Praxis

Kosmetikherstellung in der ApothekeTeil 1: Gesetzlic

Die neue DAZ-Serie in sechs Teilen "Kosmetikherstellung in der Apotheke" wendet sich nicht nur an Apotheker, die eine eigene Kosmetikherstellung betreiben, sondern an alle Pharmazeuten, die sich über aktuelle Trends in der Kosmetikherstellung informieren wollen. Der erste Teil der Serie behandelt gesetzliche Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit kosmetischer Mittel.

Rechtsgrundlagen

"Kosmetische Mittel (...) sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, Pflege oder zur Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs oder zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden (...)". So definiert das deutsche Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) die Zweckbestimmung von Kosmetika. Der gleichen Zweckbestimmung unterliegen kosmetische Mittel in anderen EU-Mitgliedstaaten – Folge der Binnenmarkt-Harmonisierung, deren kosmetikrechtlicher Grundstein im Jahre 1976 gelegt worden ist.

Die damals verabschiedete "Basic Council Directive" (76/768/EEC) enthielt bereits Listen zu eingeschränkt erlaubten oder verbotenen Bestandteilen und legte damit erstmalig Sicherheitsstandards für diese Produktkategorie fest. Die markantesten Veränderungen brachte die sechste Änderungsrichtlinie (93/35/EEC) mit sich. Hier wurde erstmals die Einhaltung von Grundsätzen gefordert, die ursprünglich nur für den Arzneimittelbereich Geltung fanden, nämlich GMP ("Good Manufacturing Practice") und GLP ("Good Laboratory Practice").

Weiter wurde festgelegt, dass die Sicherheit und die ausgelobte Wirkung kosmetischer Mittel dokumentiert sein muss. Damit waren die drei regulatorischen Säulen definiert, die auch das europäische Arzneimittelsystem tragen: Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit.

Qualität

Die chemische und mikrobielle Reinheit eines Ausgangsstoffes sind nicht nur Grundbedingung für Arzneimittel, sondern auch für kosmetische Mittel. Analog zum Arzneibuch limitiert die Kosmetik-Verordnung (KVO) chemische Verunreinigungen, für die gravierende toxikologische Risiken bekannt sind.

Mit Höchstmengenbeschränkungen belegt sind beispielsweise Nitrosamine, die als Verunreinigungen in bestimmten Ausgangsstoffen – die KVO nennt Mono- und Trialkanolamine sowie Fettsäure-Dialkanolamide – anzutreffen sind. Nitrosamine können aber auch erst im Fertigprodukt gebildet werden, wenn die vorgenannten Ausgangsstoffe zusammen mit nitrosierend wirkenden Agenzien verarbeitet wurden.

Es liegt in der Verantwortung des Herstellers zu eruieren, ob eine solche Gefahr für sein Produkt bestehen könnte. Lediglich bei den Konservierungsstoffen 5-Brom-5-nitro-1,3-dioxan und 2-Brom-2-nitro-1,3-propandiol weist die KVO mit den Worten "Nitrosaminbildung vermeiden" auf dieses Risikopotential hin.

Besonders umfassend ist die Kontrolle chemischer Verunreinigungen bei den kosmetikrechtlich zugelassenen Farbstoffen. Für viele dieser Substanzen definiert die KVO Reinheitsanforderungen, die sich auf die Einhaltung von Grenzwerten für aromatische Amine, "Nebenfarbstoffe", polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle und Synthesezwischenprodukte erstrecken.

Als Faustregel gilt: Werden Ausgangsstoffe über den Handel bezogen, für die in der KVO keine expliziten Reinheitskriterien festgelegt sind, sind hauseigene Prüfspezifikationen zu erstellen. Es sei denn, es handelt sich um arzneibuchkonforme Ware, die per se definierten Reinheitsstandards genügen muss.

Die grundlegenden Anforderungen des Arzneimittelrechts sind generell eine hilfreiche Richtschnur für die kosmetische Qualität, vor allem im Hinblick auf Kontaminationsrisiken durch Aflatoxine, Pestizide, Restlösemittel, Schwermetalle, TSE-Risikomaterial und synthesebedingte Verunreinigungen. Erfolgt der Nachweis der chemischen Reinheit durch den Erzeuger des Ausgangsstoffs, dokumentiert per Analysenzertifikat, können weitere Reinheitsprüfungen seitens des Endproduktherstellers entfallen.

