Berichte

Phytopharmaka: Drei Jahre KFN – Bilanz und Ausblick

In regelmäßigen Abständen informiert das Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN) über neueste Forschungsergebnisse auf dem Phytosektor. Nach drei Jahren seines Bestehens wurde kürzlich Bilanz gezogen.

Phytotherapie und Naturheilkunde stehen in Deutschland, trotz nachweisbarer Erfolge, immer noch unter Beweiszwang. Denn obwohl inzwischen zu zahlreichen pflanzlichen Medikamenten valide wissenschaftliche Studien vorliegen, werden sie oft nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. Die Folge davon ist, dass sorgfältig erforschte Präparate und unzureichend erprobte Mittel nicht differenziert genug betrachtet werden. Moderne rationale Phytotherapie kann aber nur dann ihre Möglichkeiten entfalten, wenn es gelingt, durch Transparenz die Qualität zu sichern.

Gründung der forschenden Hersteller

Im Februar 1999 gründeten die forschenden Hersteller von pflanzlichen Arzneimitteln das Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN). Zweck des Vereins ist die Förderung der Phytoforschung sowie der Darstellung der Ergebnisse in der Öffentlichkeit, mit dem besonderen Ziel, die Forschungsbemühungen der Phytopharmakahersteller und die wissenschaftliche Begründung naturmedizinischer Verfahren der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ziel des KFN ist aber auch, auf der Grundlage seiner Arbeit die gesundheitspolitische Diskussion anzuregen und an der Verbreitung naturheilkundlichen Wissens mitzuwirken.

Phyto-Dokumentationen allgemein zugänglich

Zu diesem Zweck stellen die 15 Firmen des KFN-Kuratoriums – von ihnen wird etwa 85% der gesamten Phytoforschung geleistet – ihre wissenschaftlichen Daten zur Verfügung, aus denen das Komitee mit 13 namhaften Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen Dokumentationen zu einzelnen Heilpflanzen bzw. Beschwerdebildern erarbeitet (mit klinischen, pharmakologischen und analytischen Studien, Kommission E-Monographien, etc.). Seit Mai 1999 sind 13 solche laufend aktualisierten Dokumente, die ein genaues Bild vom aktuellen Strand der Forschung vermitteln, über die Homepage des KFN kostenlos zugänglich.

Phytopräparate oft preiswerter als chemisch-synthetische

Zusätzlich beauftragte das KFN in jedem Jahr eine groß angelegte, repräsentative Umfragen zu relevanten Themen: 1999 und 2001 wurden niedergelassene und KV-Ärzte zu "Budgetproblemen und Phytotherapie" bzw. zum "Kenntnisstand und Beurteilung der neuesten Regulierungsmaßnahmen (Zielvereinbarungen)" befragt, im Jahr 2000 die gesetzlichen Krankenkassen nach ihrer "Erstattungspraxis für Phytopharmaka".

In ihren Ergebnissen wurde deutlich, dass sich generell die Situation der deutschen Gesundheitspolitik eher verschlechtert hat, was sich besonders bei der Phytotherapie bemerkbar macht. Während die Ausgaben für Arzneimittel zu Lasten der GKV stetig steigen, gehen Verschreibungen von Phytopharmaka deutlich zurück – entgegen ausdrücklichen Patientenwünschen und der Tatsache, daß Phytopräparate in der Regel preiswerter sind als chemisch-synthetische.

Das KFN versteht sich deshalb auch als Anwalt der Patienten, indem es sich um den Erhalt der Erstattungsfähigkeit von Phytopharmaka bemüht, sich für den Verbraucher- und Patientenschutz einsetzt und jetzt auch versucht, die Erkenntnisse über rationale Phytotherapie aus jahrzehntelanger Arbeit und Forschung in Deutschland auch auf europäischer Ebene in eine patientenfreundliche und den Hersteller befriedigende Gesetzgebung einzubringen.

Deutschland habe seine führende Stellung als "Apotheke der Welt" weitgehend eingebüßt, resümierte Prof. M. Popp, Komitee-Vorsitzender, in seiner Bilanz nach 3 Jahren KFN. "Im Hinblick auf Phytopharmaka jedoch können wir immer noch stolz sein auf unsere Leistungen, die auch im Ausland entsprechend gewürdigt und anerkannt werden".

Pflanzliche Arzneimittel innerhalb Europas unterschiedlich beurteilt

Dass das KFN nun auch "europäisch wirksam" werden will, sei im Hinblick auf die momentane Gesetzes-Entwicklung dringend notwendig, meinte Professor Dingermann, Frankfurt. "Phytopharmaka sind immer noch defizitär und nicht abschließend behandelt."

Pflanzliche Arzneimittel kommen aus der Tradition eines Volkes und werden daher in den einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich bewertet und behandelt: In deutschsprachigen Ländern wurden sie immer schon als Arzneimittel angesehen – hier unterscheidet man klar die "rationalen" Phytopharmaka mit erwiesener Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von den "traditionellen" pflanzlichen Arzneimitteln, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sich aus dem langen, traditionellen Gebrauch ergeben, die aber aus Sicherheitsgründen niedriger dosiert werden müssen. In Ländern wie Großbritannien, Schweden oder Holland werden sie dagegen den Nahrungsergänzungsmitteln und sogar Nahrungsmitteln zugeordnet.

Rationale Phytotherapie auch auf europäischer Ebene angestrebt

Dass die Differenzierung und der hohe Standard deutscher Phytopräparate nicht in einer generellen Subsumierung von pflanzlichen Arzneimitteln unter "traditional medicinal products" verloren geht, ist das Anliegen eines vom KFN berufenen international besetzten Expertengremiums. So sieht es nämlich ein momentaner Gesetzentwurf vor. Mit der Folge, dass dann auch alle bisher auf der Basis der Richtlinie 65/65/EWG zugelassenen hochwertigen, rationalen Phytopharmaka auf den Zulassungsstatus "traditioneller pflanzlicher Arzneimittel" zurückgestuft werden.

Bei den demnächst anstehenden Harmonisierungsverfahren unterstützt daher das KFN Bestrebungen – entgegen den Vorschlägen anderer EU-Mitglieder – eine Dreiteilung des Arzneimittelmarktes zu erhalten bzw. zu erreichen:

  • mit weiterhin "Evidence based medicine (EBM) proved Herbal Medicinal Products" (d. h. rationale Phytopharmaka, wie die derzeit "noch" nach der Richtlinie 65/65 EWG zugelassenen)
  • solche mit "well established medicinal use", wo z.B. auf ESCOP-Monographien Bezug genommen wird
  • und pflanzliche Arzneimittel mit Zulassung nach dem "traditional use".

Nur durch solche Bemühungen, so Dingermann abschließend, können für die Zukunft Voraussetzungen geschaffen werden, dass der Erkenntnisstand um pflanzliche Arzneimittel nicht auf dem Niveau der Tradition stehen bleibt, sondern durch zeitgemäße klinische Forschung stetig steigt.

Kastentext

Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN) Marienplatz 3, 80331 München Tel. (0 89) 22 80 25 00, Fax (0 89) 22 80 25 01 E-Mail: KFN@ phytotherapie-komitee.de Internet: www.phytotherapie-komitee.de

Quelle: Pressekonferenz des Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN) am 5. 12. 2001 in München mit Prof. Dr. Th. Dingermann, Frankfurt/M., Prof. Dr. M. Popp, Neumarkt, und Dr. Marcella Ullmann, München.

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