Phytotherapie

H. Kolodziej, V. SchulzUmckaloabo – Von der tr

Die Erforschung der Pflanzen traditioneller Heilsysteme hat sich als eine lohnende Strategie in der phytomedizinischen Forschung erwiesen. Ein aktuelles, anschauliches Beispiel stammt aus der südafrikanischen Ethnomedizin. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet werden seit Jahrhunderten Zubereitungen verschiedener Pflanzen aus der Gattung Pelargonium (Geraniaceae) in vielfältiger Weise therapeutisch genutzt [1]. Davon haben zwei Vertreter, nämlich P. sidoides und P. reniforme, in die moderne Phytotherapie Europas Eingang gefunden. In Südafrika werden Zubereitungen der Wurzel traditionell bei Atemwegserkrankungen angewendet (s. "Etymologie"). Weitere Indikationen sind Diarrhö, gastrointestinale Beschwerden, Dysmenorrhö, Polymenorrhö und Leberbeschwerden. Vermutlich findet von den zwei morphologisch eng verwandten Spezies vorwiegend P. sidoides therapeutische Verwendung [2, 3]. Die traditionelle Arzneipflanze wurde inzwischen unter Anwendung von In-vitro-Prüfmodellen und klinischen Studien zu einem rationalen Phytotherapeutikum entwickelt.

Historie der Umckaloabo-Droge

Im Zuge der Kolonialisierung des südlichen Afrikas durch Holländer und Engländer im 17. Jahrhundert wurden europäischen Siedlern Pelargonien und ihre volksmedizinische Bedeutung bekannt. Auch wenn die volksmedizinische Verwendung der Umckaloabo-Droge zur Behandlung von Brustschmerz und Atemwegsbeschwerden eine lange Tradition hat und Kolonisten davon Kenntnis hatten, so geht ihre Entdeckung als erfolgversprechendes Heilmittel gegen Tuberkulose auf den englischen Major Stevens gegen Ende des 19. Jahrhunderts zurück.

An Tuberkulose erkrankt, reiste Stevens auf ärztlichen Rat ins klimatisch günstige Südafrika. Dort wurde er von einem Heilkundigen aus dem Volk der Basuto mit einem Absud aus der Umckaloabo-Droge behandelt und offensichtlich geheilt. Nach seiner Rückkehr aus Südafrika führte Stevens 1897 eine geheime Medizin (Stevens' Consumption Cure) zur Behandlung der Tuberkulose in England ein. Der frühere Missionsarzt Dr. Adrien Sechehaye erfuhr 1920 von Stevens' Heilmittel und behandelte damit in den folgenden neun Jahren ca. 800 Patienten. Seine zahlreichen Experimente und Fallstudien veröffentlichte er um 1930 in einem umfassenden Werk. Nachfolgend wurde die Umckaloabo-Droge in Europa zur Behandlung der Lungentuberkulose eingesetzt, bis sie später von synthetischen Tuberkulostatika abgelöst wurde.

Heute wird das moderne Phytotherapeutikum Umckaloabo® (Hersteller: ISO-Arzneimittel, Ettlingen) als ethanolischer Fluidextrakt aus den Wurzeln der Umckaloabo-Droge angewendet. Das Fertigarzneimittel ist indiziert bei akuten und chronischen Infektionen der Atemwege und des HNO-Bereichs wie z. B. Bronchitis, Sinusitis, Tonsillo- und Rhinopharyngitis.

Systematische Einordnung der Stammpflanze

Die Gattung Pelargonium mit den arzneilich genutzten Arten Pelargonium sidoides DC. (Abb. 1) und Pelargonium reniforme Curt. sowie weiteren ca. 280 bekannten Arten gehört zur Familie der Geraniaceae. Die Historie zur Systematik dieser Gattung, die früher allein auf morphologischen und histologischen Merkmalen beruhte, ist ebenso wie die der Geraniaceae insgesamt sehr abwechslungsreich und von zahlreichen Irrungen und Revisionen geprägt [4, 5].

