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Kassenärzte: "Dienst nach Vorschrift"
Zum Dienst nach Vorschrift gehört für die KBV auch eine sparsame Arzneimittelverordnung – im Grunde ganz nach Vorstellung der Ministerin. So sollten nur noch billige Generika und keine Scheininnovationen mehr verschrieben werden, sagte Richter-Reichhelm. Bei der Aktion müssten aber auch Wartelisten und einzelne Praxisschließungen zum Jahresende in Kauf genommen werden. Die Notfallversorgung bleibe jedoch stets gesichert, erklärte der KBV-Chef von Beginn an.
Schmidt: Patienten nicht zum Spielball von Funktionärsinteressen machen
Die KBV ging damit offen auf Konfrontationskurs mit Schmidt. Trotz zeitgleicher Beteuerungen Richter-Reichhelms, zu konstruktiven Gesprächen mit der Ministerin stets bereit zu sein, laufen den Ärzten einige der rot-grünen Reformpläne gewaltig zuwider. Sollte sich durch den "Dienst nach Vorschrift" ein Mangel offenbaren, werde er "ganz klar sagen, an wem es liegt".
Die "Frustschwelle" sei überschritten, so Richter-Reichhelm. Auch eine Unterschriftensammlung für den Erhalt der "Praxis um die Ecke" hat die KBV im Aktionsprogramm. Die Ministerin reagierte prompt: Es könne nicht sein, dass "Patienten zum Spielball von Funktionärsinteressen" werden. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts habe die KBV nicht das Recht, Protestaktionen zu organisieren, sagte Schmidt am 7. Dezember bei einer Bundeskonferenz von SPD-Gesundheitspolitikern in Berlin. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) setzten mit ihrem Verhalten ihre eigene Existenz aufs Spiel.
Zur Klärung der Situation berief Schmidt Richter-Reichhelm und den KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess am 9. Dezember in ihr Ministerium. Im Anschluss an das Gespräch trat die Ministerin ohne einen der KBV-Vertreter vor die Presse und erklärte, die KBV habe zugesichert, "dass die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet bleibt". Für ein Einschreiten ihres Ministeriums bestehe deshalb keine Notwendigkeit.
Die geplante Urabstimmung unter den Ärzten, mit welcher die KVen klären wollten, ob die Ärzte ihre Kassenzulassung behalten wollen, wenn es zu einem Nebeneinander von Kollektiv- und Einzelverträgen kommen sollte, ist nun auch formal vom Tisch. Eine solche Urabstimmung sei nach Auffassung des Ministeriums rechtlich nicht möglich, sagte Schmidt. Gegen eine schlichte Befragung der Ärzte habe sie hingegen keine Einwände.
KBV hält am Maßnahmenpaket fest
Endgültig ausgeräumt sind die Differenzen zwischen den Ärzten und Schmidt offenbar noch nicht. Richter-Reichhelm, erklärte nach dem Gespräch im Ministerium, man habe Schmidt das geplante Maßnahmenpaket erläutert und "klar gemacht, dass wir an ihm festhalten". Missverständnisse seien jedoch ausgeräumt worden. So sei etwa nie ein Streik geplant und die Wahrnehmung des Sicherstellungsauftrages nie in Gefahr gewesen, so der KBV-Chef.
Rückendeckung erhält die KBV vom Präsidenten der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe. Er erneuerte seine Androhung, aus Protest gegen die rot-grünen Sparpläne das Gesundheitssystem zu blockieren: "Wenn es denn sein muss, werden wird das Gesundheitssystem so lange lahm legen, bis wir sachgerechte Lösungen erzwungen haben", so Hoppe.
Auch der Chef des Ärzteverbands Hartmannbund, Hans-Jürgen Thomas, erklärte seine Unterstützung und versicherte der KBV "die volle Solidarität und massive Unterstützung jeglicher Aktionen gegen eine widersinnige, die Patienten und Ärzte verachtende Gesundheitspolitik".
Die Kassenärzte machten der Ministerin in den vergangenen Tagen zu schaffen. Einen "Dienst nach Vorschrift" hatten sie am 5. Dezember angekündigt. Zwei Tage später rief der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Manfred Richter-Reichhelm, auf einer Mitgliederversammlung die Kassenärzte auf, nur noch Leistungen zu erbringen, die das Budget erlaubt.
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