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Feuilleton
Biologie: Mausefallen für die Wissenschaft
Die Geschichte der Sykora-Lebendfallen geht bis in Sechzigerjahre zurück. Damals forcierte die DDR die Bekämpfung von Kleinsäugern wie Schermaus und Erdmaus, die in der Land- und Forstwirtschaft erhebliche Schäden anrichteten, mithilfe von Gift.
Parallel dazu wurde auf Initiative der Universität Halle ein Arbeitskreis gebildet, der den Bestand der Feldmäuse ermitteln sollte. Es wurden zunächst hölzerne Mausefallen mit Klappbügeln eingesetzt, wie sie in Haushalten verwendet werden. Diese waren aber nicht witterungsbeständig. Überdies wurden beim Zuschnappen des Bügels die Schädel der Tiere zertrümmert.
Der Kleinsäugerforscher Sykora, damals Schlosser im Kraftwerk Regis, heute Kreisnaturschutzbeauftragter im Landkreis Altenburg, verbesserte die handelsüblichen Fallen; er baute Bügelfallen aus thermisch behandeltem PVC und korrosionsfreiem Draht und platzierte den Köder so, dass der Bügel am Hals der Tiere zuschnappte.
Als ein Wissenschaftler Fallen für eine Forschungsreise in den Ural bestellte, ersetzte Sykora das PVC, weil es nicht frostresistent ist, durch verzinktes Eisenblech.
Beispiel: Spitzmäuse
Die Diplombiologin Kathrin Worschech, Altenburg, führte eine Untersuchung zur Verbreitung von Spitzmäusen im Altenburger Land durch; neben der Hausspitzmaus (Crocidura russula) kommen dort auch die Feldspitzmaus (C. leucodon) und – 1990 erstmals nachgewiesen – die Gartenspitzmaus (C. suaveolens) vor. Für den Fang der Tiere, die unter Naturschutz stehen und nach der Dokumentation wieder ausgesetzt wurden, verwendete sie ausschließlich Sykora-Lebendfallen.
Weil Insektenfresser auf Nahrungsmangel und Temperaturverluste wesentlich anfälliger als Nagetiere reagieren, mussten die Fallen mit Heueinlagen gegen Wärmeverluste geschützt und mit Nahrungsvorräten ausgestattet werden. Auf diese Weise konnte sich die Wissenschaftlerin auf Kontrollen jeweils am frühen Morgen und am frühen Abend beschränken.
Die Wühlmaus trickst
Während Fallen auf großen Anbauflächen keine Alternative zur chemischen Schädlingsbekämpfung sind, kann man in Kleingärten und Streuobstwiesen mit Fallen einer übermäßigen Vermehrung von Kleinsäugern vorbeugen. Doch gerade die Wühlmaus, ein Hauptschädling, bereitet Kopfzerbrechen, weil sie die unterschiedlichsten Fallen immer wieder "austrickst".
Übrigens sind nützliche Kleinsäuger weniger durch Fallen und chemische Bekämpfungsmittel in ihrem Bestand gefährdet als durch die Zerstörung ihrer Lebensräume. In den Monokulturen der Agrarwirtschaft, zum Teil auch der Forstwirtschaft, können sich viele Arten kaum noch ausreichend ernähren und vermehren.
Reinhard Wylegalla
Nach einer Veranstaltung im Naturkundemuseum Mauritianum, Altenburg.
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