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Berichte
Deutscher Pharmazeutinnen Verband: Apothekerinnen in Verwaltung und Industrie
Arzneimittelüberwachung
Frau Dr. Schneider, Sachgebietsleiterin Pharmazie am Regierungspräsidium Leipzig und zuständig unter anderem für Blutprodukte, stellte das Spektrum der Tätigkeiten in der behördlichen Arzneimittelüberwachung vor.
Allgemeine Anforderungen sind die Bereitschaft zur ständigen Fortbildung, zu beruflichen Reisen auch zu Produktionsstätten von pharmazeutischen Unternehmern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Vertretern der Bundesoberbehörden und internationalen Institutionen sowie weiteren externen Experten.
In den Tätigkeitsbereich fällt neben der Überwachung der pharmazeutischen Unternehmer und Apotheken auch die Überwachung von klinischen Prüfungen, der Betäubungsmittelverkehr, Arzneimittelimporte und -exporte, der Handel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken sowie die Erteilung von Approbationen und der Vorsitz bei PTA-Prüfungen.
Bei all diesen Aufgaben sollte neben der Kontrollfunktion vor allem eine konstruktive Partnerschaft zur Verbesserung der pharmazeutischen Qualität in allen Bereichen im Vordergrund stehen. Die Trends zur Standardisierung von Abläufen bei der GMP-Überwachung und zur Globalisierung der Pharmaindustrie prägen zurzeit auch die Arbeit der Überwachungsbehörden.
Nach den Erfahrungen der Referentin bietet die Arzneimittelüberwachung im öffentlichen Dienst Pharmazeutinnen ein positives Arbeitsumfeld mit hohem Frauenanteil sowie eine vielfältige Tätigkeit mit der Möglichkeit zur weiteren Qualifikation.
Arzneimittelzulassung beim BfArM
Frau Dr. Branse-Passek vom Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn, die dort mit der Zulassung von Phytopharmaka befasst ist, stellte einen weiteren Tätigkeitsbereich im öffentlichen Dienst vor. Für Pharmazeutinnen ist im BfArM der Bereich "Pharmazeutische Qualität" das hauptsächliche Arbeitsfeld.
Neben inhaltlicher und terminlicher Präzision sollte für die Tätigkeit im BfArM die Bereitschaft zur Formulierung von verständlichen, inhaltlich umfassenden Texten und ein Interesse an juristischen Sachverhalten vorhanden sein. Neben der nationalen Zulassung sind zunehmend auch Verfahren der gegenseitigen Anerkennung innerhalb der EU oder zentrale Zulassungen mit englischsprachigen Dossiers zu bearbeiten, ausbaufähige Englischkenntnisse sind daher Voraussetzung. Außerdem werden Änderungsanzeigen, Zulassungsverlängerungen und Nachzulassungen nach § 105 AMG bearbeitet. Die Einhaltung der Frist für den Abschluss der Nachzulassungen ist zurzeit eine besonders wichtige Aufgabe der Behörde.
In der Arzneimittelzulassung ist ebenfalls ein hoher Frauenanteil von etwa zwei Drittel der Mitarbeiter festzustellen. Als positiv hob die Referentin die gründliche und fundierte Einarbeitung in das Tätigkeitsfeld sowie die umfangreichen Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung, unter anderem zur Fachapothekerin für Arzneimittelinformation und für Öffentliches Gesundheitswesen, hervor. Auch Berufsanfängerinnen können sich für eine Tätigkeit beim BfArM bewerben. Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit zur Absolvierung eines Teils des Praktischen Jahres sowie zur Promotion am BfArM.
Anforderungen der Industrie
Frau Schellenberg, Leiterin des Personalwesens bei Bayer Bitterfeld, stellte in ihrem Vortrag die Anforderungen an Pharmazeutinnen in der Industrie beispielhaft dar. Die gewünschte Qualifikation setzt sich aus der fachlichen und der persönlich-sozialen Komponente zusammen.
Fachlich sind eine möglichst breite Basis, belegt durch ein schnelles Studium mit überdurchschnittlichem Erfolg, gern Promotion, sowie die Bereitschaft zur Einarbeitung und Weiterqualifikation Voraussetzung. Es erfolgt eine gründliche Vorbereitung und gezielte Weiterentwicklung der Mitarbeiter, der Einstieg findet häufig nach einer Rotation durch verschiedene Bereiche in der Produktion oder Analytik "on the job" statt.
Je nach Eignung wird die Übernahme bestimmter Arbeitsgebiete und umfassenderer Aufgaben in Projekten aufgebaut. In einem internationalen Unternehmen kann dazu ein Standortwechsel gehören, Englisch- und auch weitere Fremdsprachenkenntnisse sind wesentlich. Für Führungskräfte im mittleren und oberen Management sind Auslandserfahrungen, zum Beispiel im Rahmen der firmeninternen Personalentwicklung, erwünscht.
