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- DAZ 16/2003
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Arzneimittel und Therapie
Fieber unklarer Genese: Zulassungserweiterung für liposomales Amphotericin
So zeigte eine Untersuchung einen mit konventionellem Amphotericin B vergleichbaren Therapieerfolg bei jedoch signifikant geringerer Nierentoxizität (p < 0,001). Gegenüber dem neuen Antimykotikum Voriconazol erwies sich liposomales Amphotericin als überlegen in Bezug auf die Wirksamkeit bei neutropenischen Patienten mit Fieber unklarer Ursache – das Konfidenzintervall für eine vergleichbare Effektivität konnte von Voriconazol nicht erreicht werden. Damit ist das Spektrum der therapeutischen Optionen für die empirische antimykotische Behandlung bei persistierender febriler Neutropenie um eine wirksame, gut verträgliche und bewährte Substanz bereichert worden.
Fieber unklarer Genese mit hoher Letalität behaftet
Durch die Möglichkeiten der intensivierten Chemotherapie haben systemische Pilzinfektionen in den letzten zwanzig Jahren rapide zugenommen und standen 1997 in der Gesamt-Todesursachenstatistik der USA bereits an 7. Stelle. Bei einer zytostatischen Therapie werden nicht nur die Tumorzellen zerstört, sondern auch die Funktion des Knochenmarks und infolgedessen die Bildung immunkompetenter Leukozyten beeinträchtigt.
Wenn die Zahl der für die Infektabwehr besonders wichtigen neutrophilen Granulozyten unter 500/µl liegt, spricht man definitionsgemäß von einer Neutropenie. In dieser Phase ist der Patient je nach Dauer und Schwere der Neutropenie einem besonders hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. So entwickeln 80% aller Patienten mit ausgeprägter Neutropenie bei Neutrophilen-Konzentrationen unter 100/µl über mehr als 10 Tage, wie sie häufig bei intensiver Chemotherapie akuter Leukämien auftritt, eine schwere Infektion.
Oftmals ist neu aufgetretenes Fieber bei neutropenischen Patienten das erste und einzige Zeichen einer Infektion. In den meisten Fällen kann kein richtungsweisender klinischer oder mikrobiologischer Befund nachgewiesen werden, man spricht daher von Fieber unklarer Genese ("Fever of unknown origin"; FUO). Die Letalität dieser gefürchteten Komplikation ist nach wie vor hoch.
Kein Fieberrückgang unter Antibiotika: Verdacht auf Mykose
Aufgrund der vitalen Gefährdung des Patienten können die Ergebnisse der mikrobiologischen und klinischen Untersuchungen nicht abgewartet werden. Die antibakterielle Behandlung beginnt daher oft sofort nach Abnahme der erforderlichen Blutkulturen vor jeder weiteren Diagnostik und richtet sich nach den erfahrungsgemäß am häufigsten zu erwartenden Keimen, ist also eine empirische Initialtherapie. Sofern mit diesem Prozedere der Patient nach 72 bis 96 Stunden noch immer fiebert, besteht der Verdacht auf eine Pilzinfektion.
Zwei Probleme charakterisieren die systemische Mykose. Zum einen ist sie mit einer hohen Letalität behaftet: 50 bis 90% der neutropenischen Patienten unter bzw. nach Zytostatikabehandlung mit einer Systemmykose versterben. Darüber hinaus ist eine Pilzinfektion auch heute noch äußerst schwierig zu diagnostizieren. Wird die Behandlung erst bei gesichertem Erregernachweis begonnen, kann es oftmals für den Patienten zu spät sein. Daher gilt: je früher eine effektive empirische antimykotische Therapie bei begründetem Verdacht auf eine systemische Mykose eingesetzt wird, desto besser ist die Prognose.
Liposomales Amphotericin B wirksam bei Aspergillus- und Candida-Spezies
Verwendet werden Substanzen mit nachgewiesener Wirksamkeit gegenüber den häufigsten Candida- und Aspergillus-Arten. In dieser Indikation gilt das makrozyklische Polyenantimykotikum Amphotericin B seit über 40 Jahren als ein zuverlässiges Medikament. Die gute Wirksamkeit wird allerdings durch die ausgesprochen schlechte Verträglichkeit und die geringe Löslichkeit deutlich beeinträchtigt.
