DAZ aktuell

Arzneimittelrisiken: Patienten haben Anspruch auf Auskunft

BONN (hb). Nach dem 2. Schadensersatzrecht-Änderungsgesetz, das am 1. August 2002 in Kraft getreten ist, soll es für Patienten einfacher werden, für einen durch ein Arzneimittel erlittenen Schaden eine angemessene Entschädigung zu bekommen. Helfen soll ihm hierbei ein Auskunftsanspruch an die pharmazeutischen Unternehmer und an die Behörden. Wie diese mit der neuen Rechtslage umgehen, wurde bei einem Workshop der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs zum Thema Arzneimittelsicherheit am 20. Februar in Bonn diskutiert.

Seit Inkrafttreten des neuen Schadensersatzrechts muss ein Geschädigter nicht mehr einen Kausalzusammenhang zwischen der Arzneimittelanwendung und dem Schaden nachweisen. Es wird vielmehr unterstellt, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde, wenn dieses "nach den Gegebenheiten des Einzelfalls hierzu geeignet ist". Damit ein Patient diese Eignung überhaupt darlegen kann, wird ihm ein Auskunftsanspruch über die Eigenschaften des Arzneimittels zugestanden (§ 84 a AMG).

Wie weit kann der Anspruch gehen?

Der Anspruch besteht nicht nur gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer, sondern auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind, das heißt gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dem Paul-Ehrlich-Institut, dem Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie gegenüber den Länderbehörden. Er wird allerdings durch Geheimhaltungsansprüche des Unternehmens eingeschränkt.

Der Anspruch auf Auskunft richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können. Für die Unternehmen ist von Bedeutung, dass hier die §§ 259 bis 261 BGB gelten, dass heißt, die Auskunft muss als geordnete Zusammenstellung erbracht und die Richtigkeit der Auskünfte eidesstattlich versichert werden, wenn sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit ergeben.

Bislang geht kaum jemand vor Gericht

Der Umfang möglicher Auskunftsansprüche lässt sich derzeit nur schwer abschätzen. Nur jeder fünfte, der meint, einen Schaden erlitten zu haben, geht tatsächlich vor Gericht, so die Erfahrung. Diese Situation könnte sich allerdings bei Präzendenzfällen mit einem entsprechenden Aufmerksamkeitswert durchaus ändern. Die Firmen rechnen jedenfalls mit einem erhöhten Personalaufwand, einer erhöhten Arbeitsbelastung und last not least zusätzlichen Kosten.

Viele Fragen zu klären

Offen ist außerdem, wie die Behörden mit entsprechenden Anfragen, bzw. Anträgen umgehen werden. Es bestehen noch vielerlei Rechtsunsicherheiten bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen für solche Auskünfte, des zeitlichen und fachlichen Umfangs des Auskunftsanspruchs oder auch in Bezug auf die Legitimation des Antragstellers.

Daneben sind die Rechtsqualität der Auskunftserteilung und die möglichen Folgen, etwa die Frage der Rechtsmittel seitens des pharmazeutischen Unternehmers noch ungeklärt. Diskussionspunkte sind darüber hinaus der Informationsaustausch zwischen der Behörde und dem betreffenden Unternehmen. Einigkeit besteht immerhin darin, dass Inkongruenzen zwischen Auskünften der Behörden und der Unternehmen möglichst vermieden werden sollten.

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