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Astrobiologie: Leben in und aus fernen Welten
Grüne Männchen, Aliens oder fremde Intelligenzen – solche Themen begeistern immer mehr Menschen. In Literatur und Film wird darüber variationenreich spekuliert. Kopernikus, Kepler und Galilei dürfen als Auslöser der anschwellenden Phantasien betrachtet werden. Denn wenn die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist, dann kann es auch weitere Erden geben. Außerhalb von Perry-Rhodan-Romanen gibt es eine ernsthafte Beschäftigung mit diesem Thema.
Intelligente Wesen im All?
Die Astrobiologie befasst sich mit verschiedenen Aspekten der Frage nach außerirdischem Leben und wie das Leben auf der Erde entstanden ist. Vorreiter der Forschung ist das SETI-Institut in Kalifornien, dessen Name "Search for Extra Terrestrial Intelligence" Programm ist. Die große Zeit der Suche nach Außerirdischen begann 1959, als zwei Physiker in "Nature" darüber spekulierten, dass Mikrowellenantennen am besten geeignet wären, die Kommunikation zwischen den Welten zu belauschen. Als wenig später der junge Radioastronom Frank Drake ein seltsames Signal aus dem All empfing, ging der Wettlauf um den Kontakt mit fremden Intelligenzen los. Die USA und die Sowjetunion begannen die systematische Suche nach Erkennungszeichen im All.
Obwohl nun seit 40 Jahren mit immer größerem Aufwand gehorcht wird, hat sich noch niemand gemeldet. Auch das optische Abtasten des Himmels brachte bisher keinen Erfolg. Die ausgestrahlten Nachrichten haben ebenso wenig eine Antwort provoziert wie die Plakette mit Leonardo da Vincis Idealmenschen auf der Sonde Pioneer 10, die mittlerweile das Sonnensystem verlassen hat. Doch Drake, der Gründer von SETI, hat den vielen Zweiflern mit einer Formel geantwortet, die sehr einleuchtend wirkt. Wenn auch ihr Ergebnis beliebig scheint.
Die Drake-Formel lautet N = R x fs x fp x ne x fl x fi x L
N soll die Anzahl an Zivilisationen in unserer Milchstraße beschreiben, die technisch in der Lage wären, miteinander zu kommunizieren. R = Anzahl der Sterne, die in unserer Milchstraße jedes Jahr geboren werden. Sie soll kleiner als 20 sein. fs = der Bruchteil sonnenähnlicher Sterne. Er soll bei einem Zehntel liegen. fp = der Bruchteil der sonnenähnlichen Sterne mit Planetensystemen. Er soll bei 0,5 liegen. ne = die Anzahl lebensfreundlicher Planeten in einem solchen System. Mehr als 1 oder 2 können das realistischer Weise nicht sein. fl = der Bruchteil, der intelligentes Leben hervorbringt. fi = der Bruchteil der intelligenten Zivilisationen, der Radioteleskope bauen kann. L = Lebensdauer einer solchen technischen Zivilisation – die irdische existiert seit etwa 100 Jahre. Radioteleskope senden aber erst gut 30 Jahre lang.
Jeder kann mitsuchen
Beim Vergleich mit dem Alter des Universums erscheint Faktor L sehr wichtig. Denn die Signale der Anderen könnten die Erde schon vor Millionen von Jahren erreicht haben. Drake selbst ist sehr optimistisch und kommt bei seiner Formel auf einen Wert von N = 10 000. Für die Pessimisten ist N = 1, dann sind die Menschen alleine im weiten Universum.
Bei SETI werden große Mittel aufgewendet, um die Signale aus dem All auszuwerten. Da die Rechnerkapazität nicht ausreicht, gibt es nun für jeden PC-Besitzer mit Internetanschluss die Möglichkeit, sich an der Auswertung zu beteiligen. Dieses SETI@home-Projekt erlaubt es den Forschern, mehr als 100 Frequenzkanäle gleichzeitig zu beobachten. 800 000 Computer sollen bereits beteiligt sein.
Auch in Europa wird die Frage nach außerirdischem Leben gestellt. Die europäische Weltraumagentur ESA fahndet unter anderem nach Mikroorganismen im All. Das hat seinen guten Grund. Denn die doch sehr irdische Mikrobiologie hat den Glauben an und die Hoffnung auf Leben im Weltraum ungeheuer beflügelt; weit stärker, als undeutbare Radiosignale es jemals könnten.
Wasser ist das entscheidende Kriterium
Die unglaublichen Fähigkeiten extremophiler Mikroorganismen, die in den letzten Jahren offenbar geworden sind, lassen bei jeder neuen Entdeckung viele Forscher direkt in den Himmel blicken, vor allem auf Mars und Europa. Denn auf unserem Nachbarplaneten und auf dem Jupitermond wird Wassereis vermutet. Werden also tief im ewigen Eis des Südpols wieder einmal Bakterien gefunden, erfolgt sogleich der Hinweis, Ähnliches sei auch auf dem Mars denkbar. Wie sie dahin kommen sollten, ist umstritten. Wären sie aus der Erde ausgewandert oder auf sie eingewandert?
Svante Arrhenius (1859 – 1927) war einer der ersten, der den Ursprung des Lebens im All erblickte. Der schwedische Nobelpreisträger für Chemie von 1903 stellte drei Jahre später die Kosmozoenhypothese oder Panspermientheorie auf. Danach soll das Leben aus dem Weltall auf die Erde gebracht worden sein. Als moderne Väter der Panspermie gelten allerdings der im letzten Jahr verstorbene Sir Fred Hoyle, ein hoch angesehener britischer Mathematiker und Astronom, und sein Schüler Chandra Wickramasinghe vom Institut für Astrobiologie der Universität Cardiff in Wales. Als sie in den 1970er-Jahren große Mengen polyzyklischer aromatischer Verbindungen im Weltall nachweisen konnten, entwickelten sie ihre Theorie.
