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Arzneimittel und Therapie
Prostatakarzinom: Therapie mit GnRH-Agonisten: Knochenschwund aufhalten
Viele Senioren müssen sich mit der Diagnose "Prostatakarzinom" auseinandersetzen. Es ist die häufigste Krebsart beim Mann und, in den USA, nach dem Lungenkrebs die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Allein 2001 starben daran etwa 31 500 Männer.
Therapie der Wahl beim metastasierenden Prostatakarzinom ist die Senkung der Androgenkonzentration durch GnRH(Gonadotropin-releasing-Hormon)-Agonisten (s. Kasten). Seit Studien gezeigt haben, dass ein frühzeitiger Einsatz die Prognose verbessert, kommen sie immer häufiger bereits zum Zug, wenn noch keine Fernmetastasen nachweisbar sind, beispielsweise beim lokal fortgeschrittenen Karzinom ohne Metastasen oder beim Lymphknoten-positiven Karzinom nach radikaler Prostektomie. Selbst nach Operation oder Strahlentherapie eines Prostatakarzinoms im Frühstadium werden sie bei Männern mit erhöhtem PSA(prostataspezifischem Antigen)-Spiegel verordnet - obwohl die Wirksamkeit bei dieser Indikation noch nicht belegt ist.
Risiko Osteoporose
Der therapeutische Erfolg der GnRH-Analoga hat jedoch seinen Preis: Die Entwicklung einer Osteoporose gehört zu den wichtigsten Komplikationen. Nun wurde erstmals untersucht, ob die adjuvante Gabe eines Bisphosphonats dieses Risiko reduzieren kann.
In einer über 48 Wochen dauernder offener Studie wurden 41 Männer mit fortgeschrittenem oder wiederkehrendem Prostatakarzinom ohne begleitende Knochenmetastasen ausgewertet. Sie erhielten entweder nur den GnRH-Agonisten Leuprorelin (n = 22) oder Leuprorelin in Kombination mit Pamidronat (n = 19), einem Bisphosphonat der zweiten Generation. Es hemmt die Aktivität der Osteoklasten und beugt so der Knochenresorption vor.
Bislang ist es indiziert bei Morbus Paget, Krebs-assoziierter Hyperkalzämie und osteolytischen Knochenmetastasen bei Mammakarzinom und multiplem Myelom. Pamidronat wird intravenös appliziert. In der Studie erhielten die Probanden alle zwei Wochen 60 mg i. v. über zwei Stunden.
Pamidronat erhält die Knochendichte
Die Wirksamkeit von Leuprorelin war anhand der Hormonbestimmung im Serum in beiden Gruppen klar zu dokumentieren: Testosteron-, Estradiol-, Parathormon- und PSA-Spiegel gingen gleichermaßen signifikant zurück. Anders die Ergebnisse der Knochendichtemessungen, die mittels Zwei-Energie-Röntgenschwächung (DXA=dual-energy x-ray absorptiometrie) bzw. quantitativer Computertomographie durchgeführt wurden.
Während die Männer, die zusätzlich Pamidronat erhielten, kaum an Knochendichte einbüßten, war unter der GnRH-Monotherapie nach vier Jahren ein klarer Verlust an Knochensubstanz offensichtlich (Lendenwirbelsäule: - 3,3%; Trochanter: - 2,1%; Hüfte: - 1,8%). Am größten waren die Defizite mit - 8,5 Prozent an den Fortsätzen der Lendenwirbelsäule, also an Dornfortsatz, Gelenkfortsatz und Querfortsatz. Unverändert blieb dagegen auch unter Leuprorelin-Monotherapie die Knochendichte im Oberschenkelhals.
Die Serummarker für den Knochenabbau zeigten ebenfalls den Effekt von Pamidronat. So stiegen Osteocalcin und alkalische Phosphatase unter Leuprorelin kontinuierlich an, während sie unter der Kombinationstherapie zunächst abfielen, um gegen Ende der Studie den Ausgangswert wieder zu erreichen.
Zu den Nebenwirkungen von Pamidronat: Drei Patienten entwickelten im Zusammenhang mit der Infusion vorrübergehend Gelenkschmerzen und Fieber, zwei Männer brachen die Studie wegen eines Angiosarkoms bzw. Gedächtnisstörungen ab.
Die Studie zeigt, dass Pamidronat den Abbau von Knochensubstanz bei Männern, die mit einem GnRH-Agonisten behandelt werden, aufhalten kann. Sie zeigt nicht, dass sich auch das Frakturrisiko reduziert. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse mit Bisphosphonaten lassen diesen Schluss zwar durchaus zu. Dennoch wären größere Studien wichtig, die konkret den Effekt auf die Frakturinzidenz zeigen.
Alternative zur Hormonersatztherapie?
In der Diskussion sind aufgrund dieser Studienergebnisse nun weitere Indikationsgebiete. Ein hormonell bedingter Abbau an Knochenmasse findet sich nämlich auch bei Männern mit kongenitalem oder erworbenem primären oder sekundären Hypogonadismus. Dazu gehören Männer mit einer Hyperprolaktinämie als Ursache der verringerten Gonadenfunktion, kastrierte Männer oder Männer mit einem idiopathischen Hypogonadismus.
Unkontrollierte Studien konnten zeigen, dass Testosteron hier dem Knochenschwund entgegenwirken kann. Pamidronat könnte hier, so die Überlegungen, eine Alternative zur Hormonersatztherapie sein.
Kastentext: GnRH-Analoga
GnRH (Gonadotropin-releasing-Hormon) ist identisch mit luteinisierendes-Hormon-releasing-Hormon (LHRH) und follikelstimulierendes-Hormon-releasing-Hormon (FSHRH). Das Dekapeptid GnRH ist ein Neurotransmitter und stimuliert im Hypo-physen-Vorderlappen, der Adenohypophyse, unter anderem die Synthese und Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH) und follikel-stimulierendem Hormon (FSH).GnHR-Agonisten sind synthetische GnRH-Analoga mit gleichartiger Wirkung, aber einer wesentlich höheren Wirkstärke als das natürliche Releasing-Hormon.
Zu den synthetischen GnRH-Analoga gehören: Buserelin, Goserelin, Leuprorelin, Nafarelin und Triptorelin. GnRH-Agonisten hemmen in der Langzeittherapie die Gonadotropinsekretion und damit die Bildung von Sexualhormonen. Bei Männern senken sie dramatisch die Serumspiegel von Estradiol und Testosteron. In der Studie gingen die Estradiolwerte unter Leuprorelin von 26 pg/ml auf 7 pg/ml zurück. Folge: ein dramatischer Verlust an Knochensubstanz.
Literatur: Smith, M.R. et al.: Pamidronate to prevent bone loss during androgen-deprivation therapy for prostate cancer. N. Engl. J. Med. 345 (13) 948 - 955 (2001).Dawson-Hughes, B.: Bone loss accompanying medical therapy. N. Engl. J. Med. 345 (13) 989 - 991 (2001).
In der Therapie des Prostatakarzinoms werden GnRH-Agonisten zur Senkung der Androgen-Konzentration mit Erfolg angewendet. Der GnRH-Agonist Leuprorelinacetat hat als 1-Monats-Depotpräparat EligardTM 7,5 mg von der amerikanische Gesundheitsbehörde (FDA) die Zulassung zur Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs erhalten. Der Nachteil dieser Therapie: Die Knochendichte nimmt ab, das Frakturrisiko steigt. Das Bisphosphonat Pamidronat kann diese Entwicklung aufhalten, wie eine Studie zeigt.
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