Kürzlich wurde die Gattung Pelargonium auf der Basis von Chromosomengröße und molekularbiologischen Studien neu klassifiziert [1]. Demnach gehören die beiden fraglichen Arten in die Untergattung Pelargonium, Section Peristera, Subsection Reniformia, sind also eng miteinander verwandt; die eine Art wurde neu beschrieben und erhielt einen neuen Autorennamen: Pelargonium reniforme J. J. A. van der Walt.

Aufgrund der Erkenntnis und gesicherten Datenlage, dass P. sidoides heute als einzige Stammpflanze der Umckaloabo-Droge zu betrachten ist, wird nachfolgend bei der Beschreibung der Inhaltsstoffe sowie bei den pharmakologischen und klinischen Untersuchungen ausschließlich auf P. sidoides abgehoben.

Inhaltsstoffe

Die charakteristischen und therapeutisch bedeutendsten Naturstoffe der Wurzeldroge von P. sidoides sind Cumarine, einfache phenolische Verbindungen und Gerbstoffe vom Typ der Proanthocyanidine (Abb. 2). Strukturell auffällig ist der hohe Oxygenierungsgrad bei den Cumarinen, deren Vertreter entweder sehr seltene oder neue Naturstoffe repräsentieren und demzufolge als chemische Marker zur Identifizierung der Droge herangezogen werden können. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das Vorkommen von Umckalin auf P. sidoides beschränkt ist und diesbezügliche frühere Angaben für P. reniforme auf einer Verwechslung der beiden Arten beruhen. Erwähnenswert ist zudem die Anwesenheit von sulfatierten Cumarinen, die bisher erst in einer Pflanzenart (Seseli libanotis, Apiaceae) gefunden wurden [6].

Bei den einfachen phenolischen Verbindungen handelt es sich in erster Linie um Gallussäure und ihren Methylester, welche im Pflanzenreich weit verbreitet und in P. sidoides reichlich enthalten sind. Als Präkursoren der komplex zusammengesetzten Proanthocyanidine (kondensierte Gerbstoffe) wurden verschiedene monomere Flavan-3-ole identifiziert, mit Catechin und Gallocatechin als dominierenden Bausteinen.

Zweifel an einer Resorption der hochpolymeren Gerbstoffe sind berechtigt, das schließt aber eine direkte Wechselwirkung mit pathogenen Keimen im Mund- und Rachenraum, welche so inaktiviert werden können, nicht aus. Indizien für indirekte Wirkungen, z. B. Aktivierung von Makrophagen und zytotoxischen Abwehrmechanismen, verdeutlichen zudem den Forschungsbedarf zur Rolle von Polyphenolen bei Infektionskrankheiten [7, 8].

Pharmakologische In-vitro-Studien: Suche nach dem Wirkprinzip

Antibakterielle Aktivität Im Hinblick auf die beanspruchten klinischen Indikationen war es zunächst naheliegend, Extrakte und Einzelverbindungen der Droge auf ihre antibakteriellen Eigenschaften zu prüfen. Experimentelle Untersuchungen gegenüber verschiedenen grampositiven (Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae, b-hämolysierenden Streptokokken) und gramnegativen Bakterien (Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis, Haemophilus influenzae), großteils Erreger von Atemwegsinfektionen, ergaben für den Gesamtwurzelextrakt von P. sidoides MHK-Werte (minimale Hemmkonzentration) von 5 bis 7,5 mg/ml.

Die MHK-Werte des fraktionierten Gesamtextraktes (Ethylacetat-, n-Butanol- und Wasserphase) lagen bei respektablen 0,6 bis 1,2 mg/ml je nach Testorganismus und Phase; die höchsten antibakteriellen Aktivitäten wurden stets für die wässrige Phase beobachtet. Aufgrund der zunehmenden Resistenzbildung ist besonders bemerkenswert, dass vergleichbare bakteriostatische Eigenschaften auch gegenüber fünf verschiedenen multiresistenten St.-aureus-Stämmen beobachtet wurden.

Als potente antibakterielle Verbindungen erwiesen sich in den Labortests die Cumarine Umckalin und 6,8-Dihydroxy-5,7-dimethoxycumarin sowie Gallussäuremethylester mit MHK-Werten von 200 bis 500 µg/ml (Ausnahme: Gallussäuremethylester gegenüber Str. pneumoniae mit 1000 µg/ml). Da die antibakteriellen Wirkungen der Extrakte aus P. sidoides im Vergleich zu Antibiotika wie z.B. Penicillin G (MHK-Werte von 5 bis 25 µg/ml) deutlich schwächer sind, sind diese als moderat einzustufen.

