Arzneimittel und Therapie

Schutzimpfungen: Verbesserungen bei den Standardimpfungen

In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Möglichkeiten zur Grundimmunisierung stets verbessert. Ein wichtiger Schritt war die Entwicklung von Mehrfachimpfstoffen und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Nutzen einer Impfung. Weitere Verbesserungen zielen auf erhöhte Immunantworten, Kombinierbarkeit mit weiteren Impfstoffen und optimale Verträglichkeit.

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut in Berlin (STIKO) empfiehlt zurzeit eine Grundimmunisierung im Kindesalter gegen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Hämophilus influenzae Typ b, Hepatitis B und Poliomyelitis sowie gegen Mumps, Masern und Röteln.

Die Impfungen gegen die ersten sechs Erkrankungen beginnen im dritten Lebensmonat, also im Alter von acht Wochen und werden drei Mal (z. B. nach dem 2-, 3-, 4-, nach dem 3-, 4-, 5 oder nach dem 2-, 4-, 6-Monatsschema) durchgeführt. Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln erfolgt zweimal im Alter zwischen 12 und 24 Monaten. Da Mehrfach-Impfstoffe zur Verfügung stehen, kann die Anzahl der Arztbesuche und der damit verbundenen Injektionen reduziert werden, was wiederum die Compliance und somit die Durchimpfungsrate erhöht.

Mehrfachimpfstoffe

In Europa sind zwei Sechsfach-Impfstoffe gegen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Hämophilus influenzae Typ b, Hepatitis B und Poliomyelitis im Handel: Infanrix hexa® (GlaxoSmithKline) und Hexavac® (Aventis Pasteur MSD). Infanrix hexa® ist ein Zwei-Komponenten-System und besteht aus einer Suspension und einem Lyophilisat, welches die Hib-Antigene enthält. Vor der Injektion der Vakzine wird die Trockensubstanz in der Suspension gelöst. Bei Hexavac® liegen die sechs verschiedenen Komponenten als fertig gemischte Lösung vor.

In einer multizentrischen Studie wurden diese beiden Impfstoffe im Hinblick auf die Immunantwort und die Verträglichkeit verglichen. Dazu wurden 235 Säuglinge im Alter von 2, 4 und 6 Monaten mit Infanrix hexa® und 224 Säuglinge mit Hexavac® geimpft. Die Antikörpertiter wurden vor und einen Monat nach der dritten Impfdosis bestimmt. Ferner wurden klinisch relevante Symptome (Schmerzen, Rötung, Schwellung, Reizbarkeit, Müdigkeit, Fieber, Inappetenz) am Impftag und an den folgenden drei Tagen nach der Impfung beurteilt.

Unterschiede in der Immunantwort

Einen Monat nach Abschluss der aus drei Impfdosen bestehenden Grundimmunisierung erreichten 98,6% der mit Infanrix hexa® geimpften Säuglinge und 94,7% der mit Hexavac® geimpften Kinder einen ausreichenden serologischen Schutz gegen Hepatitis B (HBV). Dieser Unterschied ist statistisch signifikant.

Auch die Antikörper-Konzentration und Seroprotektion der Diphtherie- sowie die Antikörper-Konzentration der Poliomyelitis-Komponenten waren bei den mit Infanrix hexa® geimpften Kindern signifikant höher. Bei den anderen Komponenten wurde durch Infanrix hexa® eine zumindest gleichwertige Immunantwort erzeugt.

Diese Unterschiede in der Immunantwort sind möglicherweise klinisch relevant, da die Höhe der durch die Impfung erzeugten Antikörper-Konzentration wahrscheinlich mit der Qualität des immunologischen Gedächtnisses korreliert. Beide Impfstoffe wurden gleich gut vertragen, und die Rate der klinisch relevanten Symptome innerhalb von drei Tagen nach der Impfung war in beiden Gruppe niedrig.

Kombinierbarkeit mit anderen Vakzinen

In einer randomisierten und multizentrischen Studie wurde untersucht, ob Infanrix hexa® mit einem Menigokokken-Impfstoff kombiniert werden kann. An der spanischen Studie nahmen 452 Kinder teil; die eine Hälfte der Probanden erhielt gleichzeitig mit der Sechsfach-Impfung eine Menigokokken-Vakzine (Meningitec®), die andere Hälfte mit einem Monat Abstand.

Beide Vorgehensweisen führten zu dem selben Antikörpertiter und zu identischen Seroprotektionsraten. Bei der Notwendigkeit einer Meningokokken-Impfung kann diese also gleichzeitig mit der Sechsfach-Impfung verabreicht werden, was zu einer besseren Compliance und einer verringerten Zahl an Arztbesuchen führt.