Die Ursache dafür liegt in der Struktur des Antimykotikums: Amphotericin B besteht aus einem lipophilen Teil aus sieben konjugierten Doppelbindungen sowie aus einem hydrophilen Teil mit einer Vielzahl an Hydroxylgruppen. Die Folge ist eine schlechte Löslichkeit, die in den üblichen Formulierungen durch die Zugabe des Lösungsvermittlers Natriumdesoxycholat behoben wird, das als einer der wesentlichen Faktoren von Nebenwirkungen bei konventionellen Amphotericin-B-Präparaten gilt.
Liposomales Amphotericin besteht aus einer komplexen Formulierung, bei der konventionelles Amphotericin B in Liposomen integriert wird. Diese Kombination gewährleistet ein breites Wirkspektrum und ein vermindertes Risiko an Nebenwirkungen. Insbesondere die Häufigkeit von Tubulusschäden ist unter der Therapie mit AmBisome® signifikant reduziert, so dass die Gefahr eines Therapieabbruchs deutlich reduziert wurde.
Die Einbettung in die Liposomen ermöglicht eine höhere Dosierung, so kann die tägliche Dosis auf bis zu 3 mg/kg KG gesteigert werden. In verschiedenen Studien wurde dokumentiert, dass Patienten, die zuvor mit konventionellem Amphotericin B behandelt worden waren und bei denen entweder die Nephrotoxizität oder eine mangelnde antimykotische Wirksamkeit einen Therapiewechsel erforderlich machte, liposomales Amphotericin B gut vertrugen und therapeutische Erfolge erreicht werden konnten.
Liposomales Amphotericin ist angezeigt zur:
- Behandlung von schweren systemischen oder tiefen Mykosen bei Patienten, bei denen konventionelles Amphotericin B auf Grund einer Nierenschädigung oder aus Unverträglichkeitsgründen kontraindiziert ist
- empirischen Behandlung von vermuteten Pilzinfektionen bei neutropenischen Patienten mit Fieber.
Bis zum Vorliegen ausreichender Studiendaten kann liposomales Amphotericin als Sekundärtherapie der viszeralen Leishmaniose (Leishmania donovani) bei immunkompetenten Patienten angewendet werden.
Angriff auf die Zellmembran
Nach einer Infusion von AmBisome® bleibt das Amphotericin B in den Liposomen gebunden und wird erst am Wirkort durch Fusion der Liposomen mit der Zellwand des Pilzes freigegeben. In Abhängigkeit von der erzielten Konzentration von Amphotericin B in Körperflüssigkeiten und der Empfindlichkeit des Pilzes wirkt Amphotericin B fungistatisch oder fungizid. Nach heutiger Kenntnis besteht das Wirkprinzip des Arzneistoffes in einer Bindung an das Ergosterol in der Zellmembran des Pilzes.
Durch die Interaktion bilden die Polyene Poren oder Kanäle wodurch die Membranpermeabilität gestört und der Pilz geschädigt wird. Ein analoger Mechanismus wird auch für die Wirksamkeit gegen Leishmania donovani angenommen. Weil Bakterien keine Sterole enthalten, weist Amphotericin B keine Wirkung gegen diese Organismen auf. Säugetierzellmembranen enthalten auch Sterole, vor allem aber Cholesterol.
Obwohl Amphotericin B viel weniger stark an Cholesterol als an Ergosterol bindet, lässt sich die Wirkstofftoxizität durch einen ähnlichen Wirkmechanismus erklären. Insbesondere bestimmte Nierenzellen und Erythrozyten enthalten Sterole, binden daher Amphotericin B, wodurch sich die Nephrotoxizität erklären lässt. Alle bei konventionellem Amphotericin B beobachteten Nebenwirkungen und Unverträglichkeitsreaktionen wurden auch unter liposomalem Amphotericin B berichtet und sind auch zu erwarten, allerdings in einem geringeren Ausmaß und niedriger Häufigkeit. ck
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