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- DAZ 12/2003
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Arzneimittel und Therapie
Fortschritt in der HIV-Therapie: Enfuvirtid verhindert Fusion mit der Wirtszelle
Da die Fusionsinhibitoren einen anderen Wirkmechanismus als die derzeit zur Verfügung stehenden Anti-HIV-Medikamente haben, sind keine Kreuzresistenzen gegenüber diesen Präparaten zu erwarten. Wird Enfuvirtid als alleinig wirksame Substanz im Rahmen einer Monotherapie verabreicht, können sich jedoch Resistenzen entwickeln.
Blockade membranständiger Proteine
Die Hüllstruktur des HI-Virus ist mit Zucker-Seitenketten tragenden Eiweißen durchsetzt, den viralen Mantel-Glykoproteinen (gp). Eine Komponente dieser Hüllproteine ist das innerhalb der Virusmembran angesiedelte gp41 (transmembrane Glykoprotein). Nach der Bindung des Virus an die Wirtszellrezeptoren liegen zwei spiralige, starre Regionen des gp41 frei vor. Da diese beiden Helices eine hohe Affinität zueinander aufweisen, können sie sich daraufhin miteinander verbinden.
Erst infolge dieser Konformationsänderung kann die virale Membran mit der Wirtszellmembran fusionieren und im dritten und letzten Schritt das genetische Material des Virus in die Zelle gelangen. Wird das semisynthetische 36-Aminosäuren-Peptidderivat Enfuvirtid in den Blutstrom injiziert, bindet es an das transmembrane Glykoprotein gp41 und hält so deren Bindungsstelle besetzt. Damit wird die Virus-Fusion gestört und der weitere Infektionsverlauf unterbrochen.
Ergebnisse aus klinischen Studien
Das Zulassung für Enfuvirtid beruhte auf den Daten von zwei Phase-III-Studien von 24 Wochen Dauer, an denen rund 1000 Patienten teilgenommen hatten. Die TORO-1-Studie (TORO = T-20/Fuzeon vs. Optimized Regimen Only) war in Nordamerika und Brasilien, die TORO-2-Studie in Europa und Australien durchgeführt worden. Diese Studien zeigten, dass vorbehandelte Patienten, die Enfuvirtid im Rahmen einer optimierten Grundbehandlung mit einer individuell zusammengestellte Kombination von Anti-HIV-Präparaten erhalten hatten, eine stärkere immunologische Besserung erfuhren; zudem war bei ihnen die Wahrscheinlichkeit einer Abnahme der HIV-Konzentration im Blut unter die Nachweisgrenze (400 Kopien HIV-1-RNA pro ml) doppelt so groß wie bei Patienten, denen lediglich ein individuelles Therapieschema verabreicht worden war.
Zugelassen zur Kombinationstherapie
Enfuvirtid ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten zur Behandlung der HIV-1-Infektion bei vorbehandelten Patienten mit andauernder Virusvermehrung trotz Behandlung angezeigt. Diese Anwendung stützt sich auf die Auswertung der HIV-1-Konzentration und der Zahl von Immunzellen (CD4-Zellen) im Plasma bei den 24-wöchigen kontrollierten Studien mit Enfuvirtid. An den Studien nahmen vorbehandelte Erwachsene teil, die zum Teil ein fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung aufwiesen oder trotz einer antiretroviralen Therapie Anzeichen einer HIV-1-Vermehrung erkennen ließen. Es sind keine Studien mit Enfuvirtid bei Patienten durchgeführt worden, die noch nicht mit antiretroviralen Medikamenten behandelt worden waren. Gegenwärtig liegen keine Ergebnisse aus kontrollierten Studien über die Wirkung von Enfuvirtid auf den klinischen Verlauf der HIV-1-Infektion vor.
Häufig lokale Reaktionen an der Injektionsstelle
Enfuvirtid wird zweimal täglich subkutan injiziert. Lokale Reaktionen an der Einstichstelle waren die häufigste Nebenwirkung, die bei der Anwendung auftraten, in den klinischen Studien der Phase III trat bei 98% der Patienten mindestens eine lokale Reaktion an der Injektionsstelle auf. Die Ergänzung der antiretroviralen Grundbehandlung mit Enfuvirtid hatte im Allgemeinen keinen Anstieg der Häufigkeit oder des Schweregrades der Mehrzahl von Nebenwirkungen zur Folge. Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen bei Patienten, die Enfuvirtid in Kombination mit einer individuell verordneten Therapie erhielten, waren Durchfall (26,8%), Übelkeit (20,1%) und Müdigkeit (16,1%).
Überempfindlichkeitsreaktionen (bei weniger als 1% der Patienten) sind mit der Verabreichung von Enfuvirtid in Zusammenhang gebracht worden; diese traten bei wiederholter Behandlung erneut auf. Bei Patienten, die in klinischen Studien der Phase III Enfuvirtid erhielten, traten bakteriell bedingte Lungenentzündungen häufiger auf als bei den Patienten in der Kontrollgruppe. Es ist nicht klar, ob die höhere Zahl von Lungenentzündungen mit der Anwendung von Enfuvirtid zusammenhängt. ck
Enfuvirtid (Fuzeon T-20) hat von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) die Zulassung zur Behandlung der HIV-1-Infektion bei vorbehandelten Patienten in Kombination mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen erhalten, wie Roche und Trimeris Inc. mitteilten. Enfuvirtid gilt als erster Vertreter einer neuen Klasse von Anti-HIV-Medikamenten, der so genannten Fusionshemmer, die an transmembrane Glykoproteine binden und so das Eindringen des HI-Virus verhindern.
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