Dieses Prinzip gilt dann nicht, wenn sich im Zuge der Aufbewahrung Verunreinigungen nicht sicher ausschließen lassen. Solche Qualitätsminderungen treten beispielsweise im Zuge der Lagerung von terpenkohlenwasserstoffreichen ätherischen Ölen auf. Aus diesem Grund hat das EU-Expertengremium SCCNFP (Scientific Committee on Cosmetic Products and Non-food Products Intended for Consumers) für Limonen und ätherische Koniferenöle Grenzwerte hinsichtlich der Peroxid-Konzentration festgelegt. Als vorbeugende Maßnahme wird der Zusatz von Antioxidantien empfohlen.

Anforderungen an die mikrobielle Reinheit wurden ebenfalls vom SCCNFP festgelegt. Abhängig von der Art der Anwendung und der Zielgruppe sind zwei Produktkategorien zu unterscheiden: Kategorie 1 umfasst alle kosmetischen Mittel, die bevorzugt im Bereich der Augen oder Schleimhäute angewendet werden oder die für Kinder unter drei Jahren bestimmt sind. Alle übrigen Kosmetika werden der Kategorie 2 zugeordnet.

Die jeweilige Kategorie definiert die Nachweisgrenze: So dürfen die humanpathogenen Keime Candida albicans, Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus in 0,5 g oder ml (Kategorie 1) bzw. 0,1 g oder ml (Kategorie 2) des Fertigprodukts nicht nachweisbar sein. Für die mesophilen aeroben Mikroben gilt ein Kategorie-1-Limit von 102 KBE pro g oder ml sowie ein Kategorie-2-Limit von 103 KBE pro g oder ml.

Lässt sich ein mikrobielles Risiko bzw. eine Degradation des Produkts nicht sicher ausschließen, ist ein Konservierungsbelastungstest gemäß Stand der Technik durchzuführen, der als Minimalkriterium den Einschluss der Testkeime Candida albicans, Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus vorschreibt. Insoweit harmonieren die Anforderungen weitestgehend mit entsprechenden arzneimittelrechtlichen Bestimmungen, wie in der "Prüfung auf ausreichende Konservierung" von Topika (hier noch Einschluss von Aspergillus niger) beschrieben.

Ein signifikanter Unterschied existiert dennoch zwischen beiden Anforderungskatalogen: Während der Arzneibuchtest die Größe des Inokulums sowie das Mindestmaß der Keimzahlverringerung vorgibt, also Ausgangs- und Endkonzentrationen festlegt, definiert das kosmetikrechtliche Pendant nur die Endkonzentration (hier: Kategorie-1- bzw. Kategorie-2-Limits), ohne Festlegungen zur Ausgangskeimzahl zu treffen. Somit weist nur der Arzneibuchtest ein der Objektivität verpflichtendes Prüfdesign auf.

Unbedenklichkeit

Im Arzneimittelbereich muss der therapeutische Nutzen einer Medikation die gesundheitlichen Risiken deutlich überwiegen. Das Auftreten unerwünschter Wirkungen wird von den Zulassungsbehörden in gewissen Grenzen akzeptiert, solange die Nutzen-Risiko-Relation positiv ist. Für Kosmetika wird allenfalls ein minimales Restrisiko geduldet, gravierende toxikologische Gefahrenpotentiale müssen ausgeschlossen sein.

Konkretes Beispiel für Restrisiken kosmetischer Mittel sind parfümierende Bestandteile, die vergleichsweise häufig allergische Reaktionen auslösen – übrigens ein Grund für aktuelle Bestrebungen der EU-Behörden, die Deklarationspflicht für solche Ingredienzien auszuweiten. Während bei Arzneimitteln primär die Zulassungsbehörde über die Unbedenklichkeit entscheidet, übernimmt diese Aufgabe bei kosmetischen Mitteln keine staatliche Stelle, sondern ein vom Kosmetikfabrikanten zu bestellender Sicherheitsbewerter. Ein Sicherheitsbewerter bedarf keiner Akkreditierung durch Behörden oder Kammern, muss aber einen Hochschulabschluss im Fach Pharmazie, Medizin, Lebensmittelchemie, Chemie oder einem verwandten Fachbereich vorweisen können.

Der Kosmetikhersteller ist gehalten, für jedes kosmetische Mittel eine Sicherheitsbewertung durchführen zu lassen, wobei der chemische Aufbau und das toxikologische Profil der Bestandteile im Hinblick auf die Anwenderexposition zu würdigen sind. Über Details einer Durchführung der Sicherheitsbewertung informiert die KVO nicht.

