sie hauptsächlich als Fiebermittel, aber auch als Analgetikum verwendet haben.
Die große Nachfrage in den Industrieländern hat nunmehr die Wildvorkommen der Teufelskralle im südlichen Afrika beträchtlich dezimiert. Aufgrund der knappen Bestände kommt es immer wieder zu Verfälschungen mit teilweise giftigen Pflanzenarten. Die Firma Lichtwer hat aus diesem Grunde mit kooperierenden Partnern ein Projekt in Namibia ins Leben gerufen, das den kontrollierten Anbau von Teufelskralle zum Ziel hat (Abb. 1).
In diesem Zusammenhang werden besonders wirkstoffreiche Pflanzen in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ausgewählt und über Stecklinge vegetativ vermehrt. Große Bedeutung kommt auch einem effektiven Bewässerungsverfahren zu, das im Einklang mit den knappen Wasserressourcen im südlichen Afrika steht [1].
Zusammenspiel mehrerer Wirkkomponenten
An der Wirkung der Teufelskralle maßgeblich mitbeteiligt sind Bitterstoffe vom Iridoidtyp, vor allem Harpagosid und Procumbid, ferner freie Zimtsäure sowie Flavonoide. Der in einer klinischen Studie verwendete Trockenextrakt LI 174 (Auszugsmittel: Ethanol 60% [V/V], Droge-Extrakt-Verhältnis: 4,4 - 5,0 : 1) hat einen durchschnittlichen Harpagosid-Anteil von 2,5%. Die empfohlene Tagesdosis des entsprechenden Handelspräparats1 entspricht 960 mg Extrakt bzw. 24 mg Harpagosid. Obwohl mit diesen Werten die in manchen Untersuchungen geforderte Dosis unterschritten wird, konnten dennoch gute therapeutische Effekte erzielt werden. Dies lässt darauf schließen, dass der therapeutische Effekt keineswegs allein vom Harpagosid abhängt, sondern dass auch andere Substanzen dazu beitragen.
Teufelskrallenextrakt blockiert sowohl die Cyclooxygenase als auch die 5-Lipoxygenase, wie sowohl im Tierversuch als auch in vitro gezeigt wurde; dies erklärt seine antiphlogistischen und analgetischen Effekte. Des Weiteren wurde eine verminderte Bildung des Entzündungshemmers Leukotrien C4 beobachtet, was durchaus auch das Fehlen von Nebenwirkungen erklären könnte. Relevant ist auch die Inhibition von Interleukin-2 sowie die Hemmung der Kollagenase im Gelenkknorpel. In Verbindung mit einer Reduktion der Matrix-Metalloproteinasen ergibt sich daraus, dass Teufelskrallenextrakt zur Behandlung von Patienten mit Arthrose infrage kommt.
Plazebokontrollierte Doppelblindstudie belegt Wirksamkeit
Entscheidend für den Nachweis des therapeutischen Nutzens eines Arzneimittels ist das Ergebnis klinischer Studien. Eine plazebokontrollierte Doppelblindstudie zur Prüfung der Wirksamkeit des Teufelskrallenextraktes LI 174 bei chronischen Rückenschmerzen ist an der Schmerzklinik der Universität Kiel durchgeführt worden [2]. 31 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen erhielten vier Wochen lang zweimal täglich (8.00 und 20.00 Uhr) je 1 Tablette mit dem Prüfpräparat (480 mg Extrakt), 32 Patienten wurden in analoger Weise mit einem Plazebo behandelt.
Die Altersstruktur der Patienten, die zwischen 18 und 65 Jahren alt waren, sowie die Geschlechterparität spiegeln sich auch in der täglichen Praxis des Apothekenalltags wider. Fast alle Altersgruppen haben mit chronischen Rückenschmerzen zu tun. Darüber hinaus sind nicht wenige Betroffene mit der ärztlichen Behandlung unzufrieden. Viele Mediziner gehen bei der Diagnostik oft von einer monokausalen Ursache aus, indem sie von so genannten Bandscheibenproblemen ausgehen. Obwohl die gesamte Palette an bildgebenden Verfahren von CT bis Röntgen ausgenutzt wird, bleiben die dabei erzielten Ergebnisse doch weit hinter den vermuteten Einzelursachen zurück [3].