Demnach kamen die Bakterien einst mit Meteoriten auf die Erde und entfachten das Leben. Hundert Tonnen organischer Meteoriten gehen jeden Tag auf die Erde nieder und wirken auf die Evolution ein. Das Leben des ganzen Universums hat einen gemeinsamen Ursprung.
Wickramasinghe und Hoyle belegen diese Hypothese mit Strahlungskurven aus interstellaren Wolken. Die optischen Banden sehen genauso aus wie die von getrockneten und gefrorenen Bakterien im Labor. Das All ist demnach voller Bakterien.
Wickramasinghe behauptet nun, einen Beweis für außerirdisches Leben in Händen zu haben. Ein Fesselballon der Indischen Organisation für Weltraumforschung (ISRO) habe in der Stratosphäre fremdartige Bakterien eingefangen. Das geschah in 41 km Höhe, weit über der Tropopause, die bei 16 km liegt und den Austausch der Luftmassen begrenzt. Da in dieser Schicht keinerlei irdisches Leben existiert, müssten sie von außerhalb kommen.
Der Mars und seine Meteoriten
Der Mars steht seit 1877 im Brennpunkt der Diskussionen. Damals hatte der italienische Astronom Schiaparelli Linien auf dem Mars als "canali" bezeichnet. Diese vermeintlichen Wassergräben ließen höheres Leben auf dem roten Planeten vermuten. Die Spekulationen über die Geschichte des Planeten reißen seitdem nicht mehr ab. Meteoriten vom Mars heißen SNC-Meteoriten, benannt nach den Fundorten Shergotty in Indien (1865), dem ägyptischen Nakhla (1911) und dem französischen Chassigny (1815). Sie sind bei Wissenschaftlern sehr begehrt. Ein SNC hat der Panspermie großen Auftrieb gegeben: ALH 84001, der wohl bekannteste aller Meteoriten.
Vor rund 15 Millionen Jahren muss ein großer Asteroid den Mars getroffen haben. Durch dessen Einschlag ist ALH ins All geschleudert worden und schließlich in der Antarktis niedergegangen. Dort wurde er Anfang der 1990er-Jahre zufällig gefunden. Die Ergebnisse seiner Untersuchung gingen 1996 um die Welt. Denn die NASA behauptete, Spuren von Bakterien gefunden zu haben. Es handelte sich um kleine Strukturen aus polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und um Magnetitkörnchen. Solche Strukturen könnten tatsächlich von Bakterien verursacht worden sein.
Sporen als Wanderer zwischen den Welten?
Mindestens genau so wichtig war aber die Frage, ob eine solche Reise überhaupt möglich ist, denn die Meteoriten werden beim Eintritt in die Atmosphäre sehr heiß. Doch die Analyse der Magnetfelder des kartoffelgroßen Brockens zeigte, dass es in seinem Innern nicht heißer als 40 °C geworden ist. Sollte es sich bei den Kohlenwasserstoffen tatsächlich um Überbleibsel von Bakterien handeln, könnten sie in der Tat lebend auf die Erde gelangt sein. ALH ist erst vor 13 000 Jahren eingeschlagen. Doch auch diese lange Zeitdauer schreckt die Anhänger der Panspermie nicht. Denn es wurden bereits 250 Millionen Jahre alte Bakterien aus einem irdischen Kristall isoliert und wiederbelebt.
Am Institut für Weltraummedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat Gerda Horneck Bacillus-subtilis-Sporen getestet. Die Simulation eines Meteoriteneinschlags mit 32 Gigapascal schockartigen Drucks überlebten einige Sporen. Gemischt mit Lehm, rotem Sandstein oder anderen Böden überdauerten sie auch die harte UV-Strahlung des Weltalls. Diese Strahlung ist tödlich. Wenn die Sporen aber davor geschützt sind, beispielsweise im Inneren eines mehrere Meter dicken Felsbrockens, können sie einige Millionen Jahre im Weltraum überleben.
Kastentexte
1974 wurde mit dem 305-m-Radioteleskop, dem größten der Welt, in Arecibo auf Puerto Rico die stärkste absichtliche Nachricht ins All gesendet. Das Ziel, den Kugelsternhaufen M13 im Sternbild Herkules, wird die Nachricht über unser Sonnensystem, ein Strichmännlein und die DNA, in 21 000 Jahren erreichen.
Der älteste historisch belegbare Meteoritenfall ist der von Ensisheim im Elsaß. Am 7. November 1492 ging dort ein 127 kg schwerer Steinmeteorit nieder. Kaiser Maximilian nahm dies zum Anlass, zum Kampf gegen die Türken aufzurufen.
Der am 28. 9. 1969 in Australien eingeschlagene Murchison-Meteorit enthielt Aminosäuren, Purine und Pyrimidine.
Die Astrobiologie oder Exobiologie sucht nach Hinweisen, ob es im Weltall Leben gibt. Planeten anderer Sonnen, die die Voraussetzungen für Leben bieten, gibt es anscheinend in größerer Zahl. Direkte Zeugnisse für das Leben im All könnten organische Moleküle in einzelnen Meteoriten sein, die auf die Erde gefallen sind. Ob sie von Bakterien des Weltraums stammen, ist allerdings umstritten.
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