Wert gelegt wird auf die Anwendung von Kenntnissen zur konkreten Problemlösung und Interesse an den technischen und unternehmerischen Komponenten von Projekten. Für die Teamarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg ist Aufgeschlossenheit für weitere Arbeitsbereiche, darunter die Datenverarbeitung, Interesse an Kontakten und Kooperationen sowie das Auftreten von Bedeutung. Eine spätere Übernahme von Verantwortung für Projekte, Mitarbeiter und Budgets sollte angestrebt werden.
Bei Bayer Bitterfeld ist der Frauenanteil mit etwas über einem Drittel recht hoch, dabei im pharmazeutischen Betrieb mit 50% deutlich höher als in den Chemiebetrieben. Etwa 11% der Mitarbeiter sind jeweils Hochschul- und FH-Absolventen. Die 7 Apotheker (2 Frauen) bei Bayer Bitterfeld sind mit Führungsaufgaben in der Prozesstechnologie, bei Verpackung und Herstellung, in der Qualitätssicherung und Freigabe beschäftigt. 5 Absolventen wurden nach oder während der Promotion direkt eingestellt, die Position der Betriebsleiter für Verpackung und Herstellung erfordert Erfahrung in einer entsprechenden Position.
Zum Kennenlernen der Tätigkeit in der pharmazeutischen Industrie sind beispielsweise Besichtigungen, Praktika und Ferienjobs sowie das praktische Jahr geeignet. Bewerbungen können neben Antworten auf Stellenausschreibungen auch gern initiativ erfolgen, die elektronische Bewerbung gewinnt an Bedeutung. Firmen leiten geeignete Bewerber, die bei Stellenausschreibungen nicht aktuell berücksichtigt werden können, auch häufig auf dem internen Stellenmarkt an passende Positionen weiter.
Zur Bewerber-Auswahl werden unter anderem Assessment-Center mit typischen Modulen wie Präsentationen oder Diskussionsrunden eingesetzt. In den Positionen für Apotheker(innen) ist prinzipiell nach Absprache auch vorübergehende Teilzeitarbeit, zum Beispiel in Kinderbetreuungszeiten, möglich.
Erfahrungen in der Industrie
Frau Dr. Schöttler aus dem Vorstand der Hexal AG, Holzkirchen, beschrieb die Tätigkeit in der Pharmaindustrie aus ihrer Erfahrung. Nach Tätigkeiten in der öffentlichen Apotheke und für eine Krankenkasse sowie Promotion erfolgte bei ihr der Einstieg in die Industrie in einer medizinischen-wissenschaftlichen Abteilung.
Bei Hexal ist der Frauenanteil der Mitarbeiter mit 71% besonders hoch, der Anteil der Apothekerinnen beträgt 78%. Einsatzgebiete sind unter anderem die Zulassung, medizinisch-wissenschaftliche Abteilung, klinische Forschung, pharmazeutische Entwicklung und Produktion, Qualitätskontrolle und internationale Geschäftsentwicklung.
Die Unternehmenskultur eines vergleichsweise jungen Unternehmens mit flachen Hierarchien und einer Bewertung von Mitarbeitern neben Formalqualifikationen an konkreten Projekterfolgen fördert Frauen auch in Führungspositionen. 18 der 38 Abteilungen werden von Frauen geleitet.
Schlüsselqualifikationen sind Ausdauer und Durchsetzungsvermögen, die Fähigkeit sich selbst zu motivieren und Entscheidungsfreudigkeit. Ebenso wichtig sind aber auch Begeisterung für die Tätigkeit, Neugier auf andere Bereiche, Teamfähigkeit und Pragmatismus.
Typisch weibliche Anforderungen an einen attraktiven Arbeitgeber sind erfahrungsgemäß ein positives Betriebsklima, die Identifikation mit den Zielen und Produkten des Unternehmens unter ethischen Gesichtspunkten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Offensive Karriereplanung und Gehaltsvorstellungen treten bei Frauen oft eher in den Hintergrund.
Bewerberinnen dürften häufig ruhig mehr Selbstbewusstsein zu ihrer Qualifikation zeigen und die Dotierung einer Position gezielter berücksichtigen. Nach einer Umfrage im Unternehmen schätzten Frauen vor allem die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der vielseitigen, leistungsorientierten und lukrativen Tätigkeit in der Industrie.
Die Referentin rät Interessentinnen, möglichst umfangreiche Informationen einzuholen und Praktika zu absolvieren sowie die berufliche Tätigkeit unbedingt nach Interesse auszuwählen. Es bestehe bei qualifizierten Mitarbeiterinnen in der Industrie meist ein Interesse, für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie konkrete Lösungen zu entwickeln. Hexal bietet unter anderem eine anteilige Finanzierung von Kinderkrippenplätzen an.
Vergleich von Gesundheitssystemen
In der anschließenden Mitgliederversammlung wurden als weitere Arbeitsfelder des Deutschen Pharmazeutinnen Verbands neben den geplanten Seminaren zur Existenzsicherung und zur Präsentation vor der Kamera der Vergleich von Gesundheitssystemen in der EU, die geplante Ost-Erweiterung der EU sowie die Mitarbeit in Gremien genannt.
Weitere Informationen gibt es unter www.pharmazeutinnen.de.
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