Immunmodulierende Eigenschaften Die nachgewiesenen antibakteriellen Aktivitäten können die dokumentierte therapeutische Wirksamkeit von Umckaloabo® nicht ausreichend erklären. Infektionen der Atemwege und des HNO-Bereichs sind initial oft virusbedingt, führen zu einer Schwächung der unspezifischen Immunabwehr und sekundär zu einer bakteriellen Superinfektion. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, immunmodulierende Effekte in die Überlegung zum Wirkmechanismus von Pelargonium sidoides-haltigen Zubereitungen einzubeziehen.

Phagozyten spielen eine Schlüsselrolle in allen Phasen der Immunabwehr und lösen eine Reihe von Abwehrreaktionen aus. Sie können Bakterien durch die Bildung einer Vielzahl von toxischen Produkten wie reaktiven Sauerstoffspezies und Stickstoffmonoxid (NO) schädigen (Abb. 3). Der andere wichtige Effekt ist die Sekretion von Zytokinen in einem komplexen Zusammenspiel von Monozyten und Makrophagen.

NO-Induktion In Untersuchungen zur Aktivierung sauerstoffabhängiger Abwehrmechanismen durch Extrakte und Inhaltsstoffe von P. sidoides wurde bisher schwerpunktmäßig die Bildung und Freisetzung des mikrobiziden Effektormoleküls NO erforscht. Hierzu wurden mit Leishmanien infizierte Makrophagen mit den Testsubstanzen inkubiert und die intrazellulär gebildeten NO-Mengen nach 72 h mithilfe des Griess-Assays bestimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass alle getesteten Verbindungen die Produktion von NO induzieren (Abb. 4). Im Vergleich zum maximalen Stimulus (LPS + IFN) liegt die Makrophagen-stimulierende Aktivität im Bereich von 10 bis 45% und ist eher moderat.

Das Ausmaß der NO-Induktion in aktivierten Makrophagen korreliert aber nicht zwingend mit der Wirkung des NO auf die intrazellulären Parasiten. Um diese beurteilen zu können, wurde nach Lyse der Makrophagen die relative Zahl der überlebenden Leishmanien mithilfe des MTT-Tests ermittelt. Mit Gallussäure als dem potentesten NO-Induktor aus der Reihe der Testsubstanzen wurde eine Überlebensrate von nur ca. 1% ermittelt. Eine Inhibition der induzierbaren NO-Synthase (iNOS) durch Zugabe von L-NMMA führte zu einer signifikanten Erhöhung der Überlebensrate der Leishmanien auf ca. 60% (Abb. 4).

Diese Beobachtung verdeutlicht zum einen die Schlüsselrolle von NO als mikrobizides Effektormolekül, legt aber auch eine Beteiligung weiterer Abwehrmechanismen nahe. Für die getesteten Cumarine beträgt die leishmanizide Aktivität 20 bis 50% des maximalen Stimulus (LPS + IFN). Die Wirkung des Extraktes von P. sidoides liegt sogar bei 64%.

Induktion von TNF Die Bildung und Freisetzung von Zytokinen (Abb. 3) sind ein wichtiger Bestandteil der sauerstoffunabhängigen Infektabwehr [9]. Der Tumornekrosefaktor α (TNF-α) ist für die Aktivierung von Immunzellen mitverantwortlich. Der funktionelle TNF-Nachweis beruht auf der Einlagerung von Kristallviolett in lebende adhärente Zellen als Maß für ihre Viabilität. Nach Inkubation der Makrophagen mit Testsubstanz wird der Überstand auf eine TNF-sensitive Fibroblasten-Zelllinie L 929 transferiert. Da TNF konzentrationsabhängig zytolytisch wirkt, ist die Anzahl der überlebenden Fibroblasten vom Ausmaß der TNF-Sekretion abhängig.

