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- DAZ 42/2002
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Die Seite 3
Pro Apotheke – der Slogan des diesjährigen Deutschen Apothekertags in Berlin, ein schöner kurzer Slogan, voller Optimismus und Zukunftsperspektiven, voller Hoffnung, dass die Apotheke unersetzbar ist und gebraucht wird. Ein Slogan mit Wirkung nach außen und nach innen, der etwas Starkes und Zuversichtliches ausstrahlt.
Die zentralen Themen des Apothekertages waren entsprechend angelegt, z. B. Versorgungsmanagement. Es sind neue Aufgaben, die auf die Apotheke zukommen wie Disease Management mit einem Hausapotheker-Konzept, die pharmazeutische Basisbetreuung und die wohnortnahe Versorgung bis ans Krankenbett, das Home-Service-Konzept. Die Apotheker bewegen sich, unterbreiten der Politik und Gesellschaft zukunftsweisende Vorschläge, wie sie sich intensiver und mit neuen Aufgaben im Gesundheitswesen einbringen können. Es ist die Zeit, in der der Apotheker eine Veränderung durchmacht vom traditionellen Arzneimittelfachmann und -logistiker hin zum kompetenten Arzneimittelmanager und pharmazeutischen Patientenbetreuer mit Schwerpunkt Arzneimittel.
Die Apotheker haben erkannt, dass die Vergütung ihrer Leistungen in der herkömmlichen Form allein nicht mehr zeitgemäß ist. Das Honorar nur an der abgegebenen Arzneimittelpackung und deren Preis festzumachen, entspricht nicht mehr den differenzierten Tätigkeiten. Deshalb suchte der Deutsche Apothekertag 2002 auch nach neuen Vergütungsformen pharmazeutischer Dienstleistungen. Es war ein Kernthema in Berlin, das die meisten Wort- und Diskussionsbeiträge zur Folge hatte.
Und auch bei der Öffentlichkeitsarbeit, seit jeher ein strittiges Thema in der Berufspolitik (den einen ist sie zu schwach, den anderen zu wenig), konnte der Apothekertag deutlich machen, dass eine gute PR-Abeit pro Apotheke stattfindet, die sich in den Medien niederschlägt, aber dies innerhalb der Berufsöffentlichkeit kaum bemerkt oder zu wenig kommuniziert wird.
Auch zahlreiche Anträge zeigten, wie sich Apothekerinnen und Apotheker Gedanken machen, im Gesundheits- und Arzneimittelwesen zu mehr Sicherheit und Kompetenz beizutragen. Die positive Grundstimmung pro Apotheke, die vom Apothekertag ausstrahlen sollte, brach zusammen, als per dpa-Meldung bekannt geworden war, was Rotgrün mit den Apotheken vorhat. Eine Vorahnung auf das, was kommen sollte, verbreiteten bereits die sozialdemokratischen "Grußworte" der Parlamentarischen Staatssekretärin des Bundesgesundheitsministeriums Gudrun Schaich-Walch und Horst Schmidbauer, Mitglied im Bundestagsgesundheitsausschuss. Begleitet von lauten Buhrufen gaben sie einen kleinen Blick auf das angekündigte Sparpaket. Voller Ideologie setzten sie sich für den Versandhandel ein.
Als dann ABDA-Präsident Friese die Nachricht vom eben ausgehandelten Sparpaket mit einem Volumen von 1,42 Milliarden Euro verlas, war gespenstische Ruhe im Versammlungssaal, Mutlosigkeit und Resignation machten sich breit. Diese Regierung ist contra Apotheken. Wer die GKV zu Lasten der Apotheken sanieren will – ein Unterfangen, das nicht gelingen kann und nur die Auflösung und Zerstörung der heutigen Apothekenstruktur nach sich zieht, will andere Arzneimittelversorgungsstrukturen.
Wenn das Sparpaket in der jetzigen Form kommt, wird der Ertrag für die Durchschnittsapotheke um 47 000 Euro gemindert, der betriebswirtschaftliche Gewinn geht quasi auf null. Das halten viele Apotheken nicht aus, Mitarbeitern drohen Kündigungen. Dazu kommen die Auswirkungen der Versandapotheken, die ebenfalls die Einnahmen der "Präsenzapotheken" – die neue sozialdemokratische Wortschöpfung für die Nicht-Versandapotheken – drücken.
Angesichts dieser Aussichten und Stimmung sank die Motivation in den Reihen der Delegierten, sich für eine Weiterentwicklung pharmazeutischer Belange einzusetzen. Wozu sich über Fortbildungspflicht, Beratungskompetenz, pharmazeutische Betreuung und allerlei neue Konzepte den Kopf zerbrechen, wenn sie nicht mehr finanzierbar und machbar sind?
Noch ist das Sparpaket nicht auf den Weg gebracht, noch ist vielleicht durch Diskussionen ein wenig zu retten. Aber den Silberstreif am Horizont sehe ich derzeit noch nicht. Es sollte ein Apothekertag pro Apotheke sein – die Politik sprach sich contra Apotheken aus.
Trotzdem, auch wenn's schwer fällt: nicht resignieren! Es gibt neue Chancen, die wir aufspüren müssen. Wir Apothekerinnen und Apotheker werden uns bewegen. In welche Richtung und wie – das erfahren Sie in unserem Bericht vom Apothekertag in Berlin. Auch wenn Sie vielleicht eher der pharmakologisch und weniger der berufspolitisch interessierte Pharmazeut sind, sollten Sie sich die Zeit nehmen und einen Blick auf die Berichte werfen. Es geht auch um Ihre Zukunft.
Peter Ditzel
Contra Apotheke
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