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DAZ aktuell
Bundesversicherungsamt unterliegt vor Gericht: Kassen dürfen weiterhin DocMorri
Das Sozialgericht Hamburg gab der DAK in erster Instanz Recht. Im Fall der in Hannover ansässigen BKK Continental musste sich das BVA erst in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht Celle geschlagen geben. Da es sich um Entscheidungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes handelte, mussten die Richter keine umfassende rechtliche Würdigung vornehmen. Es ging lediglich darum, ob das BVA seine Untersagungsbescheide an die Kassen für sofort vollziehbar erklären durfte oder nicht.
Die Richter verneinten die Frage bereits aus formalen Gründen: Denn den Anordnungen eines Bescheids muss im Falle eines Widerspruchs nur dann sofort Folge geleistet werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse besteht und dieses gesondert begründet wurde. Eben dieser Begründungspflicht war das BVA jedoch nicht nachgekommen. Und so dürfen die Kassen nun weiter die Kosten für Medikamente übernehmen, die ihre Versicherten bei der holländischen Internetapotheke gekauft haben. Erst eine anderslautende Entscheidung im Hauptsacheverfahren kann diese Praxis nun noch unterbinden. Und das kann dauern.
Es ist kaum damit zu rechnen, dass ein Gericht urteilen wird, bevor der Europäische Gerichtshof zum Thema entschieden hat. Und dies wird voraussichtlich erst im Frühjahr nächsten Jahres geschehen. Zudem hat ein Mitarbeiter des BVA gegenüber der "Financial Times Deutschland" vom 10. Oktober erklärt, die Behörde werde voraussichtlich nachgeben, wenn weitere Niederlagen folgen sollten. Das BVA hatte Verpflichtungsbescheide gegen fast 30 Krankenkassen erlassen. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Fälle weiterverfolgt, sondern ein Musterverfahren angestrengt wird.
"Sieg für den mündigen Verbraucher"
Der stellvertretende DAK-Vorstandsvorsitzende Eckhard Schupeta betrachtet den Ausgang des Verfahrens als "Sieg für den mündigen Verbraucher und Patienten". Er forderte das BVA auf, kein Rechtsmittel einzulegen. Ein Sprecher der DAK wies gegenüber der DAZ darauf hin, das Sozialgericht Hamburg habe in seinem Urteil erklärt, von einer "offenkundigen Verletzung" des geltenden Rechts, insbesondere der das Versandhandelsverbot betreffenden §§ 43 Abs. 1 und 73 Abs. 2 Nr. 6a Arzneimittelgesetz, "könne nicht ausgegangen werden". Offenkundig ist dies tatsächlich nicht: die besagten Vorschriften betreffen nur das Versandverbot als solches – Folgen für das Erstattungsrecht der Krankenkassen regeln sie nicht.
Dr. Bernd Hillebrandt vom Vorstand der BKK Continental sagte in einem Gespräch mit der DAZ, dass es ihm bei dem Rechtsstreit nicht um eine Förderung von DocMorris gehe. Vielmehr sei bezweckt, dass sich die Apotheker hierzulande "bewegen". Zumindest in Niedersachsen hat sich auch schon was bewegt: Zwischen dem Landesapothekerverband und dem BBK-Landesverband Niedersachsen wurde im September ein "Hausapotheker-Vertrag" geschlossen, der seit dem 1. Oktober wirksam ist (siehe Bericht in der DAZ Nr. 37, 2002, S. 4422 ff.). In derartigen Versorgungsverträgen sieht Hillebrandt die Zukunft – die Diskussion um DocMorris würde hierdurch hinfällig.
Das Bundesversicherungsamt (BVA) bemüht sich bislang weitgehend erfolglos, Krankenkassen die Kostenerstattung für Arzneimittel zu untersagen, die bei der holländischen Internetapotheke DocMorris bezogen wurden. Am 30. September musste die Aufsichtsbehörde gleich zwei gerichtliche Niederlagen einstecken. Sowohl das Sozialgericht Hamburg als auch das Landessozialgericht Celle entschieden jeweils im Eilverfahren, dass die Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) und die BKK Continental vorerst weiter für die DocMorris-Medikamente ihrer Versicherten zahlen dürfen.
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