Im subtoxischen Konzentrationsbereich von 25 µg/ml wurde für Gallussäure das höchste TNF-Induktionspotenzial beobachtet, gefolgt von Gallussäuremethylester, während Cumarine nur ein schwaches TNF-Induktionsvermögen zeigten. Auch die Ethylacetat- und n-Butanol-Fraktion erwiesen sich diesbezüglich als relativ potent (Abb. 5). (Im Konzentrationsbereich > 250 µg/ml wurden für Gallussäure ein signifikant geringeres TNF-Induktionspotenzial und zelltoxische Effekte beobachtet.) Die beachtlichen Mengen an Gallussäure und Gallussäuremethylester in P. sidoides spielen offensichtlich eine wesentliche Rolle in diesem komplexen immunmodulatorischen Geschehen.

Zytoprotektive Effekte durch Interferon-Produktion Zur Untersuchung auf zytoprotektive Effekte durch eine induzierte Interferon (IFN)-Produktion wurde ein Fibroblasten/Enzephalomyokarditis-Virus (EMCV)-Modell genutzt. In diesem Testmodell werden Makrophagen zunächst mit den Testsubstanzen vorinkubiert und die Überstände mit induziertem IFN auf eine murine IFN-sensitive Fibroblasten-Zelllinie L 929 übertragen, welche nachfolgend mit EMCV-Suspensionen infiziert wird. Nicht ausreichend geschützte Zellen werden zerstört. Die Viabilität der Fibroblasten wird spektralphotometrisch nach Anfärbung mit Kristallviolett bestimmt. Die Ergebnisse sind als relative Viabilität der Fibroblasten dargestellt, bezogen auf einen IFN-Standard als positive Kontrolle (Abb. 6).

Die Mehrzahl der getesteten Cumarine zeigt im EMCV-Modell über den gesamten Konzentrationsbereich nur moderate zytoprotektive Effekte durch IFN-Induktion (20 bis 30%). Eine signifikante Zytoprotektion war für Gallussäure bei einer Konzentration von 100 µg/ml zu beobachten. Für den Extrakt aus P. sidoides wurde ein sehr ausgeprägtes zytoprotektives Wirkpotenzial beobachtet: Bereits bei einer Konzentration von 0,8 µg/ml erreicht die Viabilität der Fibroblasten 60% des Kontrollwertes und steigt dann rasch an bis auf den doppelten Wert als Ausdruck einer zunehmenden Proliferation. Diese Beobachtungen sind eindeutige Belege für interferonartige Wirkungen des Extrakts aus P. sidoides, die die Wirkung der Gallussäure übersteigen und daher nur durch synergistische Effekte von Inhaltsstoffen oder durch noch unbekannte Wirkstoffe erklärbar sind.

Molekularbiologische Studien

Neben den funktionalen biologischen Tests sind unlängst molekularbiologische Methoden genutzt worden, um die beobachtete Induktion von Zytokinen genauer zu definieren. Mithilfe der RT-PCR (Reverse Transkriptase Polymerase Kettenreaktion) lässt sich die Expression von Zytokin-mRNA relativ einfach und schnell belegen. Erste Experimente, die mit Gallussäure als potentem TNF-Induktor [10] erfolgten, brachten folgende Ergebnisse:

TNF-Transkripte waren eindeutig in allen stimulierten (LPS oder Gallussäure) infizierten und nicht-infizierten RAW-Zellen (murine Makrophagen-ähnliche Zelllinie) detektierbar. Nach 2 h waren auch Transkripte für IL-1, IL-12, iNOS, IFN und, zumindest transient, IL-18 vorhanden. IL-10 als ein spätes Signal mit Stopp-Funktion in immunmodulatorischen Abläufen war nach frühestens 6 bis 8 h detektierbar. Seine Abwesenheit in einer frühen Phase korreliert mit der zeitabhängigen Produktion von Zytokinen bei der zellulären Infektabwehr.

Diese Befunde dokumentieren (zumindest für Gallussäure), dass die Induktion von Zytokinen molekularbiologisch auf der Transkriptionsebene erfolgt. Das exprimierte Zytokinmuster unterstreicht den engen Zusammenhang zwischen TNF, IFN, Interleukinen und der induzierten NO-Produktion. Der Extrakt und weitere Inhaltsstoffe von P. sidoides werden derzeit bezüglich der Expression von Zytokinen mittels RT-PCR-Analyse untersucht.