Die Auswertung der Kieler Studie zeigte sowohl hinsichtlich Arzt- und Patientenbeurteilung als auch in instrumentellen Schmerztestverfahren signifikante Unterschiede zwischen Plazebo- und Verumgruppe:
Weitere positive Studienergebnisse
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen der Wirksamkeit von LI 174 kam eine offene multizentrische, vom Zentrum für ganzheitliche Medizin in Glienicke durchgeführte Studie, an der 130 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen teilnahmen [4]. Diese erhielten 8 Wochen lang zweimal täglich 1 Tablette des Prüfpräparats (480 mg Extrakt). Die Auswertung erfolgte schließlich an 117 Betroffenen, wobei Kontrolluntersuchungen in vierzehntägigem Abstand stattfanden (Abb. 3). Als Notfallmedikation war jedem Patienten in den ersten vier Wochen die Einnahme von Paracetamol (Tabletten) gestattet.
Die Tatsache, dass nur ein (!) Patient während der Behandlungszeit auf die Notfallmedikation zurückgreifen musste, spricht ebenso für den Erfolg wie die signifikanten Veränderungen bei den einzelnen CGI-Parametern (s. o.). Darüber hinaus haben die Patienten ihre subjektive Schmerzwahrnehmung vor und nach der achtwöchigen Behandlungszeit beurteilt: Beim Arhuser Rückenschmerzindex (RSI) ging der Wert im Durchschnitt von 5,9 auf 2,1 zurück, beim MPS-Index (Multidimensional Pain Scale) sank der Durchschnittswert von 10,7 auf 4,7.
Deutlich verbessert wurde schließlich auch die Mobilität der Rückenschmerzpatienten. Parameter war hier der FFD-Wert (finger to foot distance), der Abstand der Fingerspitzen zum Boden bei der Rumpfbeuge (in cm). Er reduzierte sich während der Behandlungszeit von 15,1 auf 10,2. Für die Wirksamkeit des Teufelskrallenextraktes LI 174 spricht auch das Ergebnis einer Anwendungsbeobachtung, die an über tausend Patienten durchgeführt wurde und mit einer signifikanten Veränderung des VAS-Scores einherging (Patientenbeurteilung, s. o.).
Gute Beratung zufriedene Patienten
Da sich chronische Rückenschmerzen inzwischen zu einer Art Volkskrankheit entwickelt haben, gibt es auch einen entsprechend großen Beratungsbedarf in der Offizin. Bei der Vielzahl an teilweise unseriösen natürlichen Antirheumatika gilt es auch bei Empfehlungen im Handverkauf die Spreu vom Weizen zu trennen. Positive Anhaltspunkte für die Beurteilung pflanzlicher Präparate sind im Idealfall publizierte klinische Studien und Patientenbeobachtungen mit überzeugenden Resultaten. Wenn sich die öffentliche Apotheke bei der Patientenberatung darauf stützt, kann sie einen seriösen Beitrag zur evidence-based medicine leisten. Zufriedene Patienten sind schließlich auch ein Zeichen für den Erfolg einer guten Beratung in der Apotheke.
Quellen [1] Auskünfte der Projektleiter Dr. Georges Betti und Dipl.-Ing. agr. Christian Baier. [2] Göbel, H., et al.: Harpagophytum-Extrakt LI 174 (Teufelskralle) bei der Behandlung unspezifischer Rückenschmerzen. Schmerz 15, 10 19 (2001). [3] Prof. Dr. Hartmut Göbel, Universität Kiel, Leiter der klinischen Studie zum Teufelskrallenextrakt LI 174. [4] Laudahn, D., et al.: Efficacy and tolerance of Harpagophytum extract LI 174 in patients with chronic non-radicular back pain. Phytother. Res. 15, 621 624 (2001).
Eine plazebokontrollierte Doppelblindstudie sowie eine offene multizentrische Studie belegten die Wirksamkeit eines Teufelskrallenextrakt-Präparates bei chronischen Rückenschmerzen. Dieses Präparat kommt daher auch aus Sicht der evidence based medicine als Alternative für synthetische Analgetika in Frage.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.