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Arzneimittel und Therapie
Chronische Lebererkrankungen: Wissenschaftler setzen auf innovative Therapiekonz
Bei der Behandlung akuter wie auch chronischer Leberkrankungen ging es bisher primär darum, die schädigenden Noxen zu eliminieren in der Hoffnung, dadurch den weiteren Prozess günstig beeinflussen zu können. Das gilt zum Beispiel für die Virus-Hepatitiden, bei denen die Behandlung primär auf eine Entfernung des Virus abzielt, aber auch für die Autoimmun-Hepatitis oder die alkohol-induzierte Leberschädigung.
Neben solchen direkt Ätiologie-orientierten Strategien sollten aber auch Konzepte zu realisieren sein, die in die allgemeine Pathogenese der Lebererkrankung eingreifen. Diese nämlich folgt nach der spezifischen initialen Schädigung stets einem einheitlichen Muster.
Bei akuten Leberkrankungen steht dabei der massive Zelluntergang und das akute Leberversagen im Vordergrund, während es bei chronischen Lebererkrankungen zur Narbenbildung, zu Fibrosierungen und zum Umbau der Leber bis hin zur Leberzirrhose kommt.
In die Signalkaskade eingreifen
Vor allem beim akuten Leberversagen stehen möglicherweise schon bald deutliche Therapiefortschritte durch innovative Behandlungsoptionen ins Haus. Eine Strategie besteht dabei darin, Zytokine zu beeinflussen, welche direkt die Akut-Phase-Reaktion, also die Reaktion auf Stress, Traumen sowie Infektionen steuern. Bekannt ist dies vom Interleukin 6 (IL6) und vom Tumornekrosefaktor (TNF), und es gibt Befunde, wonach die Serumkonzentration beider Mediatoren bei Patienten mit Lebererkrankung erhöht ist.
In tierexperimentellen Untersuchungen wurde dabei dokumentiert, dass sich durch TNF in verschiedenen Tiermodellen ein massiver Untergang von Leberzellen provozieren lässt, was offenbar auf eine gesteigerte Apoptose zurück geht.
Die zugrundeliegenden Signalkaskaden sind weitgehend bekannt und es gibt bereits spezifische Hemmstoffe, mit denen sich die Signaltransduktion blockieren lässt, wie etwa einen Hemmstoff der Caspase 8, die als Schaltstelle aller TNF-Mediatoren für die Induktion der Apoptose gilt.
Auch wurde im Tiermodell gezeigt, dass durch eine Blockade der TNF-abhängigen Signalwege das akute Leberversagen abgewendet werden kann.
IL6 schützt vor dem Zelluntergang
Auch beim Interleukin 6 gelang es, direkt die Signalwege zu blockieren. Allerdings hatte dies genau den gegenteiligen Effekt, der Untergang von Lebergewebe wurde sogar beschleunigt. Damit liegt die Vermutung nahe, dass dem IL6 eher eine protektive Bedeutung zukommt.
Ähnlich wie beim TNF so gibt es auch beim Interleukin 6 Substanzen, mit denen sich in die Signaltransduktion eingreifen lässt wie das Designermolekül Hyper-IL6, welches den IL6-Signalweg stimuliert. Experimentell ließ sich bereits nachweisen, dass Hyper-IL6, ein Fusionsprotein aus IL6 und einem löslichen IL-6-Rezeptor, in verschiedenen Tiermodellen vor dem akuten Leberversagen schützt.
So konnte beispielsweise bei Tieren mit Concanavalin-induzierter Leberschädigung eine Hyperstimulation von Interleukin 6 induziert und damit die Leber vor dem massiven Zelluntergang geschützt werden.
Erste klinische Studien mit den neuen Strategien laufen derzeit in Japan sowie in Israel. Es verbindet sich mit ihnen die Hoffnung, auch beim Menschen durch die neuen Verbindungen direkt in die Signaltransduktion im Hepatozyten eingreifen zu können, um so die Progression von Lebererkrankungen aufzuhalten.
Quelle
Prof. Dr. Christian Trautwein, Hannover: Symposium "Aktuelle Hepatologie 2003", Wiesbaden, 26. April 2003, im Rahmen des 109. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, veranstaltete von der Falk Foundation e.V.
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