Klinische Studien

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden neun randomisierte, kontrollierte klinische Studien mit insgesamt 1477 Patienten mit akuter Bronchitis oder Tonsillopharyngitis, darunter 680 Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren, durchgeführt. Die Prüfmedikation EPs 7630 und das Plazebo bestanden aus wässrig-alkoholischer Lösung (s. Kasten). Die Studien waren konfirmatorisch angelegt, es sollte die Überlegenheit von EPs 7630 gegenüber Plazebo nachgewiesen werden. Die Studien wurden nach einem mehrstufigen gruppensequenziellen Testplan mit Fallanpassungen nach den Zwischenauswertungen geplant [11, 12].

Die Analyse der Daten zur Wirksamkeit basierte auf zwei Stichproben, der Intention-to-treat-Gruppe (alle randomisierten Patienten, die mindestens einmal die Prüfmedikation eingenommen hatten) und der Per-Protocol-Gruppe (Patienten, welche die Studie planmäßig zu Ende geführt haben); die Auswertung der Daten zur Verträglichkeit basierte auf der Per-Protocol-Gruppe. Zur Analyse der sekundären Wirksamkeits- und Verträglichkeits-Parameter kamen deskriptive statistische Methoden zur Anwendung.

Prüfmedikation und Dosierungen

Verum: EPs 7630: 100 g Lösung enthalten als arzneilich wirksamen Bestandteil einen ethanolischen Auszug (1 : 9–11) der Wurzel von Pelargonium sidoides 80 g, als weiteren Bestandteil Glycerol 85% 20 g. Plazebo: 100 g Lösung enthalten als arzneilich nicht wirksame Bestandteile Ethanol 96% 11,5 g; Glycerol 85% 20 g; Zuckercouleur E 150 0,75 g; gereinigtes Wasser 67,75 g.

Dosierungen: Kinder unter 6 Jahren: 3 x 10 Tropfen täglich Kinder von 6 bis 12 Jahren: 3 x 20 Tropfen täglich Jugendliche und Erwachsene: 3 x 30 Tropfen täglich

Akute Bronchitis Die akute Bronchitis gehört zu den häufigsten Erkrankungen und nimmt eine Spitzenstellung unter den Krankmeldungen ein [13, 14]. Nur selten findet man eine isolierte Erkrankung der Bronchien, meistens handelt es sich um eine Tracheobronchitis unter Beteiligung weiterer Bereiche der Atemwege. Die Erkrankung wird in der Regel mit einem Virusinfekt eingeleitet, der das Immunsystem destabilisiert und den Weg für eine bakterielle Superinfektion ebnet [14].

Die virale Genese der akuten Bronchitis erlaubt aus theoretischer Erwägung nur eine symptomatische Therapie. Die Praxis hält sich jedoch mit stark wirkenden Medikamenten wenig zurück: Bis zu zwei Drittel der Patienten mit akuter Bronchitis werden mit Antibiotika behandelt, obwohl erwiesen ist, dass dadurch der Krankheitsverlauf nicht wesentlich verkürzt wird [15 – 19]. Auch verschiedene Metaanalysen haben gezeigt, dass Antibiotika nicht in der Lage sind, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit der Patienten mit akuter Bronchitis zu reduzieren [16, 23, 24]. Lediglich die Dauer des Hustens konnten sie um etwa ein halben Tag reduzieren, verglichen mit Plazebo [23].

Risiken und unerwünschte Begleiterscheinungen der Antibiotika-Therapie sind u. a. allergische Reaktionen, Störungen der physiologischen Bakterienflora des Darmes und des Nasen-Rachen-Raumes sowie Antibiotika-Resistenz bei pathogenen Keimen, die die Rezidiv-Gefahr erhöht. Medizinische Fachkommissionen empfehlen daher, Patienten mit akuter Bronchitis, wenn immer möglich, symptomatisch zu behandeln [20].

