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- DAZ 51/2002
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Arzneimittel und Therapie
Hyperlipidämie: Lipidsenkung durch Cholesterin-Resorptionshemmer
Die Hypercholesterinämie ist einer der wesentlichen Risikofaktoren für die Entstehung und die Progression der koronaren Herzerkrankung und die lipidsenkende Behandlung eines der bestuntersuchten Therapieprinzipien. Dennoch besteht in diesem Bereich eine erhebliche Unterversorgung der Bevölkerung, wie die Daten des Ludwigshafener Herzinfarktregisters zeigen.
Demnach erhalten weniger als 30 Prozent der Patienten, die nach den Leitlinien der kardiologischen Fachgesellschaften eine Statin benötigen, dieses tatsächlich. Bei 60 Prozent der so behandelten Patienten liegt der LDL-Wert trotzdem über 100 mg/dl, sodass der von den kardiologischen Fachgesellschaften vorgegebene Zielwert nicht erreicht wird. Damit erhält konkret in Deutschland nur jeder fünfte Patient, der ein Statin braucht, diese Medikation, und das in den meisten Fällen sogar noch unterdosiert. Der höchste Grad der Unterversorgung findet sich bei älteren Menschen sowie bei Diabetikern.
Angst vor Nebenwirkungen der Statine
Ein Grund für diese Unterversorgung dürfte die Sorge vieler Ärzte sein, bei einer hochdosierten Statintherapie Nebenwirkungen zu provozieren. Deshalb erwarten die Experten nunmehr eine Änderung der Situation: Denn mit dem Wirkstoff Ezetimib steht erstmals ein Arzneimittel zur Verfügung, das selektiv im Darm die Resorption von Cholesterin hemmt, das aus der Nahrung stammt oder über die Galle in den Darm ausgeschieden wird.
Der genaue Mechanismus der Hemmwirkung ist noch nicht bekannt, doch es wird vermutet, dass der Cholesterin-Resorptionshemmer, der im Darm rasch aufgenommen und fast vollständig zum eigentlich biologisch aktiven Wirkstoff glucuronidiert wird, spezifische Cholesterin-Transporter in der Bürstensaummembran hemmt. Dadurch wird vermehrt Cholesterin mit dem Faeces ausgeschieden und steht damit dem Organismus nicht mehr zur Verfügung.
Es entsteht bezüglich des Cholesterins eine negative Bilanz. Das umso mehr, wenn Ezetimib zusammen mit einem Statin eingenommen wird, da Statine eine Cholesterinsynthesehemmung und zugleich eine vermehrte Ausscheidung von Cholesterin in den Darm bewirken. Zusammen mit dem Cholesterin-Resorptionshemmer wird somit eine Art dualer Wirkung vermittelt.
Die Aufnahme von Triglyceriden, Gallensäuren oder fettlöslichen Vitaminen wird dagegen durch Ezetimib nicht beeinträchtigt. Dieses provoziert außerdem keine Cytochrom-P450-vermittelten Interaktionen. Der Wirkstoff hat eine Halbwertszeit von 22 Stunden und muss somit nur einmal täglich eingenommen werden.
Kombination stärker wirksam als Monotherapie
Die gute klinische Wirksamkeit dokumentieren kontrollierte Studien. So zeigt eine Untersuchung, in der 10 mg Ezetimib zusammen mit 10 mg Simvastatin gegeben wurden, eine Senkung des LDL-Wertes um 44 Prozent. Es wird therapeutisch durch die Kombination von Ezetimib mit einem niedrig dosierten Statin somit die gleiche klinische Effektivität vermittelt wie bei der alleinigen Gabe eines hochdosierten Statins.
Nach den gepoolten Daten der vorliegenden Studien lässt sich im Mittel durch drei Verdopplungsschritte der Statindosierung eine weitere Senkung des LDL-Wertes um 18 Prozent erwirken und damit der gleiche Effekt, wie er durch die Kombination der niedrigen Dosierung mit 10 mg Ezetimib zu erwirken ist.
Dass sich durch die Kombinationstherapie die Unterversorgung tatsächlich weitgehend beheben lässt, demonstriert eine Studie bei 769 KHK-Patienten mit Hypercholesterinämie. Die Patienten wurden zunächst nur mit einem Statin therapiert und diejenigen, die dadurch nicht den erwünschten LDL-Wert unter 100 mg/dl erreichten, nach sechs Wochen zusätzlich mit 10 mg Ezetimib.
Dadurch konnte der Anteil der Patienten mit einem LDL-Wert unter 100 mg/dl dramatisch erhöht werden und zwar von 18,9 auf 71,5 Prozent. In Langzeitstudien bis zu 18 Monaten wurde gezeigt, dass der lipidsenkende Effekt sowohl in der Monotherapie als auch in der Kombination mit einem Statin über den gesamten Zeitraum erhalten bleibt.
Die unerwünschten Wirkungen waren unter der Kombination dabei vergleichbar denjenigen einer alleinigen Statingabe, das Verträglichkeitsprofil ändert sich bei der langfristigen Anwendung des neuen Cholesterin-Resorptionshemmers nicht.
Quelle
Prof. Dr. Jochen Senges, Ludwigshafen, Prof. Dr. Wilhelm Krone, Köln, Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Berlin; Pressekonferenz: "Die Zukunft der Lipidtherapie in Deutschland", Düsseldorf, 6. November 2002, veranstaltet von der MSD Sharp und Dohme GmbH.
Obwohl in wissenschaftlichen Studien gut dokumentiert ist, dass die Senkung erhöhter Lipide die Morbidität und Mortalität reduziert, werden bei vielen Patienten die Zielwerte derzeit nicht erreicht. Das könnte sich durch den Cholesterin-Resorptionshemmer Ezetimib (Ezetrol®) ändern, der Mitte Oktober in Deutschland die Zulassung erhalten hat und jetzt auf den Markt kommt. Der Wirkstoff eignet sich insbesondere zur Kombination mit einem Statin.
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