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- DAZ 16/2003
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Die Seite 3
Allzu viel Neues gab es am 9. April nicht zu hören, als die Arbeitsgruppe "Krankenversicherung" der Rürup-Kommission ihre Sparpläne bekannt gab. Vieles nämlich von dem, das die Wirtschaftsprofessoren und Wirtschaftsforscher Rürup, Lauterbach und Wagner selbstbewusst der Öffentlichkeit präsentierten, war vorher schon durchgesickert.
Neu waren vielleicht so vollmundige Formulierungen wie "fulminantes Sparprogramm" und die als Ypsilon bezeichnete Gabelung der Finanzierungsmodelle für die zweite Stufe zur Senkung der Gesundheitskosten, wobei solche Formulierungen den Inhalt nicht besser machten. Ob die Expertenrunde selbst davon überzeugt war, was sie da prestigeträchtig versucht hatte auszubrüten, wage ich zu bezweifeln. Denn das Ypsilon-Modell beweist: man konnte sich nicht einigen, welche Reform denn besser für unser Gesundheitssystem sei, entweder ein Gesundheitsprämiensystem mit zu zahlenden Pauschalen oder das Modell einer Erwerbstätigenversicherung unter Einbeziehung sämtlicher Einkunftsarten.
In unserer Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die diese Kommission von ihrem Chef Gerhard Schröder aufs Auge gedrückt bekam, muss diese Unentschlossenheit der Kommission eine Ausschüttung von Glückshormonen bewirkt haben. Ihr Plan, die Kommission scheitern zu lassen, war sichtlich aufgegangen. Sie begrüße zwar die Vorschläge, verkündete sie verhalten, man wolle allerdings nun alles "unter dem Aspekt der sozialen Balance" prüfen, ergänzte sie.
Im Klartext: Vielleicht pickt sie sich die eine oder andere Einzelmaßnahme aus den Rürup-Vorschlägen heraus, viel übrig bleiben dürfte von den Vorschlägen voraussichtlich nicht. Schon in der letzten Woche zeigte sie, wie sie mit der Rürup-Reformliste umspringen wird. Zahnersatz soll beispielsweise auch weiterhin von den Kassen bezahlt werden – anders als von der Kommission vorgeschlagen. Dafür sollen eher die Zuschüsse für Brillen und Taxifahrten zum Arzt gekürzt oder gestrichen werden, was sich nicht bei der Rürup-Kommission findet.
Vor diesem Hintergrund kann man es erst mal gelassen sehen, ob die für den Arzneimittelbereich diskutierten Vorschläge den Weg in eine ernsthafte Diskussion finden. So sieht das Kommissionspapier vor, nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel aus der Erstattung der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen.
Wer nur ein bisschen Ahnung von Pharmakologie und Pharmakotherapie hat, weiß, dass die Wirksamkeit, die Bedeutung und Wichtigkeit eines Arzneimittels für einen Kranken nicht davon abhängt, ob das Präparat verschreibungspflichtig ist oder nicht. Würden nur verschreibungspflichtige erstattet, käme dies einer Diskriminierung der Patienten gleich, die an Krankheiten litten, die mit nicht-verschreibungspflichtigen Mitteln zu heilen sind. Außerdem: Ärzte würden zum Teil auf verschreibungspflichtige und im jeweiligen Krankheitsfall nicht angezeigte Präparate ausweichen, um ihren Patienten den Eigenkauf des Arzneimittels zu ersparen.
Ähnlich weltfremd ist der Vorschlag, Generika aus der Preisbindung herauszunehmen – ausgerechnet Generika, die bekanntlich der Festbetragsregelung mit niedrigen Preisen unterliegen und damit einem harten Wettbewerb der Hersteller untereinander ausgesetzt sind, deren Preise aufgrund der Aut-idem-Regelung eh schon ständig sinken.
Nein, da saßen wahrlich keine Experten zusammen, die von sich behaupten könnten, das Gesundheitswesen zu kennen. Letztendlich wird dies auf das Fazit hinaus laufen: die Kommission ist gescheitert, die große Reform wird wieder ein Flickwerk von Reförmchen mit allem, was dazu gehört, wie zum Beispiel Unausgegorenem, Schnellschüssen und massiven Benachteiligungen einzelner Gruppen – genau das wird unser System nicht retten.
Selbst die Regierungskoalition reagierte auf die Rürup-Vorschläge nur verhalten, Opposition und Pharmaindustrie lehnten deutlich ab und die gesetzlichen Krankenkassen ließen nur ein gespaltenes Echo vernehmen. Vielleicht sollte sich die Regierung angesichts dieses Desasters auch mal fragen, ob der Weg der Kommissionitis der richtige ist, vor allem unter dem Aspekt, dass das A und O einer Kommission und ihrer Ergebnisse von der Art der Zusammensetzung abhängt.
Denken Sie nur an die Positivlisten-Kommission: das vorgelegte Machwerk strotzt vor Widersprüchen, Schamanenmedizin findet sich neben High-Tech-Präparaten. Mit einem Trick soll die Liste, die nun doch auch zu Einsparungen im Gesundheitswesen beitragen soll (was anfangs immer geleugnet wurde), an der Bundesrats-Zustimmung vorbei geschleust werden.
Während SPD-Abgeordnete sich darauf freuen, dass die "Erfolgsstory" Positivliste bald starten könne, ist Insidern schon heute klar, dass Ärzte eher auf die teureren Arzneimittel ausweichen, die in der Positivliste stehen, als ihren Patienten den Rat geben, dieses oder jenes Arzneimittel selbst zu kaufen, da es nicht in der Positivliste enthalten ist und damit nicht mehr verordnet werden darf. Lesen Sie dazu auch unsere Kolumne "Außenansicht" von Professor Heilmann auf Seite 30.
Doch lassen Sie sich die Oster-Feiertage nicht mit politisch ungelegten oder faulen Eiern vermiesen. Es gibt noch andere Spielwiesen, auf denen Sie richtig bunte Eier finden können, z. B. die Umfragen zum Berufsprestige: Dr. Sommerfeld vom Bülowbogen und Dr. Frank stehen zwar immer noch auf dem ersten Rang, verloren jedoch in den letzten Jahren ständig. Unser Apothekerberuf dagegen schlägt sich wacker auf Platz acht, Tendenz steigend. Zu den Schlusslichtern gehören die Politiker und die Gewerkschaftsführer – wenigstens da gibt es die ausgleichende Gerechtigkeit.
Peter Ditzel
Fulminantes Ypsilon – für die Katz
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