Zur symptomatischen Therapie eignet sich der Extrakt aus Pelargonium sidoides (EPs 7630) nicht nur aufgrund der pharmakologischen Erkenntnisse, sondern auch aufgrund von kontrollierten klinischen Studien und Anwendungsbeobachtungen, die nachfolgend referiert werden

Studien In einer multizentrischen, prospektiven, randomisierten, doppelblinden Studie nach den GCP-Richtlinien wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von EPs 7630 im Vergleich zu Plazebo bei 468 erwachsenen Patienten mit akuter Bronchitis untersucht [21, 22]. Nach 7-tägiger Behandlung mit EPs 7630 nahm der BSS um 5,9 ± 2,9 Punkte ab im Vergleich zu 3,2 ± 4,1 Punkten in der Plazebo-Gruppe (p < 0,0001; Abb. 7). Die Krankheitsdauer war bei mit EPs 7630 behandelten Patienten deutlich kürzer als bei Patienten, die mit Plazebo behandelt wurden (4,7 ± 3,7 Tage vs. 6,3 ± 4,5 Tage, p < 0,0001). Patienten der Verum-Gruppe waren somit signifikant früher arbeitsfähig als Patienten der Plazebo-Gruppe (p < 0,0001; Abb. 8).

Zwei weitere plazebokontrollierte Studien nach vergleichbarem Design bestätigen die Ergebnisse der oben beschriebenen Studie (Tab. 1). Auch für die Behandlung von Kindern sind pflanzliche Arzneimittel sehr beliebt [25]. Bei Kindern mit akuter Bronchitis (n = 60) wurde EPs 7630 im Vergleich zu Acetylcystein (ACC) im Rahmen einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie nach den GCP-Richtlinien untersucht [26]. Nach 7-tägiger Behandlung waren in beiden Gruppen hohe Besserungsraten des BSS zu verzeichnen (Tab. 1).

Die Ergebnisse dieser Pilot-Studie konnten mittlerweile durch eine größere Studie (n = 213) mit vergleichbarem Design bestätigt werden (Tab. 1). Auch zwei multizentrische, prospektive, GCP-konforme Anwendungsbeobachtungen bei 205 Erwachsenen bzw. 1024 Kindern belegten die Effektivität und Sicherheit von EPs 7630 bei akuter Bronchitis (Tab. 1 und 3) [27, 45].

Klinische Studien bei akuter Bronchitis

Einschlusskriterien:

  • Akute Bronchitis
  • Beginn der Symptome vor ≤ 48 Stunden
  • Bronchitis Severity Score (BSS) ≤ 5 Punkte

Bronchitis Severity Score (BSS):

  • Husten
  • Auswurf
  • Rasselgeräusche
  • Brustschmerz
  • Dyspnö

Zielgrößen:

  • Veränderung des BSS
  • Remission der Einzelsymptome und Zeitpunkt des Wirkungseintrittes
  • Patienten-Compliance, Verträglichkeit, unerwünschte Ereignisse
  • Beurteilung des Therapieerfolges durch den Arzt/Patienten
  • Patienten-Tagebuch: Beurteilung der Beschwerden, des allgemeinen Wohlbefindens, der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, Verbrauch an Prüfmedikation und Paracetamol und Zufriedenheit mit der Behandlung

Akute Tonsillopharyngitis Die akute Tonsillopharyngitis tritt vor allem im Kindesalter auf. Auslöser ist in der Regel ein viraler Infekt. Seltene, aber gefürchtete Komplikationen wie rheumatisches Fieber und Glomerulonephritis entstehen nach Superinfektion mit β-hämolysierenden Streptokokken durch immunologische Reaktionen. Die akute (virale) Tonsillopharyngitis wird in 70 bis 80% der Fälle initial mit Antibiotika behandelt [28 – 31], um eine Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A zu vermeiden.

Diesem relativ seltenen Risiko kann jedoch auch durch eine um bis zu 9 Tage verzögerte Antibiotika-Behandlung erfolgreich begegnet werden. Dem Patienten bietet die initiale antibiotische Therapie daher keinen Vorteil gegenüber Plazebo [32]. Auch die medizinischen Fachgesellschaften empfehlen, Patienten mit akuter nicht-streptokokkenbedingter Tonsillopharyngitis symptomatisch zu behandeln [33].

Zur Wirksamkeit und Sicherheit von EPs 7630 bei akuter nicht-streptokokkenbedingter Tonsillopharyngitis liegen vier kontrollierte klinische Studien vor, die im Folgenden kurz berichtet werden.

