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Arzneimittel und Therapie
Aus der Forschung: Innovativer Neuropeptid-Antagonist – antidepressiv, ang
Das Körpergewicht des Menschen wird durch eine Vielzahl von Neurotransmittern und Hormonen reguliert. Eine große Rolle spielen Peptidhormone des Hypothalamus. Sie können entweder orexigen (die Nahrungsaufnahme stimulierend) oder anorexigen (die Nahrungsaufnahme vermindernd) wirken. Zu den orexigenen Peptidhormonen zählt das Melanin-konzentrierende Hormon (MCH). Es handelt sich dabei um ein zyklisches, aus 19 Aminosäuren bestehendes Polypeptid, das unter anderem von Neuronen im lateralen Hypothalamus produziert wird.
Im Tierversuch neigten Mäuse, die das MCH-Gen überexprimierten, zur Fettsucht, während solche, denen das MCH-Gen fehlte, abmagerten und eine erhöhte metabolische Aktivität aufwiesen. Die Wirkung von MCH wird durch Bindung an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren vermittelt. Beim Menschen sind bisher die Rezeptoren MCH1-R und MCH2-R beschrieben worden. Ausgehend von der Verteilung dieser Rezeptoren im ZNS nimmt man an, dass MCH auch eine Rolle bei der Regulation der Gemütslage spielt.
Antagonist vermindert Gewichtszunahme und Appetit
Der MCH1-Rezeptorantagonist SNAP-7941 wurde in zahlreichen Tiermodellen auf seine appetithemmende, gewichtsvermindernde, antidepressive und anxiolytische Wirkung getestet. Ein interessantes Ergebnis zeigte sich beispielsweise bei jungen Ratten in der Wachstumsphase. Verabreichte man ihnen SNAP-7941 zweimal täglich über sieben Tage bei freiem Zugang zu einem Standardfutter, wiesen die Tiere, die den Antagonisten erhielten, eine um 26 Prozent geringere Gewichtszunahme auf als die Kontrolltiere.
In einem weiteren Experiment behandelte man übergewichtige Ratten (so genannte DIO-Ratten, diet-induced obese rats) entweder mit SNAP-7941 oder D-Fenfluramin. Nach einer vierwöchigen Behandlungsperiode, in der sie freien Zugang zu einer hochkalorischen Nahrung hatten, wogen die mit dem Antagonisten behandelten Tiere 26 Prozent weniger als die Kontrolltiere. Die mit D-Fenfluramin behandelten Ratten hatten zu Beginn weniger Appetit und verloren ebenfalls an Gewicht, dieser Effekt war jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt und langanhaltend.
Antidepressive und anxiolytische Effekte
In weiteren Tierversuchen wurde die antidepressive und anxiolytische Wirkung von SNAP-7941 mit etablierten Wirkstoffen verglichen. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass SNAP-7941 bei Ratten hinsichtlich der antidepressiven Wirkung mit dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin vergleichbar ist. In einem Versuch mit Meerschweinchen wirkte SNAP-7941 ähnlich angstlösend wie Buspiron.
MCH-Blocker künftig bei Adipositas und Depression?
Ob der MCH1-Rezeptorantagonist SNAP-7941 beim Menschen ähnliche Wirkungen zeigt wie im Tierversuch, muss noch geklärt werden. Weiterhin stellt sich für die Wissenschaftler die Frage, welche Konsequenzen für Stoffwechsel und Hormonhaushalt sich aus einer längerandauernden Blockade des MCH1-Rezeptors ergeben würden. Während die Funktion von MCH bei der Regulation des Körpergewichts relativ gut bekannt ist, weiß man nur wenig über die Rolle des Hormons bei psychiatrischen Erkrankungen. Hier ist noch viel Forschungsarbeit zu leisten.
Kastentext: SNAP-7941
Bei dem MCH1-Rezeptorantagonisten handelt es sich um ((+)-Methyl (4S)-3-{[(3-{4-[3-(acetylamino)phenyl]-1-piperidinyl}propyl)amino]carbonyl}-4-(3,4-difluorophenyl)-6-(methoxymethyl)-2-oxo-1,2,3,4-tetrahydro-5-pyrimidincarboxylathydrochlorid).
Quelle
Borowsky, B. et al.: Antidepressant, anxiolytic and anorectic effects of a melanin-concentrating hormone-1 receptor antagonist. Nature Medicine 8, 825 – 830 (2002).
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