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Botanischer Garten Bonn: Die Titanenwurz blüht
Ein riesiger Aronstab
Die Titanenwurz zählt zur Familie der Aronstabgewächse (Araceae), zu der auch die beliebten Zimmerpflanzen Anthurie, Dieffenbachie und Philodendron sowie die Teichpflanze Calla gehören. Sie ist in den Bergwäldern von Sumatra heimisch und wurde 1878 während einer Expedition von dem Botaniker Odoardo Beccari (1843 – 1920) entdeckt.
Nach der Form des Blütenstands nannte er sie Conophallus titanum, was "kegelförmiger Phallus der Titanen" bedeutet. Sein Kollege Giovanni Arcangeli (1840 bis 1921) änderte den Gattungsnamen in Amorphophallus, das heißt "unförmiger Phallus".
Die Titanenwurz ist eine Staude, die sich überwiegend vegetativ vermehrt. Sie besitzt eine unterirdische, bis 75 Kilogramm schwere Knolle und treibt jeweils nur ein einzelnes, bis sechs Meter hohes und beinahe ebenso breites, mehrfach gefiedertes Blatt aus. Das Blatt hat eine Lebensdauer von 9 bis 24 Monaten, und in diesem Zeitraum bildet sich eine neue Knolle. Nach einer Ruhephase von zwei bis vier Monaten treibt die Knolle erneut aus.
In unregelmäßigen Abständen von mehreren Jahren bringt die Knolle anstelle eines Laubblattes einen bis über drei Meter hohen Blütenstand hervor. Dieser ähnelt dem blühenden Aronstab, nur die Ausmaße sind viel gewaltiger. Es zeigt sich zunächst eine spitzkegelige Knospe, die täglich fünf bis 20 Zentimeter emporwächst und einen Durchmesser von etwa 30 Zentimeter erreicht.
Wenn sie ausgewachsen ist, öffnet sich das riesige Hochblatt (Spatha), das die Knospe umhüllt, innerhalb von wenigen Stunden wie ein Trichter, aus dem die lange Blütenstandsachse (Spadix) hervorragt; direkt am Spadix sitzt eine Unzahl von winzigen männlichen und weiblichen Blüten.
Die Titanenwurz ist eine Aasblume: Durch seinen Aasgeruch imitiert ihr Blütenstand einen verwesenden Tierkadaver (Geruchsmimikry) und lockt kleine nachtaktive Käfer (Aaskäfer Diamesus sp. und Kurzflügler Creophilus sp.) sowie Bienen an, die in dem vermeintlichen Aas ihre Eier ablegen und nebenher die Bestäubung der Blüten vornehmen. Nach der Befruchtung bilden sich im Laufe eines guten halben Jahres zweisamige, vier bis sechs Zentimeter lange leuchtend orangerote Beerenfrüchte, ähnlich wie beim Aronstab.
Die Titanenwurz in Kultur
Exemplare der Titanenwurz sind in botanischen Gärten selten zu finden. Weltweit haben dort nur etwa 70 Pflanzen geblüht, und seit dem Zweiten Weltkrieg sind Blühereignisse in Deutschland nur aus Bonn, Hamburg, Leipzig, Mainz, München und dem Frankfurter Palmengarten (hier seit 1992 ca. 20-mal) bekannt geworden.
Die dauerhafte Kultur ist sehr schwierig, da die riesige Knolle ausgesprochen empfindlich ist und leicht von Nematoden befallen wird.
Professor H. W. Kohlenbach in Frankfurt ist es gelungen, die Pflanze aus einzelnen Zellen unter sterilen Bedingungen im Labor zu züchten. Er gab einige Jungpflanzen an verschiedene botanische Gärten, wo sie teilweise zur Blüte kamen, so 1996 und 2000 in Bonn. Der dortige Botanische Garten hat inzwischen eine stilisierte Titanenwurz als Emblem erwählt.
Der Tag der Blüte der Bonner Titanenwurz steht zwar noch nicht fest, doch informiert die Website des Botanischen Gartens über den aktuellen Stand. Mit Sicherheit beginnt die Blüte sich an einem Nachmittag zu öffnen. An diesem Tag wird der Botanische Garten bis 23.00 Uhr geöffnet sein, an den folgenden Tagen von 7.00 bis 20.00 Uhr.
W. Caesar
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