Studien In einer prospektiven, randomisierten, doppelblinden Studie nach den GCP-Richtlinien wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von EPs 7630 im Vergleich zu Plazebo bei 143 Patienten (Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahren) mit akuter nicht-streptokokkenbedingter Tonsillopharyngitis untersucht [34]. (Bei Kindern in dieser Altersgruppe kommt die Tonsillopharyngitis besonders häufig vor.) In der Verum-Gruppe nahm der TSS bis zum Tag 4 um 7,1 ± 2,1 Punkte und in der Plazebo-Gruppe um 2,5 ± 3,6 Punkte ab (p < 0,0001, Abb. 9). Bei den Einzelsymptomen zeigte sich ebenfalls eine Überlegenheit des Verums gegenüber Plazebo (Abb. 10). Die Ergebnisse dieser Studie konnten durch zwei weitere plazebokontrollierte Studien nach vergleichbarem Design bestätigt werden (Tab. 2).

Eine prospektive, randomisierte, kontrollierte Vergleichsstudie nach den GCP-Richtlinien hat gezeigt, dass Kinder, die mit EPs 7630 behandelt wurden, signifikant schneller beschwerdefrei waren als Kinder, die mit Obstessig (Gurgeln) und Prießnitz-Umschlägen behandelt wurden (Tab. 2) [35]. Eine multizentrische, prospektive, GCP-konforme Anwendungsbeobachtung mit 1000 Kindern und Erwachsenen brachte ebenfalls gute Ergebnisse (Tab. 2).

Klinische Studien bei akuter Tonsillopharyngitis

Einschlusskriterien:

  • Akute Tonsillopharyngitis
  • Beginn der Symptome ≤ 48 Stunden
  • Negativer Schnelltest auf b-hämolysierende Streptokokken
  • Tonsillopharyngitis Severity Score (TSS) ≤ 8 Punkte

Tonsillopharyngitis Severity Score (TSS):

  • Schluckbeschwerden
  • Halsschmerz
  • Speichelfluss
  • Rötung
  • Fieber

Zielgrößen:

  • Veränderung des TSS
  • Remission der Einzelsymptome und Zeitpunkt des Wirkungseintrittes
  • Patienten-Compliance, Verträglichkeit, unerwünschte Ereignisse
  • Beurteilung des Therapieerfolges durch den Arzt/Patienten
  • Patienten-Tagebuch: Beurteilung der Beschwerden, des allgemeinen Wohlbefindens, der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, Verbrauch an Prüfmedikation und Paracetamol und Zufriedenheit mit der Behandlung

Akute Sinusitis maxillaris Die akute Sinusitis zählt mit zu den häufigsten Erkrankungen der oberen Atemwege. Wer daran leidet, klagt oft über sehr starken Kopfschmerz, lokal oder diffus auftretendes Druckgefühl an den Augen und im Wangen- oder Stirnbereich. Oft hat der Patient auch Fieber und fühlt sich abgeschlagen. Die Nasenatmung ist meist ganz oder teilweise blockiert [36 – 38].

In einer Studie bei 214 Patienten mit röntgenologisch nachgewiesener akuter Sinusitis maxillaris wurde die Wirksamkeit einer antibiotischen Behandlung im Vergleich zu Plazebo untersucht: Es konnte keine signifikante Reduktion des Krankheitsverlaufs unter Antibiotika festgestellt werden [39]. Auch Haye und Mitarbeiter [40] kamen in einer Studie bei 169 Patienten mit akuter Sinusitis ohne radiologisch nachgewiesenes Empyem zu dem Ergebnis, dass eine antibiotische Behandlung bei Sinusitis nicht angezeigt ist. Die fehlende Evidenz für Antibiotika bei akuter Sinusitis einerseits und das Risiko einer Antibiotika-Behandlung andererseits rechtfertigen den Einsatz wirksamer pflanzlicher Arzneimittel.

Studien In einer multizentrischen, prospektiven, GCP-konformen offenen Outcomes-Studie wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von EPs 7630 bei 361 Patienten mit akuter Sinusitis maxillaris untersucht. Die maximal 28-tägige Behandlung mit EPs 7630 führte bei 46,1% der Patienten zur Beschwerdefreiheit und bei 21,4% zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden. Für alle Einzelsymptome ergaben sich Therapieerfolgsraten (Remission oder Besserung) von über 90%. Zum Nachweis der Wirksamkeit von EPs 7630 bei akuter Sinusitis maxillaris wird derzeit eine plazebokontrollierte Studie durchgeführt.