MMR: zwei Impfungen erforderlich

Die Akzeptanz für eine Impfung gegen Masern (kombiniert mit der Mumps- und Rötelnimpfung) ist in Deutschland nicht optimal, da noch immer zu viele Eltern und Erzieher Masern für ungefährlich erachten. Diese Annahme ist falsch, da Masern zu einer Enzephalitis mit neurologischen Dauerschäden oder letalem Ausgang führen können. Ein Ziel der WHO ist daher, Masern innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zu eliminieren.

Hierzu ist eine zweimalige Impfung erforderlich, da 1% bis 3% der Impflinge auf die erste Impfung nicht ansprechen und zudem durch eine wiederholte Impfung eine verbesserte Immunantwort erzielt wird. Die erste Dosis sollte am Ende des ersten Lebensjahres, die zweite vier Monate später geimpft werden. Die durch die Impfung hervorgerufenen Schmerzen scheinen unter anderem auch von dem verwendeten Impfstoff abzuhängen.

In zwei Untersuchungen wurden die MMR-Impfstoffe Priorix® (GlaxoSmithKline) und MMRII® (Merck) im Hinblick auf ihre schmerzerzeugende Wirkung miteinander verglichen. In der einen Studie wurde die Schmerzäußerung von Säuglingen bei der ersten Impfung, in der zweiten Studie bei vier- bis sechsjährigen Kindern beurteilt.

Beides Mal verursachte die Impfung mit Priorix® weniger Schmerzen als mit MMRII®. Dies ist möglicherweise auf die unterschiedlichen pH-Werte der beiden Vakzine zurückzuführen.

Pertussis: keine lebenslange Immunität

Die Immunität gegenüber Pertussis hält weder nach einer Impfung noch nach einer natürlichen Infektion lebenslang an. Es gibt Schätzungen, dass der Impfschutz nach 15 bis 20 Jahren nicht mehr vorhanden ist, weshalb eine Auffrischimpfung zwischen dem 11. und 18. Lebensjahr empfohlen wird.

Eine Keuchhustenerkrankung im Erwachsenenalter verläuft in der Regel untypisch und wird häufig nicht erkannt. Man schätzt, dass rund ein Viertel aller Erwachsenen, deren Husten länger als eine Woche besteht, an einer Pertussisinfektion leidet.

Der Keuchhusten ist für Erwachsene keine bedrohliche Krankheit, aber infizierte Erwachsene stellen eine Infektionsquelle für noch nicht geimpfte Säuglinge dar. Diese sind besonders gefährdet, da es nur einen kurzfristigen "Nestschutz" gegenüber Pertussis gibt und Keuchhusten im Säuglingsalter einen gefährlichen Verlauf nehmen kann.

Aus diesem Grund werden mehrere Strategien entwickelt, um nicht mehr immunkompetenten Erwachsene (Eltern, Geschwister, Betreuer, Krankenschwestern, Kindergartenpersonal etc.) eine Auffrischimpfung zukommen zu lassen.

Quelle

Franćois Meurice, Belgien; Fernando Moraga, Spanien; Ulrich Heininger, Deutschland; Moshe Ipp, Kanada; Chantal Wood, Frankreich; Nicole Guiso, Frankreich: Satellitensymposium "Vaccination in Progress" im Rahmen des 21. ESPID-Meeting (ESPID = European Society for Paediatric Infectious Diseases), Taormina, 9. April 2003, veranstaltet von GlaxoSmithKline GmbH, München.

Meningokokken-Erkrankungen Meningokokken-Erkrankungen werden durch Neisseria meningitidis (Meningokokken) verursacht und treten weltweit auf. Eine Erkrankung kann in jedem Lebensalter vorkommen. Die größte Inzidenz besteht mit etwa 15 Erkrankungen pro 100 000 Einwohner im ersten Lebensjahr. Etwa die Hälfte der Erkrankungen tritt im Alter bis zu fünf Jahren auf. Die Inzidenz im Jugendalter liegt noch um das Zwei- bis Dreifache über der Gesamtinzidenz.

Aufgrund der Zusammensetzung der Kapselpolysaccharide werden 12 Serogruppen unterschieden (A, B, C, X, Y, Z, 29E, W135, H, I, K, L). Impfungen sind gegen Erreger der Serogruppen A, C, W135 und Y möglich. Sie werden von der STIKO für folgende Gruppen gefährdeter Personen empfohlen:

  • Gesundheitlich gefährdete Personen mit Immundefekt;
  • Reisende in epidemische/ hyperendemische Länder, besonders bei engem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung;
  • Entwicklungshelfer (WHO-Hinweise beachten);
  • Pilgerreisende nach Mekka;
  • Schüler/Studenten vor längeren Aufenthalten in Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung für Jugendliche oder selektiver Impfung für Schüler/Studenten;
  • gefährdetes Laborpersonal;
  • in Deutschland auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden.

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