Berichte

Arzneimittelherstellung: Neue EU-Leitlinie zu Stabilitätsuntersuchungen

Im Dezember 2002 nahm der Ausschuss für Humanarzneimittel (CPMP) bei der europäischen Zulassungsbehörde EMEA eine neue europäischen Leitlinie zu Stabilitätsprüfungen an bekannten Stoffen und den entsprechenden Fertigarzneimitteln an. Bei einer Informationsveranstaltung der Forschungsvereinigung der Arzneimittel-Hersteller e. V. (FAH) mit Vertretern des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der pharmazeutischen Industrie am 8. April 2003 in Bonn wurden die wichtigsten Anforderungen dargestellt und interpretiert.

Die "Note for Guidance on stability testing of existing active substances and related finished products" (CPMP/QWP/122/02) ist eine Fortschreibung eines Vorläuferdokuments zu demselben Thema. Die Revision diente der Anpassung an Neuentwicklungen im Rahmen der internationalen Harmonisierung der Zulassungsanforderungen ICH (hier: ICH Q1 F bzw. ICH Q1 A) sowie zur Anpassung an die Struktur der internationalen Zulassungsformulare (Common Technical Document/CTD), die ab Juli 2003 verbindlich anzuwenden sind.

Die Änderungen, die sich hieraus für Stabilitätsprüfungen ergeben, erläuterten die Leiterin der Abteilung Qualität im BfArM Dr. Susanne Keitel, und Klaus Reh, im BfArM zuständig für die Qualität pflanzlicher Arzneimittel.

Langzeittests können nun alternativ bei 25 °C/60% relative Feuchtigkeit (r.F.) oder 30 °C/ 65% r.F. durchgeführt werden. Die "intermediate"-Bedingungen bei 30 °C werden von 60% r.F. auf 65% r.F. umgestellt. Innerhalb einer dreijährigen Übergangsfrist sollen auch gemischte Daten akzeptiert werden.

Eine Klarstellung liefert die Guideline bezüglich der Prüffrequenz unter den Abbau beschleunigenden Bedingungen (accelerated testing). Darüber hinaus wird die Prüfung bei Kühllagerung nun detailliert beschrieben, und es werden Lagerungsbedingungen für wässrige Arzneimittel in semi-permeablen Behältnissen definiert.

Neu sind außerdem die explizite Forderung nach Stress-Tests für Wirkstoffe, ein Konservierungsmittelbelastungstest zumindest an einer Charge am Ende der Laufzeit und die Prüfung auf Photostabilität, die aber streng genommen nur für neue Wirkstoffe gefordert wird. Daten für bekannte Stoffe können nach Einschätzung der Behördenvertreter gegebenenfalls, soweit vorhanden, auch aus der Literatur abgeleitet werden.

Probleme bei Phytopharmaka

Die vorgegebene allgemeine untere Spezifikationsgrenze von 95% wirft besonders bezüglich der Phytopharmaka Probleme auf. Nach der allgemeinen europäischen Leitlinie für pflanzliche Arzneimittel sollen aber bei nicht normierten Phytopharmaka mit entsprechender Begründung auch 90% akzeptabel sein.

Eine zeitliche Extrapolation der Stabilitätsdaten soll bis zur Verdoppelung der Realzeitdaten, jedoch maximal bis zu 36 Monaten zulässig sein.

Neuerdings sollen die Ergebnisse von Stabilitätsuntersuchungen auch statistisch ausgewertet werden, es sei denn, die Daten zeigen eine so geringe Variabilität, dass an der Einhaltung der Laufzeitspezifikation keine Zweifel bestehen. Eine entsprechende ICH-Guideline wurde vom CPMP im Februar 2003 angenommen, allerdings soll diese in Europa, wie Keitel sich ausdrückte, "mit gebremstem Ehrgeiz und Augenmaß" umgesetzt werden. Der wissenschaftliche Leiter der FAH, Sinzig, Priv.-Doz. Dr. Markus Veit, machte anhand von Beispielen deutlich, dass hier offenbar noch ein immenser Diskussionsbedarf besteht.

Für Stabilitätsprüfungen an bekannten pflanzlichen Wirkstoffen und Phytopharmaka wird es voraussichtlich gewisse Erleichterungen geben, und zwar bei den Stress-Tests für Wirkstoffe, beim accelerated testing und bei der Frequenz der Tests, nicht aber bei den Spezifikationsgrenzen und bei der statistischen Auswertung. Hier hatte, wie Dr. Friedrich Lang, Karlsruhe, darlegte, eine Expertengruppe aus der Industrie im Vorfeld besondere Vorschläge gemacht, die jedoch zum Bedauern der Beteiligten nicht berücksichtigt wurden.

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