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Arzneimittel und Therapie
Rheumatoide Arthritis: Adalimumab – erster rein humaner monoklonaler Antik
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch-inflammatorische Erkrankung, welche die Gelenke durch Erosion von Knochen und Knorpel schädigt und im Endstadium zu ihrer Zerstörung führt. Am häufigsten betroffen sind sämtliche Gelenke der Hände und Füße, dagegen werden Ellenbogen, Knie, Knöchel und Hüfte weniger häufig befallen.
Die Prognose für die Betroffenen ist schlecht: die Lebenserwartung ist im Durchschnitt um drei bis sieben Jahre verkürzt, schwere rheumatoide Arthritis kann zu einem um 10 bis 15 Jahre verfrühten Tod führen.
Etwa 10 Prozent der Patienten sind nach 20 Jahren schwerbehindert und können selbst alltägliche Routinetätigkeiten wie Essen und Anziehen nicht mehr ohne fremde Hilfe ausführen. Weltweit leiden über fünf Millionen Menschen an rheumatoider Arthritis, in Deutschland gibt es etwa 800 000 Patienten. Die Erkrankung wird am häufigsten im Alter zwischen 40 und 70 Jahren diagnostiziert, etwa drei Viertel der Patienten sind Frauen.
Ätiologie nicht endgültig geklärt
Zur Ätiologie der rheumatoiden Arthritis existieren mehrere, voneinander abweichende Hypothesen: einerseits nimmt man an, dass eine T-Lymphozyten-vermittelte Autoimmunreaktion zugrunde liegt, andererseits existiert die Theorie, nach der die Erkrankung als persistierende bakterielle oder virale Infektion angesehen wird.
Die Wahrheit liegt vermutlich in der Mitte: auf dem Boden einer genetischen Prädisposition kommt es durch eine Verkettung von verschiedenen – jede für sich genommen nicht gefährlichen – Infektionen zu einer Störung im Immunsystem mit einer Aktivierung von autoreaktiven T-Zellen, die dann in einer Entzündungskaskade nachfolgende Zellsysteme stimulieren. Zelluläre Interaktionen führen dabei zur Expression von pro-inflammatorischen Zytokinen und Wachstumsfaktoren, die auf Entzündungszellen wirken und die Freisetzung zerstörerischer Enzyme wie Kollagenasen, Stromelysin und Cathepsinen induzieren. Diese zerstören schließlich den Gelenkknorpel und den angrenzenden Knochen.
Große Zahl von Behandlungsmöglichkeiten
In der Therapie der rheumatoiden Arthritis werden verschiedene Wirkstoffgruppen eingesetzt. Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs, non steroidal anti-inflammatory drugs), zu denen die COX-2-Inhibitoren, Ibuprofen, Naproxen und Aspirin zählen, lassen Schwellungen abklingen, lindern die Steifigkeit der Gelenke und die Schmerzen durch Hemmung der Gelenkentzündung. Den fortschreitenden Verlauf der Erkrankung und ihre Folgeschäden können sie jedoch nicht aufhalten.
Etwa 20 Prozent der Patienten erhalten zur Entzündungshemmung Glucocorticoide oral, parenteral oder intraartikulär – direkt in den Gelenkkörper – verabreicht. Die so genannten Basistherapeutika (DMARDs, disease modifying anti-rheumatic drugs) lindern Schmerzen, verringern Gelenkschwellungen und wirken sich dadurch positiv auf den Krankheitsverlauf aus. Dazu zählen Methotrexat, Leflunomid, Goldpräparate, Hydroxychloroquin und Sulfasalazin.
Exzessive TNF-α-Freisetzung inhibieren
Eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis spielt die Überproduktion des pro-inflammatorischen Zytokins Tumornekrosefaktor-α (TNF-α). Die exzessive TNF-α-Freisetzung führt nicht nur zu einer chronischen Entzündung und Proliferation der Synovialmembran, sondern auch zu einer fortschreitenden Knochen- und Knorpeldegeneration. Daher konzentrierten sich in den letzten Jahren die Forschungen auf das Finden von Neutralisationsmöglichkeiten des Zytokins. Inzwischen haben sich TNF-a-Antagonisten als therapeutisch wirksame Substanzklasse etabliert.
Derzeit sind zur Therapie der rheumatoiden Arthritis zwei Vertreter zugelassen:
- Etanercept (Enbrel®), ein dimeres Fusionsprotein, das aus zwei rekombinanten löslichen TNF-Rezeptor (p75)-Molekülen und dem Fc-Teil eines humanen IgG1 besteht, und
- Infliximab (Remicade®), ein gegen TNF-α gerichteter chimärer (zu 25 Prozent aus Sequenzen der Maus und zu 75 Prozent aus menschlichen Sequenzen bestehender) monoklonaler Antikörper.