Verträglichkeit und Akzeptanz der Therapie

Die gute Verträglichkeit des Spezialextraktes EPs 7630 wird durch mehrere Anwendungsbeobachtungen belegt (Tab. 3). Die Gesamtrate an unerwünschten Ereignissen (UEs) liegt zwischen 1,2% und 15,5% der Patienten. Die häufigsten UEs betreffen den Respirations- und Verdauungstrakt. In 1,6% aller Fälle (42/2608) wurde ein wahrscheinlicher oder möglicher Zusammenhang mit der Einnahme von EPs 7630 angegeben. Schwerwiegende UEs wurden jedoch in keiner der Anwendungsbeobachtungen dokumentiert.

Die in den Anwendungsbeobachtungen aufgetretenen UEs wurden in qualitativer und quantitativer Hinsicht auch bei den klinischen Studien beobachtet. Die abschließenden Urteile der Ärzte und Patienten zur Verträglichkeit der Behandlung mit EPs 7630 waren durchweg sehr positiv. In fast allen Fällen wurde die Verträglichkeit zu annähernd 100% als "sehr gut" oder "gut" angegeben.

Zusammenfassung

EPs 7630 ist ein pflanzliches Arzneimittel, das aufgrund seiner Inhaltsstoffe einen rationalen Wirkmechanismus besitzt und dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Patienten mit Atemwegs- und HNO-Infekten durch klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen sehr gut belegt ist. Nach den bisherigen Erfahrungen sind ernsthafte Risiken durch die Anwendung von EPs 7630 nicht zu befürchten. Vielmehr könnte durch die Verordnung von EPs 7630 der Einsatz von Antibiotika bei Atemwegs- und HNO-Infektionen minimiert werden, wodurch sich auch die Behandlungs- und Folgekosten sowie gesundheitliche Risiken deutlich reduzieren ließen [41].

Danksagung: Für die geschickte experimentelle Ausführung der Versuche und ihr persönliches Engagement in diesem Projekt sei Herrn Dr. O. Kayser und Herrn O. A. Radtke (FU Berlin) sowie Herrn Dr. A. Kiderlen (Robert Koch-Institut, Berlin) ganz herzlich gedankt.

Literatur bei den Verfassern.

Die Arzneidroge Umckaloabo stammt aus Südafrika, wo sie traditionell zur Behandlung von Brustschmerz und Atemwegserkrankungen eingesetzt wird. Pharmakologische Untersuchungen zeigten antibakterielle und immunmodulierende Effekte. Ein standardisierter Extrakt, der in dem gleichnamigen Präparat enthalten ist, wurde inzwischen in mehreren klinischen Studien bei akuter Bronchitis und akuter Tonsillopharyngitis geprüft. Die Ergebnisse belegten die gute Wirksamkeit.

Etymologie

Die native Bezeichnung "Umckaloabo" stammt aus der Zulu-Sprache und setzt sich zusammen aus "umKhulkane" als Umschreibung für Atemwegsbeschwerden und "uHlabo", was soviel bedeutet wie Brustschmerz. In der Tat ist der traditionelle Gebrauch dieser Wurzelstücke vielfach bei Atemwegserkrankungen dokumentiert – eine Reflexion des Drogennamens.

Synergistische Effekte

Die pharmakologischen In-vitro-Studien zum Wirkprofil von Pelargonium sidoides-haltigen Zubereitungen belegen eine Kombination von verschiedenen Wirkmechanismen:

  • zum einen eine moderate antibakterielle Wirkung und
  • zum anderen ausgeprägte immunmodulatorische Effekte, welche insbesondere viralen Infektionen entgegenwirken.

Diese Ergebnisse bilden eine wissenschaftliche Erklärung für die dokumentierte therapeutische Wirksamkeit des Extraktes aus Pelargonium sidoides (Spezialextrakt EPs 7630) bei Atemwegs- und HNO-Infektionen.

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