Lediglich die Beachtung der GLP-Grundsätze wird gefordert. Wiederum sind es die SCCNFP-Guidelines, die dem Sicherheitsbewerter einen hilfreichen Leitfaden an die Hand geben. Der Leitfaden empfiehlt, Daten zu folgenden Kategorien auszuwerten:

  • Akute Toxizität (falls verfügbar)
  • Hautresorption
  • Hautirritation
  • Schleimhautirritation
  • Hautsensibilisierung
  • Subchronische Toxizität
  • Mutagenität/Genotoxizität
  • UV-induzierte Toxizität
  • Humanmedizinische Daten (falls verfügbar)

    Lassen Literaturdatenrecherchen oder Laborversuche nicht den Ausschluss einer toxikologisch relevanten Resorption eines Inhaltsstoffes zu, sind ferner Daten zur Teratogenität, Reproduktionstoxikologie, Karzinogenität sowie zum Metabolismus in die Bewertung einzubeziehen. Allerdings ist die Datenlage und Datenverfügbarkeit im Segment der kosmetischen Rohstoffe oft unzureichend, was die Durchführung einer Sicherheitsbewertung zu einem schwierigen und zeitraubenden Unterfangen macht.

    Relativ problemlos gestaltet sich die Bewertung von Ausgangsstoffen, die in den behördlicherseits erstellten Positivlisten zur KVO aufgeführt sind, weil diese Substanzen kein inakzeptables toxikologisches Risiko besitzen, sofern die ausgewiesenen Höchstkonzentrationen eingehalten werden.

    Zu beachten ist, dass diese Positivlisten einer kontinuierlichen Anpassung unterliegen. Neue Stoffe werden aufgenommen, andere werden herausgenommen oder mit geänderten Grenzwerten versehen. Weil aber Anpassungen durch Verwaltungsakte (z. B. Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht) zeitversetzt erfolgen, sind diese Positivlisten nicht in allen Fällen auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik.

    Als konkretes Beispiel sei der Konservierungsstoff 1,2-Dibrom-2,4-dicyanobutan genannt, der laut KVO in kosmetischen Mitteln (ausgenommen Sonnenschutzprodukte) zu 0,1% enthalten sein darf. Diesen Grenzwert stellte das SCCNFP erst kürzlich für Leave-on-Produkte in Frage, da in den letzten Jahren eine kontinuierlich steigende Sensibilisierungsrate festgestellt wurde ("Opinion" vom 04. 06. 2002). Im Rahmen von Sicherheitsbewertungen sollten deshalb stets auch aktuelle Publikationen von Fachgremien (BgVV/BfR, CTFA, IFRA, SCCNFP etc.) berücksichtigt werden. Dies gilt natürlich gleichermaßen für nicht KVO-gelistete Rohstoffe.

    Reichen die Literaturdaten nicht aus, um die lokale Verträglichkeit des Fertigprodukts mit hinreichender Sicherheit vorherzusagen, sollte zusätzlich ein Hauttest (z. B. okklusiver Epikutantest) durchgeführt werden.

    Wirksamkeitsnachweis

    Im Gegensatz zum Arzneimittelbereich, in dem grundsätzlich ein Wirksamkeitsnachweis gefordert ist, gilt diese gesetzliche Auflage im Kosmetikbereich nicht unbedingt. Nur für den Fall, dass bestimmte Produktwirkungen ausgelobt sind, verpflichtet die KVO zum Nachweis. Doch weder der KVO noch den SCCNFP-Guidelines sind genaue Durchführungsbestimmungen zu entnehmen. Lediglich einige Dachverbände haben Leitlinien zum Wirksamkeitsnachweis kosmetischer Mittel publiziert. Vergleichbar mit den Richtlinien zu GCP ("Good Clinical Practice") definieren diese das Rahmenprotokoll, nach dem aussagekräftige Probandenstudien durchzuführen sind.

    Trotz sinngemäß durchgeführter Studien tritt in der Apothekenpraxis bisweilen die Beobachtung auf, dass das vermarktete Produkt der kundenspezifischen Erwartungshaltung nicht gerecht wird. Daher wäre die Ermittlung der "individuellen Wirksamkeit" eine interessante neue Dienstleistung für öffentliche Apotheken und würde als erwünschter Zusatzeffekt zu einer Stärkung der Kundenbindung beitragen. Entsprechende innovative Ansätze finden in Folge 6 dieser Beitragsserie Erwähnung.

  • In diesem Heft beginnt die neue DAZ-Serie "Kosmetikherstellung in der Apotheke". Sie wendet sich nicht nur an Apotheker, die selbst Kosmetika herstellen, sondern auch an solche, die sich über aktuelle Trends auf diesem Gebiet informieren wollen. Die erste Folge behandelt gesetzliche Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Kosmetika.

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