Erster rein humaner Antikörper
Adalimumab ist der erste TNF-α-Antikörper, der nur aus humanen Sequenzen besteht. Er bindet spezifisch an TNF-α und interagiert nicht mit anderen homologen Proteinen der Tumornekrosefaktor-Familie wie zum Beispiel TNF-β. Adalimumab unterscheidet sich nicht vom natürlichen IgG1 und weist dadurch ein geringes immunogenes Potenzial auf. Wie bei anderen Immunglobulinen der IgG-Klasse beträgt die Eliminationshalbwertszeit ca. zwei Wochen. Dies ermöglicht ein für die Patienten angenehmes Applikationsintervall von 14 Tagen.
Klinische Studien habe gezeigt, dass die Wirkung sehr rasch einsetzt, bei vielen Patienten zeigte sich bereits nach zwei Behandlungswochen ein positives Ansprechen. Die Reduktion der Symptome der rheumatoiden Arthritis hielt in bisherigen Untersuchungen über Zeiträume von bis zu zwei Jahren unverändert an. Die bisherigen Erkenntnisse sprechen dafür, Adalimumab in der Therapie möglichst früh einzusetzen, da eine forschreitende Gelenkzerstörung verhindert werden kann, bereits bestehende Destruktionen lassen sich jedoch nicht wieder rückgängig machen.
Sicherheit intensiv untersucht
Besonderes Augenmerk wurde auf die Sicherheit von Adalimumab gerichtet, auch vor dem Hintergrund, dass unter der Infliximab-Therapie weltweit 130 Fälle einer aktiven Tuberkulose aufgetreten waren, die in einigen Fällen zum Tode geführt hatten. In der randomisierten, kontrollierten Sicherheitsstudie STAR (Safety Trial of Adalimumab in Rheumatoid Arthritis), einer der größten kontrollierten klinischen Studien zur Therapiesicherheit bei rheumatoider Arthritis, erhielten 636 Patienten 14-tägig entweder Adalimumab in einer subkutanen Dosis von 40 mg oder Plazebo. Eine bereits bestehende Therapie, zum Beispiel mit Methotrexat, Goldpräparaten, Corticosteroiden und/oder nichtsteroidale Antiphlogistika, wurde beibehalten.
Nach 24-wöchiger Behandlungsdauer traten im statistischen Vergleich lediglich die Reaktionen an der Einstichstelle nach Applikation von Adalimumab signifikant häufiger auf als in der Plazebogruppe (8,8 Prozent versus 0,6 Prozent). Bezüglich anderer unerwünschter Ereignisse oder Infektionen, auch schwerer oder lebensbedrohlicher Art, wurden in beiden Gruppen keine statistisch signifikanten Unterschiede gefunden. Insbesondere wurden keine Fälle von Tuberkulose oder opportunistischen Infektionen beobachtet.
Häufige unerwünschte Wirkungen unter Adalimumab waren beispielsweise urogenitale Infektionen, Rhinitis und Herpes-simplex-Infektionen. Auch die Wirksamkeit von Adalimumab wurde in der STAR-Studie evaluiert. Zur Beurteilung der Schwere des Krankheitsbildes wurden die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) herangezogen.
Es zeigte sich unter einer Adalimumab-Therapie bei signifikant mehr Patienten eine Besserung der Symptomatik der rheumatoiden Arthritis als unter Plazebo, vor allem hinsichtlich der Abnahme der Anzahl schmerzhafter und geschwollener Gelenke. Zusammenfassend kam die STAR-Studie in einem heterogenen Kollektiv von Patienten, von denen viele eine Kombination verschiedener Antirheumatika benötigten, bei zusätzlicher Adalimumab-Therapie zu positiven Ergebnissen hinsichtlich klinischer Wirksamkeit und Therapiesicherheit.
Quelle
Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester, Berlin, Prof. Dr. Joachim Robert Kalden, Erlangen, Dr. Gabriele Brieden, Hilden, und Dr. Filiberto Claroni, Wiesbaden: "D2E7 von Abbott Immunology: Der erste rein humane Anti-TNF-α-Antikörper zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis." Fachpressekonferenz im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 20. September 2002, Berlin, veranstaltet von der Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden.
Adalimumab ist der erste rein humane monoklonale Antikörper gegen TNF-a zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Klinische Studien zeigten eine hohe Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit. Die Zulassung wurde im April 2002 parallel bei der amerikanischen (FDA) und der europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) beantragt, mit der Einführung in Deutschland wird im Frühjahr 2003 gerechnet.
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